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von Göler (Hrsg.) / Bernd Nenninger / § 498
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§ 498 Gesamtfälligstellung bei Teilzahlungsdarlehen

(1) Der Darlehensgeber kann den Verbraucherdarlehensvertrag bei einem Darlehen, das in Teilzahlungen zu tilgen ist, wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers nur dann kündigen, wenn

  • 1. der Darlehensnehmer a) mit mindestens zwei aufeinander folgenden Teilzahlungen ganz oder teilweise in Verzug ist, b) bei einer Vertragslaufzeit bis zu drei Jahren mit mindestens 10 Prozent oder bei einer Vertragslaufzeit von mehr als drei Jahren mit mindestens 5 Prozent des Nennbetrags des Darlehens in Verzug ist und
  • 2. der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer erfolglos eine zweiwöchige Frist zur Zahlung des rückständigen Betrags mit der Erklärung gesetzt hat, dass er bei Nichtzahlung innerhalb der Frist die gesamte Restschuld verlange.

Der Darlehensgeber soll dem Darlehensnehmer spätestens mit der Fristsetzung ein Gespräch über die Möglichkeiten einer einverständlichen Regelung anbieten.

(2) Bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag muss der Darlehensnehmer abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b mit mindestens 2,5 Prozent des Nennbetrags des Darlehens in Verzug sein.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

1.  Bedeutung

1Die Norm regelt, wann ein Darlehensgeber einen Verbraucherdarlehensvertrag kündigen darf, wenn der Darlehensnehmer mit den vereinbarten Zahlungen in Rückstand gerät. Dies ist der mit Abstand häufigste Grund für Darlehenskündigungen. Die Norm ist deshalb in der Bankpraxis von überragender Wichtigkeit.

Danach sind Kündigungen nach § 498 BGB nicht selten fehlerhaft. Die Berater des Bankkunden übersehen diese Fehler jedoch regelmäßig, was seinerseits zu Beraterhaftungsfällen führt.

2.  Anwendungsbereich

Die Norm gilt für jede Form der Verbraucherdarlehen. Ausgenommen sind lediglich Darlehen bei denen weder Tilgungen noch Zinszahlungen vor Endfälligkeit zu leisten sind.

§ 498 gilt nicht, wenn nur zwei Raten vereinbart sind (§ 498 Abs. 1 Satz 1 BGB). Andere Kündigungsrechte des Darlehensgebers bleiben unberührt.

Die Norm gilt nicht für endfällige Darlehen ohne Tilgung während der LaufzeitOLG Brandenburg in MDR 1998, 483; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, § 488 BGB Rdnr. 9. Dem Wortlaut nach gilt § 498 BGB auch nicht für endfällige Darlehen mit Tilgungsersatz (z.B. Kapitallebensversicherungen), wenn der Darlehensnehmer die Zahlungen zum Ansparen der Tilgungsersatzleistungen nicht mehr bedient. In diesen Fällen soll § 498 BGB analog anzuwenden sein,OLG Celle in BKR 2005, 66 [67]; MüKo Rdnr. 5; Erman/Saenger, BGB, § 498 Rdnr. 4: Wenn beide Verträge zeitgleich abgeschlossen werden und eine wirtschaftliche Einheit bilden, ebenso Juris-PK-Schwintowski, BGB, § 498 Rdnr. 2. Dies ist durchaus zweifelhaft. Da der Gesetzgeber mehrfach § 498 BGB geändert hat, ohne die Norm anzupassen, fehlt es an einer ungewollten Regelungslücke.

Weiterhin setzt die Norm voraus, dass es mindestens drei Tilgungsleistungen gibt.Bankrechtskommentar/Roth, § 498 BGB Rdnr. 5; Bülow/Artz, ebenda mit leichten Einschränkungen; Palandt/Weidenkaff, BGB, § 498 Rdnr. 1; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, § 498 Rdnr. 5; MüKo/Schürnbrand, BGB, § 498 Rdnr. 3

3.  Voraussetzungen der Kündigung

Der Darlehensgeber kann den Verbraucherdarlehensvertrag gemäß § 498 BGB unter folgenden Voraussetzungen kündigen:

a) Verbraucherdarlehen

Der Anwendungsbereich der Norm muss eröffnet sein (siehe oben Erläuterung 2).

b) Schuldnerverzug

Es muss Schuldnerverzug nach den Regelungen des allgemeinen Schuldrechts eingetreten sein.

c) Mindestrückstand

aa) Erste Voraussetzung des Kündigungsrechts ist, dass der Verbraucher mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Raten in Verzug gerät. Hat der Darlehensgeber noch nicht gekündigt und der Verbraucher erfüllt die Schuld nachträglich, endet der Verzug und eine Kündigung ist ausgeschlossen; umgekehrt bleibt eine Erklärung trotz Erfüllung nach Kündigung wirksam.

