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von Göler (Hrsg.) / Bernd Nenninger / § 500
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§ 500 Kündigungsrecht des Darlehensnehmers; vorzeitige Rückzahlung

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag, bei dem eine Zeit für die Rückzahlung nicht bestimmt ist, ganz oder teilweise kündigen, ohne eine Frist einzuhalten. Eine Vereinbarung über eine Kündigungsfrist von mehr als einem Monat ist unwirksam.

(2) Der Darlehensnehmer kann seine Verbindlichkeiten aus einem Verbraucherdarlehensvertrag jederzeit ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen. Abweichend von Satz 1 kann der Darlehensnehmer eines Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrags, für den ein gebundener Sollzinssatz vereinbart wurde, seine Verbindlichkeiten im Zeitraum der Sollzinsbindung nur dann ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers besteht.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Definitionen

1.  Bedeutung der Norm

Die Vorschrift ist das Spiegelbild von § 499 BGB. Sie gibt dem Darlehensnehmer eines allgemeinen Verbraucherdarlehensvertrages unter bestimmten Voraussetzungen ein Recht zur jederzeitigen ordentlichen Kündigung (Absatz 1 Satz 1), schränkt Vereinbarungen über Kündigungserschwerungen für diesen Fall ein (Absatz 1 Satz 2) und gibt dem Darlehensnehmer ein Recht zur vorzeitigen Erfüllung wie bei jedem Verbraucherdarlehensvertrag (Absatz 2 Satz 1), das jedoch für Immobiliarverbraucherdarlehensverträge eingeschränkt ist (Absatz 2 Satz 2). 

Die einzelnen Bestimmungen sind scheinbar klar formuliert, die Norm bündelt jedoch eine ganze Anzahl von Abweichungen zum Schuldrecht Allgemeiner Teil und zum allgemeinen Darlehensrecht in einer wenig systematischen Weise. Dies erschwert ihr Verständnis und ihre Anwendung in der Rechtspraxis.

§ 500 BGB regelt gesetzliche Rechte des Darlehensnehmers. Dagegen eröffnet § 499 BGB lediglich in einem gewissen Umfang dem Darlehensgeber die Möglichkeit, kraft Vereinbarung die gesetzlichen Kündigungsrechte zu erweitern und zu modifizieren.

2.  Anwendungsbereich

a) Überziehungen 

§ 500 BGB gilt nicht für geduldete Überziehungen, § 505 Absatz 4 BGB. Bei einer vereinbarten Überziehung im Sinne des § 504 BGB sieht § 504 Absatz 2 Satz 1 BGB bei bestimmten Voraussetzungen den Ausschluss von § 500 Absatz 1 Satz 2 BGB vor. Bei Finanzierungsleasingverträgen mit Restwertgarantie gilt § 500 Absatz 2 BGB gemäß § 506 Absatz 2 Nr. 3 BGB.

b) Immobiliardarlehensverträge

§ 500 Absatz 1 BGB gilt schon seinem Wortlaut nach nur für allgemeine Verbraucherdarlehensverträge und nicht für Immobiliardarlehensverträge. Absatz 2 Satz 1 gilt für Verbraucherdarlehensverträge uneingeschränkt, für Immobiliardarlehensverträge nur nach Maßgabe des Absatzes 2 Satz 2.

c) Sonstiges 

Anders als in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (damals § 489 Absatz 1 Nr. 2 BGB) kann sich auch der Existenzgründer auf die Rechte aus § 500 BGB berufen, § 513 BGB.

Insbesondere § 500 Absatz 2 BGB hat für Finanzierungshilfen im Sinne des § 506 Absatz 1 BGB eine erhebliche praktische Bedeutung. 

§ 500 BGB gibt dem Darlehensnehmer ein weiteres Kündigungsrecht. Sein ordentliches Kündigungsrecht nach § 489 BGB steht unberührt neben § 500 BGB. Gleiches gilt für § 490 Absatz 2 BGB. Unberührt bleibt weiterhin auch die Möglichkeit des Sicherheitentausches gemäß § 490 Absatz 3 BGB in Verbindung mit § 313 BGB (BGH in NJW 2004, 1730).

 

3.  Gesetzliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers, Absatz 1

a) Voraussetzungen 

aa) Es muss sich um einen allgemeinen Verbraucherdarlehensvertrag handeln.

bb) Die Laufzeit muss unbestimmt sein.

cc) Das Gesetz sieht eine fristlose Kündigung des Darlehensnehmers vor, die Vertragsbeteiligten können jedoch eine Kündigungsfrist vereinbaren, die gemäß Absatz 1 Satz 2 höchstens einen Monat betragen darf. Die Vereinbarung einer längeren Kündigungsfrist führt zur Unwirksamkeit der Befristung insgesamt, eine Reduktion auf einen Monat ist unzulässig (Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, § 500 BGB Rdnr. 5; siehe auch BGH in NJW 2015, 2412).

dd) Der Darlehensnehmer muss die geschuldeten Darlehensvaluta innerhalb von zwei Wochen ab Wirksamwerden der Kündigung, zurückzahlen, § 489 Abs. 3 BGB. Zahlt er nicht fristgerecht, ist die Kündigung nicht rechtswirksam.

ee) Die Kündigung ist formlos wirksam, § 492 Absatz 5 BGB gilt nicht für Erklärungen des Darlehensnehmers. Banken vereinbaren in ihren allgemeinen Darlehensbedingungen teilweise Formerfordernisse für Kündigungen, dies ist im Rahmen des § 309 Nr. 13 BGB zulässig.

