§ 1615l Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt
(1) Der Vater hat der Mutter für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren. Dies gilt auch hinsichtlich der Kosten, die infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung außerhalb dieses Zeitraums entstehen.
(2) Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Zeit hinaus Unterhalt zu gewähren. Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
(3) Die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten sind entsprechend anzuwenden. Die Verpflichtung des Vaters geht der Verpflichtung der Verwandten der Mutter vor. § 1613 Abs. 2 gilt entsprechend. Der Anspruch erlischt nicht mit dem Tode des Vaters.
(4) Wenn der Vater das Kind betreut, steht ihm der Anspruch nach Absatz 2 Satz 2 gegen die Mutter zu. In diesem Falle gilt Absatz 3 entsprechend.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
1Die Norm regelt den Unterhalt der betreuenden Mutter eines nichtehelichen Kindes. Neben dem Unterhaltsanspruch während des gesetzlichen Mutterschutzes (
2Für den Fall, dass das nichteheliche Kind nach der Geburt von dem Vater betreut wird, steht diesem nach
3Eine Anspruchsberechtigung bzw. -verpflichtung ergibt sich nach der überwiegenden, zutreffenden Rechtsauffassung nur für die rechtlichen Eltern. Der Vater muss die Vaterschaft demnach nach §§ 1592 Nr. 2, 1594 ff. BGB anerkannt haben oder diese muss gemäß §§ 1592 Nr. 3, 1600d BGB gerichtlich festgestellt worden sein.OLG Oldenburg, Beschluss v. 27.6.2018 – 11 WF 110/18 = BeckRS 2018, 13615 = NZFam 2018, 702; OLG Celle, Beschluss vom 17.11.2004 – 15 WF 273/04 = FamRZ 2005, 747 = LSK 2006, 440053; OLG Bremen, Beschluss vom 19.02.2004 – 4 WF 10/04 = BeckRS 2004, 30339395 = FamRZ 2005, 213 Nicht ausreichend ist, dass der Vater die Vaterschaft nicht bestreitet.
1. Sinn und Zweck der Vorschrift
4Ziel der Einführung der Vorschrift war die in Art. 6 V GG verankerte Werteentscheidung, nichtehelichen Kindern durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen, wie den ehelichen Kindern, und den nichtehelichen Vater mehr in die (finanzielle) Verantwortung einzubeziehen, so dass auch ein nichteheliches Kind – insbesondere in den ersten Lebensjahren – durch seine Mutter betreut werden kann und so die Voraussetzungen für seine Entwicklung zu verbessern.BT-Drs. 13/1850, 24; BeckOK BGB/ Reinken, 67. Ed. 01.08.2023, BGB,
2. Aktuelle Reformpläne des BMJ
5Nach den derzeitigen Reformplänen des Bundesministeriums der Justiz sind weitere Anpassungen des Unterhaltsrechts, insbesondere neben dem Kindesunterhalt und den Regeln über den notwendigen Selbstbehalt auch des Betreuungsunterhalts nach
6Insbesondere der Umstand, dass sich das Maß des Unterhalts des betreuenden Elternteils nur auf seine eigene Lebensstellung beschränkt und das Einkommen des nichtbetreuenden Elternteils nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit eine Rolle spielt, ist zutreffender Weise nicht mehr zeitgemäß. Insbesondere dann nicht, wenn die Eltern eine jahrelange Beziehung mit gemeinsamen Kindern geführt und als Familie zusammengelebt haben – ohne verheiratet gewesen zu sein.
