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von Göler (Hrsg.) / Marc Laukemann, Elisa Roggendorff / § 740

§ 740 Beteiligung am Ergebnis schwebender Geschäfte

(1) Der Ausgeschiedene nimmt an dem Gewinn und dem Verlust teil, welcher sich aus den zur Zeit seines Ausscheidens schwebenden Geschäften ergibt. Die übrigen Gesellschafter sind berechtigt, diese Geschäfte so zu beendigen, wie es ihnen am vorteilhaftesten erscheint.

(2) Der Ausgeschiedene kann am Schluss jedes Geschäftsjahrs Rechenschaft über die inzwischen beendigten Geschäfte, Auszahlung des ihm gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand der noch schwebenden Geschäfte verlangen.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

§ 740 BGB soll als dispositives Recht grundsätzlich sicherstellen, dass die Aufstellung einer Auseinandersetzungsbilanz nicht durch die Ungewissheit über noch schwebende Geschäfte zusätzlich erschwert wird. Andererseits möchte der ausscheidende Gesellschafter noch an den Früchten seiner bisherigen Gesellschafterstellung teilhaben. Durch § 740 BGB erhält der ausscheidende Gesellschafter einen eigenen Anspruch, der selbständig neben den Abfindungsanspruch nach § 738 BGB tritt. Der Anspruch ist schuldrechtlicher Natur. Der ausscheidende Gesellschafter wird aus dem Anspruch weder berechtigt noch verpflichtet. § 740 BGB gilt auch im Recht der OHG, KG und PartG.

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Allgemeines

Ob ein Anspruch nach § 740 BGB besteht, hängt  von der gewählten Abfindungsberechnung ab. Eine stillschweigende Abbedingung dieses Anspruchs wird bereits dann angenommen, wenn der Gesellschaftsvertrag einen festen Abfindungsbetrag oder die Ermittlung des Abfindungsanspruchs nach der Buchwertmethode vorsieht. Bei der üblichen Ertragswertmethode findet § 740 BGB keine Anwendung: Das Ertragswertverfahren bezieht bei der Ermittlung des Abfindungsbetrages die zukünftigen Ertragsaussichten (soweit an eine retrospektive Betrachtung anzuknüpfen ist) und damit die Gewinne aus schwebenden Geschäften mit ein.

Funktion und Anwendungsbereich des § 740 BGB beschränken sich insoweit auf die Ermittlung des Abfindungsguthabens nach der Substanzwertmethode.

2) Definitionen

 

Schwebende Geschäfte

Schwebende Geschäfte sind unternehmensbezogene Rechtsgeschäfte, an die die Gesellschaft im Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafters bzw. dem hiervon abweichenden Abfindungsstichtag bereits rechtlich bindend begründet, aber beiderseits noch nicht voll erfüllt sind. Sprau in: Grüneberg, 82 Aufl. § 740 Rz.1; BGH, NJW 93,1194.

Bloße Hilfsgeschäfte sowie Dauerschuldverhältnisse sind keine schwebenden Geschäfte, insofern ist der Begriff abweichend von der handelsrechtlichen Definition, Schubert in Beck´scher Bilanz Kommentar 2020, § 249 HGB.

Es handelt es sich hierbei nur um solche Geschäfte, die ihrer Art nach bereits im Zeitpunkt des Auseinandersetzungsstichtags hätten abgewickelt sein können

3) Abgrenzungen, Kasuistik

Der Auszahlungsanspruch ist frei abtretbar. Ergibt sich nach der Beendigung des schwebenden Geschäfts ein Verlust, hat der Ausgeschiedene den auf ihn entfallenden Verlustanteil an die Gesellschaft zu zahlen.

4) Anmerkungen

Die Regelung entfällt mit Inkrafttreten der Reform des MoPEG ab 01.01.2024. Dieser die Annahme zugrunde, dass nach der Substanzwertmethode schwebende Geschäfte nicht mehr in die Ermittlung des Abfindungsguthabens einfließenvgl. die Gesetzesbegründung im Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG v. 17.03.2021, Deutscher Bundestage Drucksache 19/27635: zu § 728 Abs. 1, unter https://dserver.bundestag.de/btd/19/276/1927635.pdf, Seite 175 f.. Dafür ist zukünftig kein Raum, weil die Wertermittlung ergebnisoffen und nicht mehr auf eine bestimmte Bewertungsmethode ausgerichtet ist.


Fußnoten