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von Göler (Hrsg.) / Nele Marie Kliemt / § 740a

§ 740a Beendigung der Gesellschaft

(1) Die nicht rechtsfähige Gesellschaft endet durch:

  • 1. Ablauf der Zeit, für welche sie eingegangen wurde;
  • 2. Auflösungsbeschluss;
  • 3. Tod eines Gesellschafters;
  • 4. Kündigung der Gesellschaft durch einen Gesellschafter;
  • 5. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters;
  • 6. Kündigung der Gesellschaft durch einen Privatgläubiger eines Gesellschafters.

(2) Die Gesellschaft endet ferner, wenn der vereinbarte Zweck erreicht oder seine Erreichung unmöglich geworden ist.

(3) Auf die Beendigung der Gesellschaft sind die §§ 725, 726, 730, 732 und 734 Absatz 1 und 2 entsprechend anzuwenden.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

1§ 740a Abs. 1 und 2 BGB enthält eine Aufzählung der Beendigungsgründe der nicht rechtsfähigen GbR im Sinne des § 705 Abs. 2 2. Alt. BGB (sog. Innengesellschaft). Dabei handelt es sich zum Teil um solche Gründe, die in der Gesellschaft selbst begründet liegen und auch bei der rechtsfähigen GbR (sog. Außengesellschaft) gem. § 729 Abs. 1 und 2 BGB zu ihrer Auflösung führen (Zeitablauf, Auflösungsbeschluss und Zweckerreichung). Einige Beendigungsgründe liegen dagegen in der Person eines Gesellschafters begründet (Tod, Kündigung, Insolvenz, Pfändung durch einen Privatgläubiger) und führen bei der rechtsfähigen GbR stattdessen nur zum Ausscheiden des jeweiligen Gesellschafters (§ 723 BGB).

§ 740a Abs. 3 BGB verweist für die Beendigung der nicht rechtsfähigen GbR auf einzelne Bestimmungen für die rechtsfähige GbR:

-          § 725 BGB: Kündigung der Mitgliedschaft durch den Gesellschafter;

-          § 726 BGB: Kündigung der Mitgliedschaft durch einen Privatgläubiger des Gesellschafters;

-          § 730 BGB: Auflösung bei Tod oder Insolvenz eines Gesellschafters;

-          § 732 BGB: Auflösungsbeschluss;

-          § 734 Abs. 1 und 2 BGB: Fortsetzung der Gesellschaft.

Die Beendigungsgründe im Einzelnen:

  • Zeitablauf (Abs. 1 Nr. 1 ): Voraussetzung ist eine entsprechende Befristung des Gesellschaftsvertrags.
  • Auflösungsbeschluss (Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 in Verbindung mit § 732 BGB):

Voraussetzung ist grundsätzlich ein einstimmiger Beschluss aller Gesellschafter. Im Gesellschaftsvertrag kann allerdings vorgesehen werden, dass auch Vertragsänderungen und namentlich die Beendigung der Gesellschaft mit Mehrheit beschlossen werden kann. Wegen dem Verweis auf § 732 BGB muss jedoch mindestens eine Mehrheit von ¾ der abgegebenen Stimmen erreicht werden. Abweichungen davon im Gesellschaftsvertrag sind unzulässig.

  • Tod eines Gesellschafters (Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 in Verbindung mit § 730 BGB):

2Sofern der Gesellschaftsvertrag keine Fortsetzungsklausel enthält (§ 740c Abs. 1 BGB), führt der Tod eines Gesellschafters zur Beendigung der Gesellschaft. Der Erbe des verstorbenen Gesellschafters ist in dem Fall verpflichtet, den Tod unverzüglich anzuzeigen (§ 730 Abs. 1 S. 1 BGB). Unverzüglich heißt "ohne schuldhaftes Zögern". Bei Gefahr im Verzug trifft den Erben sogar unter Umständen die Pflicht, die dem Verstorbenen ggf. obliegende Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis einstweilen fortzuführen, bis Abhilfe geschaffen werden konnte (§ 730 Abs. 1 S. 2 BGB). Obwohl die Gesellschaft automatisch mit dem Tod des Gesellschafters beendet ist, sind bei Gefahr im Verzug auch die anderen Gesellschafter ggf. zur einstweiligen Fortführung der laufenden Geschäfte berechtigt und verpflichtet (§ 730 Abs. 1 S. 4 BGB). 

  • Kündigung der Gesellschaft durch einen Gesellschafter (Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 in Verbindung mit § 730 BGB):

3Sowohl die ordentliche Kündigung (§ 725 Abs. 1 BGB) als auch die außerordentliche Kündigung (§ 725 Abs. 2-4 BGB) führen bei der nicht rechtsfähigen Gesellschaft zur Beendigung der Gesellschaft insgesamt. Der Gesellschaftsvertrag kann davon abweichend vorsehen, dass die Gesellschaft stattdessen mit den verbleibenden Gesellschaftern fortbesteht und nur der kündigende Gesellschafter ausscheidet (§ 740c Abs. 1 BGB).