7Erreicht werden soll dieses Ziel dergestalt, dass sich bei vergleichbarer Lebenslage nichtverheirateter Eltern zu geschiedenen Eltern der Unterhaltsbedarf des nichtverheirateten, bedürftigen Elternteils nicht nur nach dessen eigenem Einkommen, sondern vielmehr nach dem beiderseitigen Einkommen der Beteiligten richten soll. Eine Vergleichbarkeit sei anzunehmen, wenn die Eltern vor der Trennung über einen längeren Zeitraum hinweg zusammengelebt und für das Kind oder die Kinder gemeinsam gesorgt haben.Eckpunkte des BMJ zur Modernisierung des Unterhaltsrechts vom 24. August 2023, Seite 8
8Durch dieses Reformziel würde eine deutliche Besserstellung des nichtehelichen betreuenden Elternteils erreicht, denn auf diese Weise partizipiert dieser – anders als bislang – auch an der Lebensstellung des anderen Elternteils.Vgl. auch Borth, Die Reform des Unterhaltsrechts bei Trennungsfamilien, FamRZ 2023, 1833, 1837 Hierbei sollte auf das jeweils aktuelle Einkommen der Beteiligten abgestellt werden, sodass auch etwaige Karrieresprünge/ Gehaltserhöhungen Berücksichtigung finden.Vgl. auch Witt, Zum neuen Unterhaltsrecht Kommentar zum Eckpunktepapier des BMJ, FF 11/2023, 432, 440
9Obgleich das Ziel begrüßenswert ist, ist zu bedenken, dass das reine Abstellen auf die Dauer des Zusammenlebens – ähnlich wie bei der Frage, ab wann eine verfestigte Lebensgemeinschaft anzunehmen ist, die zur Verwirkung von Unterhaltsansprüchen führt – in der familienrechtlichen Praxis zu streitigen Auseinandersetzungen führen wird.Vgl. auch Borth, Die Reform des Unterhaltsrechts bei Trennungsfamilien, FamRZ 2023, 1833, 1837
10Zum Teil wird auch grundsätzlich kritisiert, dass es für die Änderung der Bedarfsermittlung auf eine „vergleichbare Lebenslage“ ankommen soll, da insoweit die Gefahr eines „Zwei-Klassen-Unterhaltsrechts“ zwischen nichtehelicher Lebensbeziehung einerseits und Partnern, die entweder gar keine Beziehung oder nur eine kurze Beziehung geführt haben andererseits, unterschieden würde.Stellungnahme des DAV vom 19.09.2023, abrufbar unter: https://anwaltverein.de/de/newsroom/sn-62-23-eckpunkte-unterhaltsrecht, dort Seite 7 f.; Seiler, Das Eckpunktepunktepapier des Bundesministerium für Justiz – der große Wurf hin zu einem fairen Unterhaltsrecht für Trennungsfamilien?, FamRZ 2023, 1761, 1765; Götz, Unterhalt wegen Kindesbetreuung – Vereinheitlichung der Regelungen in
11Soweit auf eine vergleichbare Lebenslage abgestellt würde, erscheint es bei der insoweit erforderlichen Abwägung sinnvoll, anderweitige Aspekte, wie beispielsweise eine gemeinsame wirtschaftliche Verflechtung (Anschaffung gemeinsamen Immobilieneigentums) zu berücksichtigen.Vgl. auch Borth, Die Reform des Unterhaltsrechts bei Trennungsfamilien, FamRZ 2023, 1833, 1837 Auch erwägenswert ist, ob das Abstellen auf Aspekte der Übernahme der gemeinsamen Verantwortung für die Pflege und Erziehung der gemeinsamen Kinder (beispielsweise durch einvernehmliche Anerkennung der Vaterschaft, Abgabe der Erklärung der gemeinsamen Sorge) maßgeblich für die Frage der Bedarfsbestimmung herangezogen werden sollten.Vgl. auch Borth, Die Reform des Unterhaltsrechts bei Trennungsfamilien, FamRZ 2023, 1833, 1837; Witt, Zum neuen Unterhaltsrecht Kommentar zum Eckpunktepapier des BMJ, FF 11/2023, 432, 440
