Schliessen
von Göler (Hrsg.) / Vera Knatz / § 1585a

§ 1585a Sicherheitsleistung

(1) Der Verpflichtete hat auf Verlangen Sicherheit zu leisten. Die Verpflichtung, Sicherheit zu leisten, entfällt, wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass die Unterhaltsleistung gefährdet ist oder wenn der Verpflichtete durch die Sicherheitsleistung unbillig belastet würde. Der Betrag, für den Sicherheit zu leisten ist, soll den einfachen Jahresbetrag der Unterhaltsrente nicht übersteigen, sofern nicht nach den besonderen Umständen des Falles eine höhere Sicherheitsleistung angemessen erscheint.

(2) Die Art der Sicherheitsleistung bestimmt sich nach den Umständen; die Beschränkung des § 232 gilt nicht.

 

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

Der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte kann nach dieser Vorschrift ohne weitere Begründung eine Sicherheitsleistung für den ihm geschuldeten Ehegattenunterhalt von dem Unterhaltspflichtigen verlangen. Die Höhe dieser Sicherheitsleistung ist in der Regel begrenzt auf den Jahresbetrag des geschuldeten Unterhalts. Der Unterhaltsanspruch selbst muss nicht tituliert sein. Es muss also kein gerichtlicher Beschluss vorliegen, es muss auch kein Vergleich vor Gericht geschlossen oder eine Unterhaltsverpflichtung bei einem Notar protokolliert worden sein.

Der Anspruch geht aber nur auf eine Sicherheitsleistung, und nicht auf eine Erfüllung des laufend geschuldeten Unterhalts. Die Erfüllung des laufend geschuldeten Unterhalts kann nur durch eine Pfändung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen oder durch eine Vollstrekcung in das Vermögen des Schuldners erfolgen.

Der Unterhaltsschuldner kann dieser Forderung durch den Nachweis entgegentreten, dass er den geschuldeten Unterhalt fortlaufend in voller Höhe und pünktlich gezahlt hat. Er kann auch eine Unbilligkeit vortragen, wenn die Sicherheitsleistung ihn z.B. in seiner beruflichen und wirtschaftlichen Existenz gefährden würde.

Die praktische Bedeutung dieser Vorschrift ist daher gering, da bei unpünktlicher oder unvollständiger Unterhaltszahlung das Interesse des Unterhaltsgläubigers in der Regel auf eine Erfüllung und nicht auf eine Sicherung geht.

Auch ist davon auszugehen, dass bei unpünktlicher bzw. unvollständiger Unterhaltszahlung oftmals auf Seiten des Unterhaltspflichtigen kein ausreichendes Einkommen oder Vermögen mehr vorhanden ist, aus dem eine Sicherheitsleistung erbracht werden kann.

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Allgemeines

1Da der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte auf die regelmäßige und vollständige Zahlung des ihm zustehenden Unterhaltsanspruches angewiesen ist, um seine laufenden Lebenshaltungskosten finanzieren zu können, ist diesem Unterhaltsanspruch ein Sicherungsbedürfnis immanent. Dieses Sicherungsbedürfnis wurde von dem Gesetzgeber so stark gewertet, dass dem Unterhaltsberechtigten durch den materiellrechtlichen Anspruch des § 1585a BGB ein besonderer Schutz vor der Zahlungsunwilligkeit und der planmäßigen Vereitelung seines Unterhaltsanspruches gegeben wurde. Aufgrund des nach § 1585a BGB gegebenen Anspruchs auf Sicherheitsleistung muss der Unterhaltsberechtigte nicht erst abwarten, ob der Unterhaltspflichtige seinen Unterhaltsverpflichtungen nachkommt, sondern er kann jederzeit eine Sicherheitsleistung verlangen.

Die praktische Bedeutung dieser Vorschrift ist aber gering, da bei unpünktlicher bzw. unvollständiger Unterhaltszahlung oftmals auf Seiten des Unterhaltspflichtigen kein ausreichendes Einkommen oder Vermögen vorhanden ist, aus dem eine Sicherheitsleistung erbracht werden kann. Zudem liegt das Interesse des Unterhaltsberechtigten vorrangig in dem Erhalt des laufenden Unterhalts, welchen er bei Vorliegen eines vollstreckbaren Unterhaltstitels nur durch die Vollstreckung erreichen kann, nicht aber nach § 1585a BGB, da diese Vorschrift nur das Recht auf eine Sicherheitsleistung gibt.