 

b) Rechtsfolgen

Kündigt der Darlehensnehmer gemäß § 500 Abs. 1 BGB den Darlehensvertrag und zahlt die Darlehensvaluta fristgemäß zurück, erlischt das Darlehensverhältnis. Insbesondere darf der Darlehensgeber keine Vorfälligkeitsentschädigung o. Ä. verlangen. Im Übrigen gelten die Erläuterungen zu Ziffer 5.

 

4.  Vorzeitige Erfüllung

a) Grundsätzliches

Gemäß § 271 Absatz 2 BGB kann der Schuldner die Leistung im Zweifel vor vereinbarter Fälligkeit erbringen. Für Darlehensverträge mit einer bestimmten Laufzeit ist eine solche vorzeitige Erfüllung jedoch durch die Laufzeitvereinbarung ausgeschlossen. Eine vorzeitige Leistung des Schuldners hat somit in diesen Fällen – bei Darlehensverträgen in aller Regel – keine Erfüllungswirkung im Sinne des § 362 Absatz 1 BGB. § 500 Absatz 2 BGB gibt dem Verbraucher als Schuldner jedoch einen Anspruch auf vorfällige Leistung.

Er kann somit sein Darlehen jederzeit zurückzahlen, auch teilweise. Der Anspruch auf Darlehensrückzahlung ist jederzeit erfüllbar, sodass trotz fehlender Fälligkeit eine Aufrechnung auch mit verjährten Forderungen gemäß § 215 BGB jederzeit möglich ist (LG Nürnberg-Fürth in WM 2016, 325; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, § 500 BGB Rdnr. 8).

Jede hiervon abweichende Vereinbarung ist gemäß § 512 Satz 1 BGB nichtig.

Der Darlehensgeber kann also für diesen Fall keine Vorfälligkeitsentschädigungen, keine Vertragsstrafe und kein Bearbeitungsentgelt verlangen (BGH in NJW 2014, 2420; BGH in BKR 2014, 415 o.ä.).

§ 501 BGB gilt. Insoweit hat der Verbraucher einen Auskunftsanspruch gegen den Darlehensgeber (Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, § 500 BGB Rdnr. 8; Müko/Schürnbrand, BGB, § 500 Rdnr. 12).

Teilweise Erfüllung ist jederzeit möglich, § 266 BGB gilt nicht (Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, § 500 BGB Rdnr. 9).

 

b) Voraussetzungen 

aa) Der Einhaltung einer Kündigungsfrist bedarf es nicht. Es ist lediglich die tatsächliche Zahlung des Darlehensnehmers mit Erfüllungswillen erforderlich.

Zahlungen ohne Zustimmung eines Dritten, insbesondere seines Sicherungsgebers erfüllen nicht den Tatbestand des § 500 Absatz 2 BGB.

bb) Bei Immobiliardarlehensverträgen ist zu unterscheiden:

Sind variable Zinsen vereinbart, hat der Darlehensnehmer eines Immobiliardarlehensvertrages dieselben Rechte wie der Darlehensnehmer eines allgemeinen Verbraucherkreditvertrages gemäß Absatz 2 Satz 1; dieses Recht steht neben dem Recht zur jederzeitigen Kündigung nach § 489 Absatz 2 BGB.

Ist der Sollzinssatz gebunden, hat der Verbraucher als Darlehensnehmer eines Immobiliardarlehensvertrages das Recht zur vorzeitigen Erfüllung nur, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse besteht.

Das berechtigte Interesse ist ähnlich definiert wie im Fall des § 490 Absatz 2 Satz 1 BGB, es tritt aber als weitere Tatbestandsvoraussetzung im Gegensatz zu § 490 Absatz 2 Satz 1 BGB nicht das Erfordernis hinzu, dass die berechtigten Interessen die vorzeitige Erfüllung gebieten. Das berechtigte Interesse an sich gibt dem Verbraucher bereits das Recht zur vorzeitigen Erfüllung.

Wesentliche Rechtsfolge einer vorzeitigen Erfüllung ist bei Immobiliardarlehensverträgen die Pflicht des Darlehensnehmers, eine Vorfälligkeitsentschädigung gemäß § 502 BGB zu zahlen.  

 

5. Rechtsfolgen 

a) Sowohl Kündigung als auch vorzeitige Erfüllung führen zur Kostenermäßigung gemäß § 501 BGB.

b) Bei vorzeitiger Erfüllung entfallen akzessorische Sicherheiten. Nicht-akzessorische Sicherheiten sind zurückzugewähren, es sei denn, der Sicherungszweck besteht weiter.

c) Bei Kündigung nach Absatz 1 muss der Darlehensnehmer die Darlehensvaluta zurückzahlen, § 489 Absatz 3 BGB. § 489 Absatz 3 BGB gilt (Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, § 500 BGB Rdnr. 6). Somit muss der Darlehensnehmer innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung die geschuldeten Darlehensvaluta zurückzahlen, sonst gilt die Kündigung als nicht erfolgt und der Darlehensvertrag hat weiter Bestand (zur Fristberechnung und den Folgen einer verspäteten Zahlung siehe § 489 BGB Erläuterung 2b).

6. Exkurs zum Widerrufsrecht - Link


Fußnoten