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von Göler (Hrsg.) / Nicola Sommer / § 2274

§ 2274 Persönlicher Abschluss

Der Erblasser kann einen Erbvertrag nur persönlich schließen.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

1Neben dem Testament gibt es die Möglichkeit, mittels Erbvertrags seinen Nachlass zu regeln.

Im Erbvertrag können letztwillige Verfügungen getroffen werden, die den anderen Vertragspartner binden. Dabei kann sowohl der Vertragsbeteiligte als auch ein Dritter bedacht werden. Die Besonderheit ist, dass sich durch Erbvertrag mehrere Personen vertraglich bindend über das Erbe einigen. Deshalb spricht man auch von der „Doppelnatur“ des Erbvertrages. Von dem Vertrag kann man sich nur ausnahmsweise durch Rücktritt lösen. Wenn man also möchte, dass sich die letztwillige Verfügung nicht einfach durch Widerruf geändert werden kann, ist der Erbvertrag die passende Lösung.

Die Vorschrift des § 2274 BGB regelt, dass der Erbvertrag nur persönlich abgeschlossen werden kann. Es ist also nicht zulässig, sich von jemand anderem vertreten zu lassen, da der Vertrag andernfalls nichtig ist. Dies gilt jedoch nur für denjenigen, der letztwillige Verfügungen trifft, mithin seinen Nachlass regelt. Der andere Vertragspartner (z.B. der Bedachte) kann sich vertreten lassen.

Hintergrund für die Höchstpersönlichkeit ist, dass die Ausgestaltung der Erfolge dem Erblasser überlassen bleibt und dieser Wille nur dann klar zurückverfolgt werden kann, wenn der Verfügende diesen persönlich kundgetan hat.

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Allgemeines

2Normzweck

Das das Testament jederzeit frei widerruflich ist, wollte der Gesetzgeber eine Möglichkeit geben, seinen Nachlass vertraglich bindet zu regeln. Das gemeinschaftliche Testament folgt in vielen Bestimmungen den Regelungen des Erbvertrages. Da dieses aber nur Ehegatten als Gestaltungsinstrument offensteht, gibt es für andere Personen die Möglichkeit, einen Erbvertrag abzuschließen.

2) Definitionen

3Wesentlicher Inhalt

Im Erbvertrag kann der Erblasser letztwillige Verfügungen treffen und sich zugleich vertraglich binden (sog. Doppelnatur). Was eine letztwillige Verfügung ist, regelt § 1937 BGB. Die Bindungswirkung hat zur Folge, dass spätere, beeinträchtigende Verfügungen unwirksam sind. Die Bindungswirkung tritt mit Errichtung des Erbvertrages ein. Durch den Erbvertrag kann der Erblasser gem. § 1941 BGB die Erbeinsetzung, Vermächtnisse und Auflagen im Hinblick auf seinen Nachlass bindend regeln. Die Möglichkeit des Rücktritts von diesem Vertrag ist nur mittels Vorbehaltes möglich (§ 2293 BGB).

Arten von Erbverträgen

Dabei kommt es darauf an, ob mehrere der vertragsbeteiligten Personen letztwillige Verfügungen treffen. Je nachdem, wird der Vertrag als ein-,OLG Saarbrücken, Beschl. v. 3.9.2019 – 5 W 49/19, ZEV 2020, 299 ff. zwei- oder mehrseitiger Erbvertrag bezeichnet. Von einem entgeltlichen Erbvertrag spricht man, wenn der Vertragspartner sich zu einer lebzeitigen Zuwendung im Gegenzug zu der letztwilligen Zuwendung verpflichtet. Diese vertraglichen Leistungen sind aber nicht vom Gegenseitigkeitsprinzip gem. §§ 320 ff. BGB geprägt.

Höchstpersönlichkeit

Die Vorschrift des § 2274 regelt, dass jegliche Stellvertretung des Erblassers bei der Errichtung des Erbvertrages ausgeschlossen ist. Dies betrifft sowohl rechtsgeschäftliche als auch gesetzliche Stellvertretung (z.B. durch Eltern, Betreuer oder Vormund).BGH, Beschl. v. 2.10.2019 – XII ZB 164/19; NJW 2020, 617 ff. Damit ist auch eine vollmachte Vertretung und spätere Genehmigung ausgeschlossen. Wird gegen das Gebot der höchstpersönlichen Errichtung des Erbvertrages verstoßen, ist der Vertrag nichtig.

Sofern der Vertragspartner nicht selbst letztwillig verfügt, ist für diesen jedoch eine Stellvertretung möglich.

Hintergrund für die Höchstpersönlichkeit ist, dass die Ausgestaltung der Erfolge dem Erblasser überlassen bleibt und dieser Wille nur dann klar zurückverfolgt werden kann, wenn der Verfügende diesen persönlich kundgetan hat.OLG Düsseldorf Beschl. v. 27.1.2012 – 3 Wx 231/11, NJW-RR 2012, 1097 ff. 

Deshalb sind sowohl die Anfechtung, die Bestätigung gem. § 2284 BGB und die Aufhebung des Erbvertrages gem. § 2290 Abs. 2 BGB als auch die Erklärung des Rücktritts vom Vertrage gem. § 2296 Abs. 1 BGB dem Erblasser persönlich vorbehalten.

3) Literaturstimmen

Literaturstimmen:

 

  • Palandt, 79. Auflage 2020

 

  • Münchner Kommentar zu BGB, 8. Auflage 2020

 

  • Burandt/Rojahn, Erbrecht, 3. Auflage 2019

 

  • Kroiß/Ann/Mayer, BGB, Erbrecht, 5. Auflage 2018

 

  • Weinmann/Revenstorff/Offerhaus/Erkis, Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, 4. Auflage 2017

 

  • Firsching/Graf, Nachlassrecht, 11. Auflage 2019

4) Häufige Paragraphenketten


Fußnoten