Eine ordentliche Kündigung setzt voraus, dass der Gesellschaftsvertrag nicht befristet ist und dass die Kündigung mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des Kalenderjahres erklärt wird (§ 725 Abs. 1 BGB). Der Gesellschaftsvertrag kann andere Fristen vorsehen oder die ordentliche Kündbarkeit auch ganz abbedingen. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes ist dagegen von keiner Frist beschränkt und kann auch nicht durch Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen oder anderweitig beschränkt werden (§ 725 Abs. 2 BGB).

  • Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters (Abs. 1 Nr. 5):

4Sofern der Gesellschaftsvertag keine Fortsetzungsklausel enthält (§ 740 c BGB), führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters zur Beendigung der Gesellschaft. Wie auch beim Tod eines Gesellschafters sind die verbleibenden Gesellschafter bei Gefahr im Verzug zur einstweiligen Fortführung der laufenden Geschäfte berechtigt und verpflichtet (§ 730 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 S. 4 BGB). Dem Insolvenzverwalter selbst steht diese Notbefugnis allerdings allenfalls aus § 236 HGB analog zu.

  • Kündigung der Gesellschaft durch einen Privatgläubiger eines Gesellschafters (Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 in Verbindung mit § 726 BGB):

5Obgleich die nicht rechtsfähige Gesellschaft kein eigens Vermögen besitzt und den Gesellschaftern mithin bei der Beendigung auch kein Auseinandersetzungsanspruch zusteht, kommt eine Pfändung des Gesellschaftsanteils durch einen Privatgläubiger eines Gesellschafters in Betracht. Ob eine solche Pfändung wirtschaftlich sinnvoll ist, ist eine andere Frage.

  • Zweckerreichung bzw. Unmöglichkeit (Abs. 2):

6Insbesondere bei solchen Gesellschaften, die lediglich für einen bestimmten Anlass oder mit einem bestimmten Ziel gegründet wurden, kommt eine Beendigung durch Zweckerreichung in Betracht. In Betracht kommt etwa die Durchführung eines bestimmten Projektes.

Wird die Zweckerreichung dauerhaft und offenbar unmöglich, liegt darin ebenfalls ein Beendigungsgrund. Nicht aber, wenn die Zweckverfolgung bloß vorübergehend unmöglich ist oder die Unmöglichkeit durch organisatorische Maßnahmen behebbar ist.

Konsequenz der Beendigung der Gesellschaft:

7Ist die Gesellschaft beendet, findet die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern statt (§ 740b BGB). Da die nicht rechtsfähige Gesellschaft über kein eigenes Vermögen verfügt (§ 740 Abs. 1 BGB), muss sie im Gegensatz zur rechtsfähigen Gesellschaft nicht „liquidiert“ werden (vgl. §§ 735 ff. für die rechtsfähige GbR). Damit fallen Auflösung und Vollbeendigung notwendig zusammen, weshalb man von Beendigung spricht.Begr. RegE, BT-Drs. 19/27635, 191

Abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag:

8Es besteht die Möglichkeit, für die gesetzlichen Beendigungsgründe Nr. 3-6, die in der Person eines Gesellschafters begründet liegen (Tod, Kündigung, Insolvenz, Pfändung), abweichend von § 740a Abs. 1 BGB im Gesellschaftsvertrag zu vereinbaren, dass die Gesellschaft in diesen Fällen nicht endet, sondern fortbesteht (§ 740c Abs. 1 BGB, sof. Fortführungsklausel).

Der Gesellschaftsvertrag kann für diesen Fall auch regeln, ob der Gesellschafter, in dessen Person der Beendigungsgrund eingetreten ist, aus der Gesellschaft ausscheidet oder nicht. Für den Beendigungsfall „Tod eines Gesellschafters“ könnte z.B. stattdessen bestimmt werden, dass die Gesellschaft mit den Erben oder mit bestimmten Erben fortgeführt wird (sog. Nachfolgeklausel). Für weitere Einzelheiten hierzu siehe die Kommentierung zu § 723 BGB.

Ist im Gesellschaftsvertrag zwar vorgesehen, dass die Gesellschaft in diesen Fällen fortbesteht, nicht aber geregelt, was mit dem betroffenen Gesellschafter geschieht, scheidet dieser von Gesetzes wegen aus der Gesellschaft aus (§ 740c Abs. 1 BGB). Din dem Fall wird die Gesellschaft mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt.

Steuerliche Auswirkungen der Beendigung:

9Mangels eines Gesellschaftsvermögens hat die Beendigung der nicht rechtsfähigen Gesellschaft grundsätzlich keine steuerlichen Auswirkungen. 

Fortsetzung der beendigten Gesellschaft:

10Wenn der Beendigungsgrund beseitigt ist, ist es auf Grund des Verweises in § 740 a Abs. 3 möglich, die Gesellschaft durch Mehrheitsbeschluss fortzusetzen (§ 734 BGB).

11Endet die Gesellschaft wegen der Insolvenz eines Gesellschafters, ist die Fortsetzung mit Zustimmung des Insolvenzverwalters möglich.OLG Hamm BauR 1986, 462

 

Expertenhinweise

(für Juristen)


Fußnoten