Schliessen
von Göler (Hrsg.) / Gerd Uecker / § 1408

§ 1408 Ehevertrag, Vertragsfreiheit

(1) Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag (Ehevertrag) regeln, insbesondere auch nach der Eingehung der Ehe den Güterstand aufheben oder ändern.

(2) Schließen die Ehegatten in einem Ehevertrag Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich, so sind insoweit die §§ 6 und 8 des Versorgungsausgleichsgesetzes anzuwenden.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

1Eheverträge können vor und während der Ehe geschlossen werden. Eheverträge liegen auch dann vor, wenn der Abschluss der Vereinbarung im Rahmen eines Ehescheidungsverfahrens erfolgt, um die Folgen der Ehescheidung zu regeln. § 1408 BGB erfasst zunächst einmal lediglich Vereinbarungen über den sogenannten Güterstand. Liegt kein Ehevertrag vor, so gilt der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Statt dieses Güterstandes kann der Güterstand der Gütertrennung (§ 1414 BGB), der Güterstand der Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB) oder der Wahlgüterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1519 BGB) vereinbart werden. Durch den Ehevertrag kann außerdem der gesetzliche Güterstand modifiziert werden, indem beispielsweise bestimmte Gegenstände von vornherein vom Zugewinn ausgeschlossen werden.

Über den Wortlaut des § 1408 I BGB hinaus werden üblicherweise in Eheverträgen auch Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich (Rentenausgleich) oder den Unterhalt getroffen.

Die Bedeutung für den Rechtsverkehr ist erheblich. Eheverträge werden üblicherweise dann abgeschlossen, wenn auf Seiten eines Ehegatten bereits bei Eheschließung ein beträchtliches Vermögen vorhanden ist oder aufgrund künftiger Erbschaften oder Schenkungen zu erwarten ist. Eheverträge sind auch dann üblich, wenn zum Schutz eigener Unternehmen oder Unternehmensbestandteile Ausgleichsansprüche aus dem Güterrecht beschränkt werden sollen.

2Von großer Bedeutung sind Eheverträge auch dann, wenn es zur Trennung und Ehescheidung kommt. Mit diesen Eheverträgen, auch Scheidungsfolgenvereinbarungen genannt, werden die rechtlichen Folgen der Trennung und Scheidung vertraglich bestimmt.

Auch aus steuerlichen Gründen ist der Abschluss von Eheverträgen von nicht unerheblicher Bedeutung. Häufig werden zur Vermeidung von Schenkungs- und Erbschaftsteuern während der Ehezeit Vereinbarungen über einen durchzuführenden Zugewinnausgleich abgeschlossen.

Eheverträge sind nicht uneingeschränkt zulässig. Die Familiengerichte sind dazu berechtigt, im Rahmen einer sogenannten Inhaltskontrolle zu überprüfen, ob der Vertrag wirksam oder sittenwidrig und damit nichtig ist. Sie haben außerdem zu überprüfen, ob bei einem wirksamen Vertrag die vereinbarten Rechtsfolgen wegen veränderter Verhältnisse anzupassen und abzuändern sind. Vor allen Dingen vertragliche Veränderungen des Versorgungsausgleiches und des Unterhaltes sind dann besonders kritisch zu überprüfen, wenn sie ganz offensichtlich einseitig sind.

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Allgemeines

3Der Wortlaut des § 1408 BGB erfasst zunächst nur Eheverträge, in denen güterrechtliche Verhältnisse geregelt werden oder eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich vorliegt (§§ 6 bis 8 des Versorgungsausgleichsgesetzes (VersAusglG). Üblicherweise werden bei Eheverträgen zusätzlich auch Vereinbarungen über den Unterhalt getroffen. § 1408 BGB stellt die Vertragsfreiheit in den Vordergrund. Den Ehegatten bleibt es unbenommen, ihre vertraglichen Verhältnisse durch Ehevertrag zu regeln. Auch der Bundesgerichtshof geht von der grundsätzlichen Vertragsfreiheit der Ehegatten aus.BGH Beschluss vom 29.01.2014, Az. XII ZB 303/13 = FamRZ 2014, 629 sowie BGH FamRZ 2004, 601, 604 ff.  Nur dann, wenn die vertragliche Regelung in den sogenannten Kernbereich des Scheidungsfolgenrechtes eingreift, evident einseitig ist und zu einer unzumutbaren Lastenverteilung des benachteiligten Ehegatten führt, kann dies die Unwirksamkeit des Vertrages zur Folge haben.BGH Beschluss vom 29.01.2014, Az. XII ZB 303/13  Soweit eine ehevertragliche Vereinbarung nicht sittenwidrig ist, kann sie dennoch im Rahmen der Ausübungskontrolle angepasst werden, wenn die Berufung auf die Rechtsfolgen des Vertrages gegen Treu und Glauben verstößt.BGH FamRZ 2004, 601, 606. 

2) Definitionen

a) Ehevertrag

4Ein Ehevertrag stellt eine Vereinbarung zwischen zwei Ehegatten oder künftigen Ehegatten dar, mit denen die gesetzlichen Folgen der Eheschließung in bestimmten Bereichen, insbesondere im Güterrecht, im Unterhalt und im Versorgungsausgleich aufgehoben oder geändert werden.

b) Güterrecht

5Unter der Bezeichnung Güterrecht werden die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten untereinander bestimmt.

3) Literaturstimmen

  • Palandt, BGB-Kommentar, 73. Auflage 2014
  • Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I § 1297 – 1588, BGB, 6. Auflage 2013
  • Weinreich/Klein, Fachanwaltskommentar Familienrecht, 5. Auflage 2013
  • Bredthauer Praxishandbuch Familienrecht Teil T
  • Wendl/Dose „Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis“, 8. Auflage § 6
  • Bergschneider „Richterliche Inhaltskontrolle von Eheverträgen und Scheidungsvereinbarungen“

4) Prozessuales

14Die Darlegungs- und Beweislast für die Unwirksamkeit eines Ehevertrages trägt derjenige, der sich darauf beruft. Gleiches gilt auch für die Anwendung der Grundsätze über die Ausübungskontrolle. Soweit es um die Wirksamkeit des Ehevertrages geht, kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Eheschließung an. Bei der Ausübungskontrolle ist maßgeblich, ob sich in der Zeit von Eheschließung bis zur Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingestellt hat, die zur Anpassung des Vertrages nötigen.


Fußnoten