12Liegt keine vergleichbare Lebenslage vor, soll die Rechtslage des nichtverheirateten bedürftigen Elternteils dadurch verbessert werden, dass sich der Mindestunterhalt nicht mehr an dem notwendigen Selbstbehalt (nach der derzeitig gültigen Düsseldorfer Tabelle für das Jahr 2024, B. IV. b) 1.200,00 € monatlich), sondern am Selbstbehalt gegenüber dem getrenntlebenden bzw. geschiedenen Ehegatten (nach der derzeitig gültigen Düsseldorfer Tabelle für das Jahr 2024, B. III. b) 1.475,00 € monatlich) bemisst.Eckpunkte des BMJ zur Modernisierung des Unterhaltsrechts vom 24. August 2023, Seite 8 Dies erscheint, da insoweit eine Anpassung an den Ehegattenunterhalt erreicht wird, angemessen.Vgl. auch Witt, Zum neuen Unterhaltsrecht Kommentar zum Eckpunktepapier des BMJ, FF 11/2023, 432, 441
13Zugleich soll es für die Eltern nichtehelicher Kinder zukünftig möglich sein, leichter Vereinbarungen über den Betreuungsunterhalt zu treffen, insbesondere sollen Abfindungszahlungen zukünftig möglich sein.Eckpunkte des BMJ zur Modernisierung des Unterhaltsrechts vom 24. August 2023, Seite 8 Auch die bisherige Ungleichbehandlung hinsichtlich der Verwirkung, des Einsatzes von Vermögen und der Vererbbarkeit des Unterhaltsanspruchs soll durch die bevorstehende Reform eine Anpassung an die Regelungen, die für den Ehegattenunterhalt gelten, immer weiter aufgehoben werden.Eckpunkte des BMJ zur Modernisierung des Unterhaltsrechts vom 24. August 2023, Seite 8; vgl. auch Witt, Zum neuen Unterhaltsrecht Kommentar zum Eckpunktepapier des BMJ, FF 11/2023, 432, 441 Auch diese Reformpläne sind begrüßenswert, insbesondere da auf diese Weise die gewünschte Gleichstellung der Eltern nichtehelicher Kinder zu den geschiedenen Eltern immer weiter vorangetrieben, wenn auch noch nicht vollständig umgesetzt wird.zu den weiterhin bestehenden Ungleichheiten: Borth, Die Reform des Unterhaltsrechts bei Trennungsfamilien, FamRZ 2023, 1833, 1838
14Begrüßenswert wäre insbesondere auch die Aufnahme eines Altersvorsorgeunterhalts entsprechend
3. Unterhalt aus Anlass der Geburt, § 1615l Abs. 1 S. 1 BGB
15In der besonders kritischen Phase der Schwangerschaft während der gesetzlichen Mutterschutzfristen, d.h. 6 Wochen vor sowie 8 Wochen nach der Geburt, ist die (nichteheliche) Mutter besonders schutzbedürftig. Aus diesem Grunde steht ihr in dieser Zeit ein Unterhaltsanspruch gegenüber dem Vater zu. Tatbestandsvoraussetzung ist lediglich die bestehende Schwangerschaft und die Geburt.BeckOK BGB/ Reinken, 67. Ed. 01.08.2023, BGB,
16Der Unterhaltsanspruch setzt Bedürftigkeit der Mutter einerseits sowie Leistungsfähigkeit des Vaters andererseits voraus. Bedürftigkeitsmindernd wirken sich sowohl Lohnfortzahlungen des Arbeitgebers nach §§ 11, 13 MuSchG, Krankenkassenleistungen als auch Elterngeld unter den Voraussetzungen des
4. Unterhalt wegen Kosten der Schwangerschaft und Entbindung, § 1615l Abs. 1 S. 2 BGB
17Nach
18In Betracht kommen beispielsweise Kosten für Schwangerschaftsgymnastik, Umstandskleidung, ggf. einer Haushaltshilfe sowie für Arzt, Hebamme, Klinikaufenthalt und Medikamente.MüKoBGB/Langeheine, 9. Auflage 2024, BGB,
5. Unterhalt bei Erwerbslosigkeit der Mutter wegen Schwangerschaft oder Krankheit, § 1615l Abs. 2 S. 1 BGB
19Ist die Mutter aufgrund der Schwangerschaft oder einer Krankheit nach der Geburt an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert, steht ihr ein Unterhaltsanspruch nach
6. Unterhalt wegen der Betreuungsbedürftigkeit des Kindes, § 1615l BGB Abs. 2 S. 2 BGB
20Neben dem Unterhaltsanspruch der Mutter bei Erwerbslosigkeit der Mutter wegen Schwangerschaft oder Krankheit steht ihr auch ein Unterhaltsanspruch wegen der Betreuungsbedürftigkeit des Kindes nach
7. Dauer des Unterhaltsanspruchs
21Bei der Anspruchsdauer wird zwischen den ersten drei Lebensjahren des Kindes einerseits (§1615l Abs. 2 S. 3 BGB) und der Zeit hiernach andererseits (§1615l Abs. 2 S. 4 BGB) unterschieden.
