§ 1585b Unterhalt für die Vergangenheit
(1) Wegen eines Sonderbedarfs (§ 1613 Abs. 2) kann der Berechtigte Unterhalt für die Vergangenheit verlangen.
(2) Im Übrigen kann der Berechtigte für die Vergangenheit Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur entsprechend § 1613 Abs. 1 fordern.
(3) Für eine mehr als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit kann Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur verlangt werden, wenn anzunehmen ist, dass der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen hat.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
Unterhalt soll der Finanzierung der laufenden, d.h. der aktuellen Bedürfnisse des Berechtigten dienen. Unterhalt ist daher nur ab dem Zeitpunkt geschuldet, ab dem der Unterhaltsgläubiger den Unterhaltsschuldner nachweislich zur Auskunft und Zahlung von Ehegattenunterhalt aufgefordert hat.
Eine Ausnahme besteht nur für den Sonderbedarf, bei dem es sich um eine einmalige, nicht vorhersehbare und damit nicht rechtzeitig einforderbare Ausgabe handeln muss, und welcher daher auch im Nachhinein noch eingefordert werden kann.
Sollte der Unterhaltspflichtige die Zahlung des von ihm geforderten Unterhalt verweigert, muss der Unterhaltsgläubiger den Anspruch auf rückständigen Unterhalt sowie auf Sonderbedarf innerhalb eines Jahres gerichtlich geltend machen. Hier gilt somit nicht die übliche Verjährungsfrist von 3 Jahren.
Diese kurze Frist ergibt sich aus der Annahme, dass der Unterhaltsberechtigte den geforderten Unterhalt nicht braucht, sollte diesen Unterhalt über einen längeren Zeitraum nicht ernsthaft einfordern.
Dieser Grundsatz soll aber auch den Schuldner schützen, damit dieser nicht mit Unterhaltsforderungen für die Vergangenheit belastet wird, welche ihn möglicherweise finanziell ruinieren könnten.
Ab der gerichtlichen Einforderung entfällt jedoch dieser Schutz, und der Unterhaltsschuldner schuldet den Unterhalt für den gesamten streitbefangenen Zeitraum.
Dieser Schutz des Schuldners gilt nicht für die Zeitspanne, in der er mit der Erfüllung der von ihm geforderten Unterhaltszahlung noch rechnen musste, z.B. weil noch Vergleichsverhandlungen liefen mit dem Zweck der Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung.
Diese zeitliche Begrenzung der Nachforderung auf dieses eine Jahr vor Rechtshängigkeit ist eine Sonderform der Verwirkung. Die verspätete Einforderung von Unterhalt wird als illoyal gewertet, und soll nachteilige Folgen für den Rechtsinhaber haben.
Die Ausschlussfrist muss das angerufene Gericht von Amts wegen beachten, ohne dass der Unterhaltsschuldner von sich aus auf die verspätete gerichtliche Geltendmachung hinzuweisen braucht.
Die Ausschlussfrist entfällt, wenn sich der Unterhaltspflichtige absichtlich der Realisierung der Unterhaltsschuld entzieht oder diese erschwert. Ein aktives Hintertreiben ist nicht erforderlich, sondern es reicht jedes zweckgerichtete Verhalten und Unterlassen des Schuldners.
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
1Der Unterhalt soll der Finanzierung der laufenden Bedürfnisse des Berechtigten dienen. Da die Befriedigung zurückliegender Bedürfnisse nicht mehr möglich ist („in praeteritum non vivitur“,BGH vom 13.01.1988 – Ivb ZR 7/87 -, NJW 1988, 1137 vgl. auch
Der Unterhaltsgläubiger kann seine Unterhaltsforderungen für vergangene Zeiträume nur dann einfordern, wenn er den Unterhaltsschuldner zur Auskunft und Zahlung aufgefordert hat, wenn der Unterhaltsschuldner in Verzug ist, oder wenn es sich um Sonderbedarf behandelt. Aber auch hinsichtlich dieser Ansprüche ist der Unterhaltsgläubiger nach
Durch diesen Grundsatz soll der Schuldner geschützt werden, indem er nicht mit Unterhaltsforderungen für die Vergangenheit belastet wird, welche ihn möglicherweise finanziell ruinieren könnten. Dieser Schutz gilt aber nur für die Zeit, in welcher er mit einer Unterhaltsverpflichtung nicht zu rechnen brauchte. Ab der gerichtlichen Einforderung entfällt dieser Schutz, und der Unterhaltsschuldner schuldet den Unterhalt für den gesamten streitbefangenen Zeitraum.
2) Definitionen
a) Anwendungsbereich
2Der Anwendungsbereich des
Soweit die Vorschrift des
3) Zusammenfassung der Rechtsprechung
BGH vom 26.01.1983 – IV b ZR 851/81 -, NJW 1983, 2318
BGH vom 09.10.1985 – Ivb ZR 39/84 -, NJW 1986, 254
BGH vom 01.07.1987 – IVb ZR 74/86 -, FamRZ 1987, 1014
BGH vom 13.01.1988 – Ivb ZR 7/87 -, NJW 1988, 1137
BGH vom 05.10.1988 – IVb ZR 91/87 -, NJW 1989, 526
BGH vom 11.05.2005 – XII ZR 108/02 -, NJW 2005, 2223
BGH vom 22.11.2006 – XII ZR 24/04 -, FamRZ 2007, 193
BGH vom 28.05.2008 – XII ZB 34/05 -, FamRZ 2008, 1428
BGH vom 07.11.2012 – XII ZB 229/11 -, FamRZ 2013, 109
BGH vom 19.11.2014 – XII ZB 478/13 -, FamRZ 2015, 309
OLG Brandenburg vom 15.12.2005 – 10 WF 277/08, FamRZ 2006, 17484
OLG Bremen vom 09.10.1995 – 67 F 1465/95 -, FamRZ 1996, 886
OLG Düsseldorf vom 21.11.2018 – 5 UF 1/18, NJW 2019, 1534
OLG Hamm vom 14.08.2009 – 13 UF 83/09, FamRZ 2010, 383
OLG Hamburg vom 16.09.1996 – 12 UF 24/96 -, FamRZ 1997, 621
OLG Hamburg 27.04.1999 – 2 UF 3/99 -, FamRZ 2000, 888
OLG Saarbrücken vom 11.03.2009 – 6 WF 19/09 -, NJW-RR 2009, 1520
KG vom 01.02.1994 – 19 WF 11/94 -, FamRZ 1994, 1344
4) Literaturstimmen
Grüneberg/v. Pückler
MüKo/Maurer
BeckOK/Beutler
BeckOK BGB/Reinken
NK-BGB/Menne
NK-BGB/Sanders § 1585b
Schulz/Hauß/Ganz
Jauernig/Budzikiewicz
Born, Mahnung und Verzug im Unterhaltsrecht, FPR 2013, 513
Spangenberg, Mahnung und Verzug beim nachehelichen Unterhalt, FPR 2013, 525