Hat der Ratenrückstand den Mindestrückstand überschritten und der Verbraucher tilgt nachträglich nur teilweise, endet der Verzug und es bleibt beim Kündigungsrecht, auch wenn durch die teilweise Tilgung die qualifizierte Rückstandsquote unterschritten wird.BGH in WM 2005, 459; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, § 489 Rdnr. 14 

Es müssen nicht etwa zwei aufeinanderfolgende Raten vollständig unbezahlt bleiben. Es genügt das Ausbleiben auch nur eines vergleichsweise geringfügigen Betrages. Allerdings ist die Erklärung der Kündigung in Bagatellfällen (z.B. Nichtleistung von Bankspesen) im Einzelfall rechtsmissbräuchlich, § 242 BGB.Bülow/Artz ebenda  

Das Tilgungsbestimmungsrecht des Darlehensnehmers gemäß § 366 BGB wird von § 498 BGB nicht berührt. Der Darlehensnehmer kann deshalb seine Zahlungen auf jede zweite Rate bestimmen.

Der Darlehensnehmer kann somit eine Kündigung wegen Verzugs verhindern, indem er jede zweite Rate vollständig zahlt. Das Gesetz sieht dies ausdrücklich vor, sodass ein solches Vorgehen des Darlehensnehmers zwar „trickreich“ sein mag, aber keine unzulässige Rechtsausübung im Sinne des § 242 BGB darstellt.Bülow/Artz, a.a.O. Rdnr. 15   Hiergegen kann sich der Darlehensgeber auch nur sehr eingeschränkt wehren, zumal grundsätzlich eine Änderung der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge jedenfalls in AGB ausgeschlossen ist.vgl. BGH in WM 1999, 348; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, S. 8 Allerdings sind an die Tilgungsbestimmungen hohe formelle Anforderungen zu setzen; eine nachträgliche Tilgungsbestimmung ist unzulässig, es gilt dann vielmehr § 366 Absatz 2 BGB (gesetzliche Tilgungsreihenfolge). Spätestens mit Zahlung muss der Darlehensnehmer die Tilgungsbestimmung vornehmen.

bb) Verzug ist nur schädlich, wenn die qualifizierten Rückstandsquoten des § 498 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b bzw. Absatz 2 erreicht sind.

Der relevante Mindestrückstand beträgt:

- 10 % des Nennbetrages bei einer Vertragslaufzeit von bis zu drei Jahren (Abs. 1 Nr. 1 Fall 2),

- 5 % des Nennbetrages bei einer Vertragslaufzeit von drei Jahren oder mehr (Abs. 1 Nr. 1 Fall 1),

- 2,5 % des Nennbetrags bei Immobiliarverbraucherdarlehensverträgen (Absatz 2).

„Nennbetrag“ im Sinne der Norm ist der Nettodarlehensbetrag. Einmalkosten kommen hinzu, soweit auch sie finanziert werden.BGH in ZIP 2014, 2334 Bei finanzierten Teilzahlungsgeschäften im Sinne des § 358 BGB ist die relevante Bezugsgröße im Sinne des § 498 BGB der Teilzahlungspreis.Erman/Saenger, BGB, § 498 Rdnr. 25; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, § 498 BGB Rdnr. 19, a.A. Müko/Schürnbrand, BGB, § 498 Rdnr. 13

Nicht selten kommt der Darlehensnehmer mit einem einheitlichen Finanzierungsansinnen an den Darlehensgeber. Dieser wählt dann eine Vertragsgestaltung, die das Kreditverhältnis in eine Mehrzahl einzelner Verträge aufspaltet. In der Praxis sind Fälle nicht selten, in denen der Darlehensnehmer bei einzelnen Verträgen die Mindestgrenzen überschreitet, bei anderen nicht. Erfolgte die Aufspaltung der Verträge auf Rat des Darlehensgebers, dann sind diese Verträge im Rahmen des § 498 BGB als einzelnes Kreditverhältnis zu betrachten; das Kündigungsrecht des Darlehensgebers besteht also nur, wenn der Rückstand den relevanten Mindestrückstand berechnet auf die Gesamtheit der Darlehensverträge erreicht hat. Die Bankpraxis, wonach der Rückstand bei einem der Teilverträge (z.B. bei einer Hausfinanzierung) ausreichen soll, verstößt gegen § 512 Satz 2 BGB. Dabei wird die Kündigung der anderen Verträge, bei denen der Mindestrückstand nicht erreicht ist, regelmäßig auf § 490 Abs. 1 BGB gestützt. Dies bedeutet letztlich eine im Verbraucherdarlehensrecht unzulässige „Cross-Default-Clause“.

d) Nachfristsetzung

Der Darlehensgeber darf den Darlehensvertrag nur nach einer Nachfristsetzung mit Kündigungsandrohung kündigen. Mit der Nachfristsetzung muss der Darlehensgeber die Gesamtfälligstellung (nicht notwendigerweise die Kündigung selbst) androhen. Umgekehrt ist eine Kündigungsandrohung ohne Hinweis auf die Gesamtfälligkeit nicht ausreichend.OLG Celle in WM 2005, 1750 Die Mahnung darf die Kündigungsandrohung enthalten, muss dies aber nicht.