8. Basiszeitraum, § 1615l Abs. 2 S. 3 BGB
22In den ersten drei Jahren (Basiszeitraum) besteht für die Mutter keine Erwerbsobliegenheit.BeckOK BGB/ Reinken, 67. Ed. 01.08.2023, BGB,
Unterhalt über drei Jahre hinaus, § 1615l Abs. 2 S. 4 BGB
23Ein Unterhaltsanspruch der Mutter nach der Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes (Verlängerungsunterhalt) besteht, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht,
24Grundsätzlich tritt mit der Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes eine Erwerbsobliegenheit der Mutter ein. Nicht erwartet werden kann die unmittelbare Aufnahme einer Vollzeittätigkeit, aber ein stufenweiser Übergang von einer Teilzeittätigkeit zur Vollzeittätigkeit.BT-Drs. 16/6890, 9; BeckOK BGB/ Reinken, 67. Ed. 01.08.2023, BGB,
25Bei der Abwägung sind insbesondere kindbezogene Gründe zu berücksichtigen. Die „Belange des Kindes“ sind immer dann berührt, wenn das Kind in besonderem Maße betreuungsbedürftig ist.BT-Drs. 16/6890, 9 In Betracht kommt eine gesteigerte Betreuungsbedürftigkeit des Kindes aufgrund einer Behinderung, chronischen Erkrankung, Entwicklungsstörung oder psychischen Belastung.BeckOK BGB/ Reinken, 67. Ed. 01.08.2023, BGB,
26Hierneben sind die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Sofern solche tatsächlich vor Ort zur Verfügung stehen, sind diese von der Mutter in Anspruch zu nehmen. Es besteht kein Vorrang der Betreuung durch die Eltern gegenüber einer anderen kindgerechten Drittbetreuung mehr.BeckOK BGB/ Reinken, 67. Ed. 01.08.2023, BGB,
27Auf Seiten des betreuenden Elternteils muss berücksichtigt werden, dass er das Kind zu den Betreuungseinrichtungen bringen und wieder abholen muss. Gleiches gilt für Fahrtzeiten für Freizeitaktivitäten außerhalb des Kindergartens, zu denen das Kind gebracht und wieder abgeholt werden muss.BeckOK BGB/ Reinken, 67. Ed. 01.08.2023, BGB,
28In die Abwägung einzubeziehen sind auch elternbezogene Gründe. Solche liegen beispielsweise vor, wenn die Eltern zuvor in einer dauerhaften Lebensgemeinschaft mit dem gemeinsamen Kind gelebt und sich hierauf eingestellt haben und der betreuende Elternteil zum Zwecke der Kinderbetreuung seine Erwerbstätigkeit aufgegeben hat oder mehrere gemeinsame Kinder betreut. Solche Umstände können als Maßstab, ebenso wie auch die Dauer der Lebensgemeinschaft, für das gegenseitige Vertrauen und das Füreinander-Einstehen-Wollen herangezogen werden.BT-Drs. 16/6890, 10
9. Höhe des Unterhalts
29Die Höhe des Unterhaltsanspruchs ermittelt sich nach der Lebensstellung der Mutter. Für die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs sind die Einkommensverhältnisse des Vaters – anders als bei verheirateten Eltern – nicht maßgeblich. Es kommt maßgeblich auf die Lebensstellung der Mutter vor der Geburt an. Der Unterhaltsanspruch wird aber gleichwohl durch die Leistungsfähigkeit des Vaters, insbesondere dem Halbteilungsgrundsatz begrenzt.