Die Vorschrift ist auch nur anwendbar auf den nachehelichen Unterhalt. Eine entsprechende Anwendung ist weder für den Trennungsunterhalt aus § 1361 BGB möglich,OLG Düsseldorf vom 08.08.1980 - 3 WF 179/80 -, FamRZ 1980, 1116 noch für den Verwandtenunterhalt nach den §§ 1601 ff. BGB.OLG Düsseldorf vom 26.09.1980 - 6 UF 51/80 -, FamRZ 1981, 67

2) Definitionen

Regelungsinhalt

a) Anspruchsvoraussetzungen

2Der Berechtigte kann ohne weitere Begründung verlangen, dass der Verpflichtete eine Sicherleistung erbringt. Voraussetzung für dieses Verlangen ist allein ein Unterhaltsanspruch. Der Unterhaltsanspruch muss weder durch eine gerichtliche Entscheidung, einen Prozessvergleich oder in einer notariellen Urkunde tituliert sein.

Der Anspruch darf auch nur auf Sicherung, nicht auf Erfüllung des Unterhaltsanspruches gerichtet sein.

b) Abwehrmöglichkeiten des Unterhaltspflichtigen  

3Der Unterhaltspflichtige kann sich gegen diesen Anspruch wehren, indem er nachweist, dass kein Grund zu den Annahme besteht, dass die geschuldeten Unterhaltszahlungen gefährdet seien. Dieser Nachweis wird erbracht, wenn die Unterhaltszahlungen nachweislich laufend und pünktlich geleistet wurden,OLG Hamm vom 27.07.2010 – 5 UF 6/10 -, FamRZ 2011, 569 wenn der Unterhaltspflichtige eine gesicherte Arbeitsstelle hat, wenn er über ein sicheres Einkommen oder wenn über einen Vermögensstamm verfügt, aus dem der laufend geschuldete Unterhalt gezahlt werden kann.

Wenn der Unterhaltspflichtige trotz Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse z.B. durch Wiederverheiratung, Aufgabe oder Verlust seines Arbeitsplatzes, den von ihm geschuldeten Unterhalt weiter pünktlich zahlt, wird ebenfalls keine Gefährdung zu bejahen sein.NK-BGB/Sanders § 1585a BGB RN 5, Johannsen/Henrich/Hammermann § 1585a RN 3; MüKo/Maurer § 1585a BGB RN. 3

Ferner kann der Unterhaltspflichtige eine Unbilligkeit vortragen. Der Unterhaltspflichtige braucht vorhandenes Vermögen nicht mit Verlust liquidieren.MüKo/Maurer § 1585a BGB Rn. 4 Seine wirtschaftliche Existenz darf durch die Sicherheitsleistung nicht in Frage gestellt werden.

c) Höhe der Sicherheitsleistung

4Die Höhe der Sicherheitsleistung soll grundsätzlich den Jahresbetrag der Unterhaltsrente nicht überschreiten. Lebt der Unterhaltspflichtige aber nachweislich verschwenderisch und weit über seine Einkommensverhältnisse, kann  eine höhere Sicherheitsleistung für angemessen erachtet werden.

Ist die Dauer des geschuldeten Unterhalts geringer als 1 Jahr, wäre die Sicherheitsleistung entsprechend zu reduzieren.

d) Art der Sicherheitsleistung

5Das angerufene Gericht entscheidet nach Zwecksmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit über die Art der Sicherheitsleistung. So muss die Sicherheitsleistung nicht zwingend durch einen zu hinterlegenden Geldbetrag erbracht werden, sondern es kann auch ein Anspruch aus einer Lebensversicherung oder aus Miet- und Pachtforderungen gepfändet werden. Ebenso kann in ein Wertpapierdepot gepfändet werden. Auch eine Bürgschaft zahlungskräftiger Verwandter ist möglich.NK-BGB/Sanders § 1585a BGB RN. 8

Dagegen ist eine Pfändung von laufenden und künftigen Lohn- und Gehaltsansprüchen nicht möglich, da dies keine bloße Sicherung des Unterhaltsanspruches darstellen würde.BT-Drs. 7/650/, 147 Vielmehr wäre eine Pfändung solcher laufenden Zahlungsansprüche des Unterhaltspflichtigen im Rahmen der Einforderung des laufenden Unterhalts vorzunehmen, mit dem Ziel der Erfüllung.

Sollte das Gerichte keine besondere Art der Sicherheitsleistung anordnen, kann der Unterhaltspflichte die Art der Sicherheitsleistung aus dem Katalog des § 232 BGB wählen.

3) Zusammenfassung der Rechtsprechung

OLG Düsseldorf vom 08.08.1980 - 3 WF 179/80 -, FamRZ 1980, 1116,

OLG Düsseldorf vom 26.09.1980 - 6 UF 51/80 -, FamRZ 1981, 67.

OLG Hamm vom 27.07.2010 – 5 UF 6/10 -, FamRZ 2011, 569

4) Literaturstimmen

NK-BGB/Sanders § 1585a BGB,

Johannsen/Henrich/Hammermann § 1585a

Zöller/Vollkommer ZPO § 324 Rn. 1f

Musielak/Voit/Musielak ZPO § 324 Rn. 4;

MüKo/Maurer § 1585a BGB Rn. 9

5) Prozessuales


Fußnoten