Gemäß § 281 Absatz 2 BGB sind die Erklärungen des Gläubigers unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. ernsthafte Erfüllungsverweigerung des Verbrauchers) entbehrlich. Dies soll auch für § 498 BGB gelten.BGH in WM 2007, 440 Dies ist ein klarer Verstoß gegen § 512 Satz 1 BGB und deshalb abzulehnen.ebenso OLG Celle in WM 2007, 71; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, § 498 Rdnr. 22 a.E. 

Bei mehreren Darlehensnehmern ist die Erklärung des Darlehensgebers gegenüber allen abzugeben. Der Darlehensgeber kann nicht in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine gegenseitige Bevollmächtigung der Darlehensnehmer vorsehen, eine solche Regelung ist unwirksam nach § 307 Absatz 1 BGB.BGHZ 108, 98 [100 ff.]

In der Nachfristsetzung muss der Darlehensgeber den rückständigen Betrag genau beziffern (einschließlich Verzugszinsen und ggf. bereits angefallener Rechtsverfolgungskosten). Ist der angegebene Betrag fehlerhaft, ist die nachfolgende Kündigung unwirksam.Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, § 498 BGB Rdnr. 23 Der Betrag der Restschuld, der bei Fälligstellung zu zahlen ist, muss nicht in der Nachfristsetzung mit Androhung angegeben werden.OLG Nürnberg in WM 2009, 1744; Leube in NJW 2007, 3240 

e) Kündigung in angemessener Frist nach Nachfristsetzung

Nach Fristablauf muss der Darlehensgeber den Darlehensvertrag kündigen, die Kündigung kann nicht mit der Nachfristsetzung verbunden werden.LG Bonn in WM 1997, 1528; Müko/Schürnbrand, BGB, § 498 Rdnr. 21 

Die Kündigung muss in angemessener Frist ausgeübt werden. Regelmäßig dürfte diese bei maximal zwei Wochen liegen (arg § 626 Absatz 2 BGB).strenger OLG Nürnberg in WM 2009, 1744 und Müko/Schürnbrand, BGB, § 498 Rdnr. 28: nur wenige Tage; wie hier Staudinger/Kessal/Wulf, BGB, § 498 Rdnr. 23; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, § 498 BGB Rdnr. 24

Nutzt der Darlehensgeber diese Frist nicht, ist eine später erklärte Kündigung verwirkt, vielmehr muss der Kreditgeber erneut die Kündigungsvoraussetzungen sowie den Schuldnerverzug abwarten sowie erneut androhen, um kündigen zu können.vgl. OLG Köln in WM 2005, 502 

f)  Vergleichsgespräch

Das Vergleichsgespräch gemäß § 498 Satz 2 BGB ist nicht Kündigungsvoraussetzung.

4.  Rechtsfolgen

Bis zum Zugang der Kündigung bleibt es bei der Leistungspflicht des Verbrauchers gemäß Darlehensvertrag. Leistet also der Verbraucher innerhalb der gesetzten Frist die Rückstände, ist der Darlehensvertrag unverändert fortzusetzen.

Die Kündigung führt die Fälligkeit der gesamten Restschuld herbei. Gemäß § 286 Absatz 2 Nr. 2 BGB (analog) gerät der Darlehensnehmer mit der nunmehr fällig gewordenen Restschuld ohne weiteres in Verzug, wenn ihm der Darlehensgeber den Restbetrag mitgeteilt hat.

Die Verzugsfolgen regelt § 497 BGB.

§ 502 BGB gilt nicht (vgl. § 502 Erläuterung), wohl aber § 501 BGB.

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Definitionen

1.  Bedeutung

Die Norm regelt, wann ein Darlehensgeber einen Verbraucherdarlehensvertrag kündigen darf, wenn der Darlehensnehmer mit den vereinbarten Zahlungen in Rückstand gerät. Dies ist der mit Abstand häufigste Grund für Darlehenskündigungen. Die Norm ist deshalb in der Bankpraxis von überragender Wichtigkeit.

Danach sind Kündigungen nach § 498 BGB nicht selten fehlerhaft.


Fußnoten