Schliessen
von Göler (Hrsg.) / Hans-Jürgen Ruhl / § 12

§ 12 Namensrecht

Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

a) § 12 BGB regelt die Rechte, insbesondere den Beseitigungsanspruch und den Unterlassungsanspruch, eines Namensträgers in den Fällen der Namensleugnung und der Namensanmaßung durch Dritte.

b) Anwendungsfälle

(1) Häufige Anwendungsfälle des § 12 BGB sind Konflikte um Namen, Adelsprädikate, Berufs- und Künstlernamen (Pseudonyme), geschäftliche Bezeichnungen, insbesondere Unternehmenskennzeichen, sowie – gerade in letzter Zeit – Domainnamen im Internet.

(2) Voraussetzung für den Schutz des Namensträgers vor dem unbefugten Gebrauch seines Namens ist eine Verletzung eines schutzwürdigen Interesses. Eine solche Interessenverletzung kann bei einer Verwechslungsgefahr oder einer Verwässerungsgefahr vorliegen. Das schutzwürdige Interesse ist bei der Namensführung außerhalb des Geschäftsverkehrs weit auszulegen. Bei Namen, die im Geschäftsverkehr geführt werden, ist grundsätzlich nur ein Interesse schutzwürdig, das geschäftlich ist. Hierzu gehören etwa das Interesse eines Unternehmens mit einem anderen Unternehmen nicht verwechselt zu werden sowie das Interesse eines Unternehmens an der Aufrechterhaltung seines guten Rufs. Ein in diesem Zusammenhang heute immer noch sehr bedeutendes Urteil des Bundesgerichtshofes ist die Entscheidung „shell.de“ aus dem Jahr 2001.BGH, Urteil vom 22. November 2001 - I ZR 138/99, BGHZ 149, 191, 198 - shell.de, http://openjur.de/u/64890.htmlhttp://lexetius.com/2001,2886  In dem dort entschiedenen Fall hatte eine Privatperson, die den Namen „Andreas Shell“ trug, die Internet-Domain „shell.de“ erworben, weshalb sie sich Ansprüchen des Wirtschaftsunternehmens „Deutsche Shell GmbH“, eines Tochterunternehmens des weltweit bekannten Mineralölunternehmens Shell, ausgesetzt sah. Der BGH, a.a.O., entschied, dass dem genannten Wirtschaftsunternehmen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegen die Privatperson zustünden, da dessen Interessen an der Domain „shell.de“ trotz der (teilweisen) Gleichnamigkeit der Prozessparteien und trotz der Priorität des Erwerbs der Domain „shell.de“ durch die Privatperson um ein Vielfaches höher zu gewichten seien.

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Allgemeines

a)

1Der Name i. S. von § 12 BGB dient der Identifikation einer Person (Namensträger) und ihrer Unterscheidung von anderen Personen. Namensträger, deren Rechte von § 12 BGB geschützt werden, sind natürliche Personen und – in analoger Anwendung von § 12 BGB – auch juristische Personen und nicht rechtsfähige Personenvereinigungen.Vgl. I. Saenger, in: Erman (Hrsg.), BGB, Bd. 1, 14. Auflage 2014, § 12 Rn. 10 ff.

2) Definitionen

a)

11Ein Name ist eine aus Buchstaben bestehende, sprachliche Kennzeichnung einer Person zur Unterscheidung von anderen.Ellenberger, (Fn. 5), § 12 Rn. 1 u.a. mit Hinweis auf BGH Urteil vom 05.12.1958, NJW 1959, 525

b)

12Eine Namensleugnung, d.h. das Bestreiten des Rechts des Berechtigten zum Gebrauch eines Namens durch einen Dritten (vgl. § 12 Satz 1 BGB), liegt dann vor, wenn der Name eines Berechtigten nicht anerkannt wird, mithin der Name des Berechtigten ausdrücklich bestritten wird oder der Berechtigte dauerhaft falsch benannt bzw. der Name des Berechtigten ebenso dauerhaft falsch geschrieben wird.Ellenberger, (Fn. 5), § 12 Rn. 21

c)