a) Bedarf des Unterhaltsberechtigten
30Der Unterhaltsbedarf des betreuenden Elternteils richtet sich nach dessen eigener Lebensstellung vor der Geburt, §
31An dieser Stelle unterscheidet sich der Unterhaltsanspruch mithin wesentlich von dem Unterhaltsanspruch verheirateter Eltern, bei denen der Unterhaltsbedarf des betreuenden Elternteils nach den ehelichen Lebensverhältnissen, d.h. den Einkommensverhältnissen, beider Eheleute ermittelt wird. Etwas anderes ergibt sich auch nicht für den Fall, dass die unverheirateten Eltern vor der Trennung eine nichteheliche Lebensbeziehung geführt und über einen längeren Zeitraum zusammengelebt haben. Der betreuende Elternteil partizipiert mithin nicht an den Lebensverhältnissen des Unterhaltsverpflichteten; es kommt allein auf seine eigenen Einkommensverhältnisse an.BGH, Urteil vom 16.07.2008 - XII ZR 109/05= NJW 2008, 3125 = BeckRS 2008, 17063
32Eine Ausnahme besteht lediglich für den Fall, dass die Mutter neben den nichtehelichen Kindern auch eheliche Kinder betreut (und zwar von mehreren Vätern, also zunächst von Ihrem Ehemann und später von dem Vater des gemeinsamen nichtehelichen Kindes) und auf der Grundlage der ehelichen Lebensverhältnisse nach
33Der Bedarf richtet sich grundsätzlich nach dem Einkommen, das die Mutter ohne die Geburt ihres Kindes zur Verfügung hätte. Zu berücksichtigen sind auch Gehaltssteigerungen, die der betreuende Elternteil ohne die Geburt und die Betreuung des gemeinsamen Kindes erhalten hätte.BGH, Urteil vom 15.5.2019 – XII ZB 357/18 = NJW 2019, 2392
34In jedem Fall darf der Unterhaltsbedarf nicht unter dem Existenzminimum liegen. Als Grenze hierfür wird der in der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle ausgewiesene notwendige Selbstbehalt eines nicht erwerbstätigen Unterhaltsverpflichteten herangezogen.BGH, Urteil vom 16.12.2009 - XII ZR 50/08 = FamRZ 2010, 357 = DNotZ 2010, 784 Nach der derzeit gültigen Düsseldorfer Tabelle für das Jahr 2024 beläuft sich dieser auf 1.200,00 € monatlich, vgl. jeweils aktuelle Düsseldorfer Tabelle unter D. II.
35Der Unterhaltsbedarf wird begrenzt durch den Halbteilungsgrundsatz.BGH, Urteil vom 15.12.2004 - XII ZR 121/03 = NJW 2005, 818 Das bedeutet, dass dem betreuenden Elternteil zusammen aus seinen eigenen Einkünften sowie dem Unterhalt nicht mehr zur Verfügung stehen darf, als dem Unterhaltsverpflichteten verbleibt.
36Ist der betreuende Elternteil innerhalb des Basiszeitraums der ersten drei Lebensjahre des Kindes erwerbstätig, sind die hieraus erzielten Einkünfte zwar überobligatorisch, sind aber bei der Bedarfsermittlung nach den Umständen des Einzelfalls jedenfalls anteilig zu berücksichtigen.BGH, Urteil vom 18. 3. 2009 - XII ZR 74/08 = FamRZ 2009, 770 = DNotZ 2009, 851 Bei der erforderlichen Abwägung ist zu berücksichtigen, wie die Betreuung während dieser Zeit konkret geregelt ist, welche Hilfen dem betreuenden Elternteil zur Verfügung stehen und ob diesem dafür gegebenenfalls zusätzliche Betreuungskosten entstehen. Zu berücksichtigen ist auch, wie die Kindesbetreuung mit den konkreten Arbeitszeiten unter Berücksichtigung der erforderlichen Fahrzeiten zu vereinbaren ist und ob das Kind anderweitig beaufsichtigt wird. Mit einzubeziehen in die Abwägung ist auch die Frage, ob der betreuende Elternteil die Erwerbstätigkeit seit der Geburt des Kindes aus freien Stücken wieder aufgenommen hat oder ob die Arbeitsaufnahme durch eine wirtschaftliche Notlage veranlasst war. Denn die freiwillige Ausübung einer Berufstätigkeit kann ein maßgebendes Indiz für eine vorhandene tatsächliche Arbeitsfähigkeit im konkreten Einzelfall sein.BGH, Urteil vom 15.12.2004 - XII ZR 121/03 = NJW 2005, 818
37Es steht dem betreuenden Elternteil aber in den ersten drei Jahren des Kindes Zeit frei, eine überobligatorisch ausgeübte Erwerbstätigkeit jederzeit wieder zu reduzieren oder einzustellen, um sich der Erziehung und Betreuung des Kindes zu widmen.BGH, Urteil vom 18. 3. 2009 - XII ZR 74/08 = FamRZ 2009, 770 = DNotZ 2009, 851; BGH, Urteil vom 13.04.2005 - XII ZR 273/02 = FamRZ 2005, 1154
b) Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten
38Der Unterhaltsanspruch setzt die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten voraus, §
39Ein etwaig zu leistender vorrangiger Kindesunterhalt ist mit dem jeweils gültigen Zahlbetrag vorab von dem Einkommen in Abzug zu bringen.BGH, Beschluss vom 02.10.2013 - XII ZB 249/12 = NJW 2013, 3578 = BeckRS 2013, 18786
40Der Unterhaltsverpflichtete ist berechtigt, auch die Vorsorgeaufwendungen für seine primäre sowie sekundäre Altersvorsorge einkommensmindernd geltend zu machen.
