§ 1385 Vorzeitiger Zugewinnausgleich des ausgleichsberechtigten Ehegatten bei vorzeitiger Aufhebung der Zugewinngemeinschaft
Der ausgleichsberechtigte Ehegatte kann vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns bei vorzeitiger Aufhebung der Zugewinngemeinschaft verlangen, wenn
- 1. die Ehegatten seit mindestens drei Jahren getrennt leben,
- 2. Handlungen der in § 1365 oder § 1375 Absatz 2 bezeichneten Art zu befürchten sind und dadurch eine erhebliche Gefährdung der Erfüllung der Ausgleichsforderung zu besorgen ist,
- 3. der andere Ehegatte längere Zeit hindurch die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis ergeben, schuldhaft nicht erfüllt hat und anzunehmen ist, dass er sie auch in Zukunft nicht erfüllen wird, oder
- 4. der andere Ehegatte sich ohne ausreichenden Grund beharrlich weigert oder sich ohne ausreichenden Grund bis zur Stellung des Antrags auf Auskunft beharrlich geweigert hat, ihn über den Bestand seines Vermögens zu unterrichten.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
1Will sich ein Ehegatte, ohne dass bereits Scheidungsantrag gestellt wird oder aber eine einvernehmliche Regelung in Form der Gütertrennung getroffen werden kann, zu Ehezeiten aus der Zugewinngemeinschaft lösen, erlangt
a) Trennungszeit 3 Jahre
Voraussetzung für die vorzeitige Geltendmachung der Aufhebung der Zugewinngemeinschaft und eines evtl. damit verbundenen Zugewinnausgleichsanspruches ist nach
Der Wortlaut der Regelung ist eindeutig. In der Praxis problematisch ist des Öfteren nur die Frage, wann konkret eine Trennung im oben genannten Sinne erfolgt ist. Während dies für den einen Ehepartner klar war, ist dies für den anderen Ehepartner oftmals nicht der Fall. Hier spielt die Einstellung dazu, was unter häuslicher Lebensgemeinschaft schon während der Ehezeit verstanden wurde, eine entscheidende Rolle. Bis beiden Seiten deutlich ist, dass eine Trennung eingetreten ist, zieht sich diese Phase oftmals über einen längeren Zeitraum hin. Letztlich müsste derjenige Ehegatte, der einen vorzeitigen Zugewinnausgleich nach
b) Gefährdung der Erfüllung der Ausgleichsforderung
Alternativ besteht auch dann die Möglichkeit, einen vorzeitigen Zugewinnausgleich ohne Einleitung eines Scheidungsverfahrens zu verlangen, wenn der andere Ehegatte durch bestimmte Handlungen die Befürchtung erweckt, der künftige Ausgleichsanspruch des anderen werde geschmälert. Wie hoch die Gefahr sein muss, um einen vorzeitigen Zugewinnausgleich nach der Regelung des
Zwar wird der zugewinnausgleichsberechtigte Ehegatte grundsätzlich schon durch die Regelungen in den §§ 1365 sowie 1375 Abs. 2 BGB geschützt. Die Regelungen zu
Die Befürchtung illoyaler Vermögensgeschäfte zum Nachteil eines Ehegatten ist etwa dann anzunehmen, wenn der andere Ehegatte seine Immobilie als seinen wesentlichen Vermögenswert zum Kauf anbietet, ohne dass hierfür die Zustimmung des anderen vorliegt. Auch spricht etwa die Auflösung von Konten und ein evtl. Transfer der Geldbeträge ins Ausland ohne Zustimmung des anderen Ehegatten für eine solche naheliegende Möglichkeit der illoyalen Vermögensminderung.Johannsen-Henrich/Jaeger, Familienrecht, 5. Aufl. (2010),
Ist eine solche Handlung bereits erfolgt, ist
c) Schuldhafte Nichterfüllung wirtschaftlicher Verpflichtungen
Vorzeitiger Zugewinnausgleich kann ebenfalls dann verlangt werden, wenn ein Ehegatte längere Zeit hindurch seine sich aus den ehelichen Verhältnissen ergebenden wirtschaftlichen Verpflichtungen schuldhaft nicht erfüllt hat und davon auszugehen ist, dass dies auch in der Folgezeit nicht geschieht (
Wann von einer länger andauernden Nichterfüllung der Verpflichtungen auszugehen ist, entscheidet sich nach dem Einzelfall. Maßgebend ist dabei insbesondere die bislang zurückgelegte Dauer der Ehe im Güterstand der Zugewinngemeinschaft.Johannsen-Henrich/Jaeger, Familienrecht, 5. Aufl. (2010),
Zu den wirtschaftlichen Verpflichtungen, die verletzt worden sein müssen, zählen etwa Verletzungen der Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen inkl. der Pflicht zur HaushaltsführungJohannsen-Henrich/Jaeger, Familienrecht, 5. Aufl. (2010),
Das Verschulden bemisst sich nach
Die festgestellte, schuldhafte Pflichtverletzung muss sodann auch in der Zukunft zu befürchten sein. Um dies beurteilen zu können, sind alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen. Die Fortsetzung des pflichtwidrigen Verhaltens durch den Ehegatten muss wahrscheinlicher sein, als eine positive Verhaltensänderung.MüKo/Koch, BGB, 6. Aufl. (2013),
d) Verweigerung der Auskunftserteilung
Ein weiterer Grund, einen vorzeitigen Zugewinnausgleich zu verlangen, besteht dann, wenn der andere Ehegatte sich beharrlich weigert, Auskunft über den Bestand seines Vermögens zu erteilen (
Zu der beharrlichen Weigerung hinzukommen muss, dass kein ausreichender Grund hierfür genannt wird. Ein ausreichender Grund für die Verweigerungshaltung liegt etwa vor, wenn dem anderen Ehegatten damit Informationen an die Hand gegeben werden, die er mit hoher Wahrscheinlichkeit zu geschäftsschädigenden Maßnahmen nutzt.Palandt/Brudermüller, BGB, 73. Aufl. (2014),
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
2Mit der Reform zum 01.09.2009 ist der Anwendungsbereich der §§ 1385, 1386 BGB erweitert worden. Dies u.a. deshalb, damit der antragstellende Ehegatte nicht mehr darauf angewiesen ist, zuvor einen rechtskräftigen Beschluss des Familiengerichts über die Beendigung des Güterstandes zu erzielen, um erst anschließend seine Auskunfts- und Leistungsansprüche geltend machen zu können. Nicht zuletzt um einen weitergehenden Schutz des ausgleichsberechtigten Ehegatten zu erzielen, besteht nunmehr die Möglichkeit, neben dem Antrag auf Beendigung des Güterstandes unmittelbar auch einen Auskunfts- und Zahlungsantrag durchzusetzen. Dies beschleunigt das Verfahren nicht unerheblich und verkürzt so mithin auch den Zeitraum, in dem der ausgleichsverpflichtete Ehegatte möglicherweise illoyale Vermögensverfügungen vornehmen kann.
2) Definitionen
Getrenntleben
Nach der Legaldefinition des
3) Abgrenzungen, Kasuistik
4Die Regelung des
4) Zusammenfassung der Rechtsprechung
- 5OLG Celle, Beschluss vom 31.03.2014
- AG Köln, Beschluss vom 03.02.2014
- OLG Köln, Beschluss vom 31.01.2014
- OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.03.2012
- OLG München, Beschluss vom 15.02.2012
5) Literaturstimmen
- 6Palandt, BGB-Kommentar, 73. Auflage, 2014
- Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 7: Familienrecht I, §§ 1297-1588, GewSchG, VersAusglG, LPartG, 6. Auflage 2013
6) Häufige Paragraphenketten
7) Prozessuales
Der Antrag auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft und vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns ist erstinstanzlich beim Familiengericht zu stellen.
Der Antrag nach
Es bestehen keine Antragsfristen. Allerdings kommt unter Umständen eine Verwirkung des Antragsrechts nach
Das Verfahren ist beendet, wenn die Eheleute eine Einigung über die Beendigung der Zugewinngemeinschaft und eine evtl. Ausgleichszahlung treffen. Dasselbe gilt, wenn die Eheleute vereinbaren, die Zugewinngemeinschaft zwar fortzuführen, einem Ehegatten jedoch eine Ausgleichszahlung bis zu einem bestimmten Datum zu gewähren, die zu einem späteren Zeitpunkt ggf. auf die noch abschließend zu berechnende Zugewinnausgleichszahlung angerechnet werden soll.