13Eine Namensanmaßung, d.h. der unbefugte Gebrauch des gleichen Namens durch einen Dritten,Vgl. § 12 Satz 1 BGB ist dann gegeben, wenn ein Dritter unbefugt den Namen bzw. eine als Name geschützte Bezeichnung gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung auslöst und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt.BGH, Urteil vom 02. Dezember 2004 - I ZR 92/02 - Pro Fide Catholicahttp://lexetius.com/2004,3477, mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 - I ZR 296/00, BGHZ 155, 273, 276 - maxem.de, http://lexetius.com/2003,1934; vgl. hierzu auch: Ellenberger, (Fn. 5), § 12 Rn. 22 ff. Dies hat, so der BGH, a.a.O., seinen Grund darin, dass die Vorschrift in § 12 BGB ausschließlich den Schutz des Namens in seiner Funktion als Identitätsbezeichnung der Person seines Trägers zum Ziel hat.BGH, (Fn. 16), u.a. mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 23. September 1992 - I ZR 251/90, BGHZ 119, 237 - Universitätsemblem, https://www.jurion.de/Urteile/BGH/1992-09-23/I-ZR-251_90BGH, Urteil vom 28. März 2002 - I ZR 235/99, NJW-RR 2002, 1401 - Düsseldorfer Stadtwappen, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=21819&pos=0&anz=1

aa)

14Die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung, so der BGH, a.a.O.,http://lexetius.com/2004,3477 wird allerdings nicht nur bei einem namens- oder kennzeichenmäßigen Gebrauch des Namens durch einen Dritten, sondern auch bei einem Namensgebrauch angenommen, durch den der Namensträger zu bestimmten Einrichtungen, Gütern oder Erzeugnissen in Beziehung gesetzt wird, mit denen er nichts zu tun hat. Hierfür genügt es auch, dass im Verkehr der falsche Eindruck entsteht, der Namensträger habe dem Benutzer ein Recht zu einer solchen Verwendung des Namens erteilt.BGH, (Fn. 16), http://lexetius.com/2004,3477

bb)
(1)

15U.a. ist die unberechtigte Registrierung und Nutzung eines Namens als Domain als eine Namensanmaßung (und nicht als eine Namensleugnung) anzusehen.BGH, Urteil vom 22. November 2001 - I ZR 138/99, BGHZ 149, 191, 198 - shell.de, http://lexetius.com/2001,2886BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 - I ZR 296/00, BGHZ 155, 273, 276 - maxem.de, http://lexetius.com/2003,1934

(2)

16Eine solche Namensanmaßung ist aber auch hier an die oben bereits genannten weiteren Voraussetzungen (Zuordnungsverwirrung, Verletzung schutzwürdiger Interessen des Namensträgers) gebunden.OLG Köln, Urteil vom 20. Januar 2006, AZ. 6 U 146/05, http://openjur.de/u/112384.html Hierzu hat das OLG Köln, a.a.O., wie folgt ausgeführt:

Sie (Anmerkung des Verfassers: die Namensanmaßung) liegt nur vor, wenn ein Dritter unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung auslöst und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt.BGH GRUR 2002, 622, 624 - shell.de; BGH GRUR 2003, 897, 898 - maxem.de Diese Voraussetzungen sind im Allgemeinen gegeben, wenn ein fremder Name als Internet-Adresse benutzt wird. Anders ist es aber dann, wenn der Benutzer der Internet-Adresse selbst Namensträger ist. In diesem Fall kann der Gebrauch dieses Namens grundsätzlich nicht als unbefugt angesehen werden. Es kommt dann auch nicht darauf an, wer das relativ stärkere Namensrecht hat. Kommen mehrere Personen als berechtigte Namensträger für einen Domain-Namen in Betracht, gilt für sie hinsichtlich der Registrierung ihres Namens als Internet-Adresse vielmehr grundsätzlich das Gerechtigkeitsprinzip der Priorität der Registrierung.BGH GRUR 2002, 622, 624 f. - shell.de; BGH GRUR 2002, 706, 709 - vossius.de Nur ausnahmsweise, wenn die Interessen der Parteien von erheblich unterschiedlichem Gewicht sind, kann die zwischen Gleichnamigen geschuldete Rücksichtnahme eine andere Beurteilung gebieten.BGH GRUR 2002, 622, 625 - shell.de Gleiches gilt für die Registrierung der Domain als erster Schritt im Zuge einer für sich genommen rechtlich unbedenklichen Aufnahme einer entsprechenden Benutzung als Unternehmenskennzeichen.BGH GRUR 2005, 430, 431 - mho.de

3) Abgrenzungen, Kasuistik

a)

17Der Namensschutz gemäß § 12 BGB ist von dem Kennzeichenschutz durch andere Gesetze, insbesondere von dem kennzeichenrechtlichen Schutz gemäß dem Markengesetz und von dem Schutz der Firma gemäß dem Handelsgesetzbuch, abzugrenzen.

aa)

18Das Markengesetz regelt den Schutz für Marken, geschäftliche Bezeichnungen (Unternehmenskennzeichen und Werktitel) und geographische Herkunftsangaben.

4) Zusammenfassung der Rechtsprechung

Nachfolgend werden in zeitlicher Reihenfolge instanzgerichtliche, obergerichtliche und höchstrichterliche Entscheidungen zum Namensrecht ggf. unter Wiedergabe wichtiger Leit- oder Orientierungssätze zitiert und teilweise kurz erläutert:

 a)

24Landgericht Berlin, Urteil vom 27.02.2017 – 3 O 19/15:http://www.aufrecht.de/urteile/internetrecht/lg-berlin-urt-v-27022017-az-3-o-1915.html 

5) Literaturstimmen

49Heine, in: Münchener Kommentar, a.a.O., § 12 Rn. 248, vertritt entgegen der oben wiedergegebenen BGH-Rechtsprechung die Auffassung, dass für eine Anwendung von § 12 BGB zusätzlich auch dann Raum bestehen sollte, wenn ein Anspruch aus § 15 MarkenG grundsätzlich gegeben ist, der Domain-Inhaber die Domain also im geschäftlichen Verkehr verwendet und auch eine Verwechslungsgefahr gemäß § 15 Abs. 2 MarkenG besteht. Heine, a.a.O., begründet seine Auffassung damit, dass das Markenrecht – im Unterschied zu § 12 BGB – regelmäßig keinen Anspruch auf Löschung einer Domainregistrierung vermittele, sondern lediglich einen Anspruch auf Unterlassung der konkreten Verwendung der Domain für bestimmte, eine Verwechslungsgefahr begründende Inhalte. Insoweit bestehe eine Schutzlücke, die durch die Anwendung von § 12 BGB zu schließen sei.

Dieser Forderung von Heine, a.a.O., hat der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 09. November 2011 – I ZR 150/09 – GRUR 2012, 304 – Basler Haar-Kosmetik, http://lexetius.com/2011,6904, https://www.jurion.de/Urteile/BGH/2011-11-09/I-ZR-150_09, nur ansatzweise entsprochen. Insoweit hat der BGH, a.a.O., festgestellt, dass der Namensschutz aus § 12 BGB neben dem Kennzeichenschutz aus §§ 5, 15 MarkenG anwendbar bleibt, wenn mit der Löschung des Domainnamens eine Rechtsfolge begehrt wird, die aus kennzeichenrechtlichen Vorschriften deswegen nicht hergeleitet werden kann, weil das Halten des Domainnamens im konkreten Fall für sich gesehen die Voraussetzungen einer Verletzung der Marke oder des Unternehmenskennzeichens des Klägers nicht erfüllt.

6) Häufige Paragraphenketten

  • § 12 BGB, § 1004 BGB
  • § 12 BGB, §§ 5, 15 MarkenG
  • § 12 BGB, §§ 5, 15 MarkenG, §§ 280 Abs. 2, 286 BGB
  • § 12 BGB, § 15 Abs. 5 MarkenG, §§ 677, 683 Satz 1, 670 BGB
  • § 12 BGB, §§ 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG
  • § 12 BGB, § 4 Nr. 10 UWG
  • § 12 BGB, § 3 UWG; § 2 Abs. 2 PartGG, § 24 Abs. 2 HGB
  • § 12 BGB, § 45m Abs. 1 Satz 1 TKG
  • § 12 BGB, § 4 Abs. 1 und 2 PartGG
  • § 12 BGB, §§ 812 Abs. 1 Satz 2 Fall 2, 823 Abs. 1 BGB

7) Prozessuales

a)

25Für Klagen aus dem Namensrecht i. S. von § 12 BGB sind die ordentlichen Gerichte zuständig.

b)

26Die richtige Klageart für sämtliche Ansprüche aus dem Namensrecht i. S. von § 12 BGB ist die Leistungsklage, die der Feststellungsklage vorgeht.

c)

27Die Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung gemäß § 12 BGB stehen dem Verletzten zu.


Fußnoten