41Dem Unterhaltsverpflichteten muss in jedem Fall der angemessene Selbstbehalt verbleiben (nach der Düsseldorfer Tabelle 2024, D. II. für Erwerbstätige derzeit 1.600,00 €, für nicht Erwerbstätige derzeit 1.475,00 €).
42Für den Fall der Leistungsunfähigkeit greift keine Ersatzhaftung der Eltern des nichtbetreuenden Elternteils, da diese nicht mit dem betreuenden Elternteil verwandt sind. Vielmehr haften für diesen Fall die Eltern des betreuenden Elternteils, §§ 1601, 1607 BGB.
c) Mehrere Unterhaltsverpflichtete
43Neben dem nicht betreuenden Elternteil kommen als Unterhaltsverpflichtete auch die Eltern des betreuenden Elternteils in Betracht. Diese haften allerdings gegenüber dem nicht betreuenden Elternteil nachrangig,
44Der Anspruch nach
45Ausnahmsweise kann auch eine Abweichung der sich hieraus ergebenden Quoten gerechtfertigt sein. Im Einzelfall können andere Umstände, insbesondere die Anzahl, das Alter, die Entwicklung sowie die Betreuungsbedürftigkeit der jeweiligen Kinder von Bedeutung sein.BGH, Urteil vom 16.07.2008 – XII ZR 109/05 = NJW 2008, 3125 = BeckRS 2008, 17063 Ist der betreuende Elternteil wegen eines jüngeren Kindes an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert, wohingegen sie wegen des fortgeschrittenen Alters eines anderen Kindes bereits die Obliegenheit treffen würde, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, kann es angemessen sein, dass der nichtbetreuende Elternteil des vermehrt betreuungsbedürftigen Kindes in entsprechend höherem Umfang, ggf. auch allein, zum Unterhalt für den betreuenden Elternteil herangezogen wird.BGH, Urteil vom 16.07.2008 – XII ZR 109/05 = NJW 2008, 3125 = BeckRS 2008, 17063
46Eine anteilige Haftung besteht auch dann, wenn mehrere nach
d) Rangverhältnis der Unterhaltsberechtigten
47Bei Vorliegen mehrerer Unterhaltsberechtigter folgt aus
10. Betreuungsunterhalt des Vaters, § 1615l Abs. 4 BGB
48Betreut der Vater das Kind nach der Geburt, kann dieser gegenüber der Mutter Betreuungsunterhalt nach
49Für den Fall, dass die Betreuung bereits innerhalb der ersten 8 Wochen nach der Geburt des Kindes durch den Vater erfolgt – im Rahmen dessen sich der Unterhaltsanspruch der Mutter aus
11. Unterhalt für die Vergangenheit
50Für die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit greifen aufgrund der Verweisung auf die Vorschriften zum Verwandtenunterhalt in
51Bei einem zu langen Zuwarten des betreuenden Elternteils mit der Aufforderung zur Vaterschaftsanerkennung bzw. Vaterschaftsfeststellung sowie anschließender Unterhaltsdurchsetzung kann Verwirkung des rückständigen Unterhaltsanspruchs eintreten.
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
1. Verjährung
52Der Unterhaltsanspruch nach
2. Verwirkung
53Die Voraussetzungen für die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach