1§ 31a BGB wurde durch das Gesetz zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen vom 28.09.2009 (BGBl I 2009, 3161) eingeführt und trat am 03.10.2009 in Kraft. In der Folge wurde insbesondere die Obergrenze der Vergütung in § 31a I 1 BGB von ursprünglich EUR 500,00 mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts vom 21.03.2013 auf EUR 720,00 und im Rahmen des Siebten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuern vom 30.03.2021 auf die aktuelle Obergrenze in Höhe von EUR 840,00 angepasst. Hintergrund der Einführung des § 31a BGB aber auch der seitdem erfolgten Änderungen ist der Wille des Gesetzgebers, die Bereitschaft für ehrenamtliches Engagement gerade im Rahmen der Übernahme von Leitungsfunktionen in Vereinen zu fördern.
a) Normzweck
2§ 31 BGB bestimmt, dass der Verein für den Schaden verantwortlich ist, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.
§ 31 BGB regelt die sogenannte Außenhaftung des Vereins gegenüber Dritten. Hat ein Organmitglied des Vereins im Rahmen seiner Amtsausübung einen Dritten geschädigt, so haftet der Verein dem Dritten gegenüber für den durch das Vorstandsmitglied beim Dritten verursachten Schaden. Diese Haftung gründet auf der Tatsache, dass dem Verein aufgrund der Organstellung des Vorstands alle rechtsgeschäftlichen und tatsächlichen Handlungen der Organmitglieder und besonderen Vertreter (§ 30 BGB) und damit auch die zum Schadensersatz verpflichtenden Handlungen zugerechnet werden.Ehlers, NJW 2011, 2690
Das Organmitglied oder der besondere Vertreter (§ 30 BGB) eines Vereins ist diesem gegenüber aus den allgemeinen Regeln der §§ 27 III, 664, 280 I BGB für jede Pflichtverletzung im Rahmen der Amtsausübung verantwortlich. Über die Regelung in § 276 I BGB hat das Organmitglied bzw. der besondere Vertreter (§ 30 BGB) sowohl Vorsatz als auch jede Form der Fahrlässigkeit zu vertreten.Pieper, WM 2011, 2211
Demgegenüber regelt § 31a I BGB grundsätzlich die Haftung des Organmitglieds gegenüber dem Verein für die durch das Handeln oder das Unterlassen des Organmitglieds dem Verein entstandenen Schaden (Innenhaftung). Sind die Organmitglieder oder besonderen Vertreter (§ 30 BGB) unentgeltlich für den Verein tätig oder erhalten sie eine jährliche Vergütung, die den gesetzlich bezifferten Betrag von EUR 840,00 nicht übersteigt, haften sie dem Verein gegenüber nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.
Im Falle des Vorliegens einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Amtspflichtverletzung durch ein Organmitglied gilt dessen Haftung gegenüber dem Verein unverändert fort. Auf die Frage der Unentgeltlichkeit kommt es bei einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung durch das Organmitglied oder den besonderen Vertreter (§ 30 BGB) nicht an. Anknüpfungspunkt bei der Beurteilung der Haftung ist damit nicht die Pflichtverletzung des Organmitglieds bzw. des besonderen Vertreters (§ 30 BGB), sondern der Verschuldensgrad. Liegt eine vorsätzliche oder aber eine grob fahrlässige Pflichtverletzung vor, haftet das Organmitglied dem Verein gegenüber für den entstandenen Schaden.MüKoBGB/Leuschner BGB § 31a Rn. 11
Durch § 31a I 2 BGB wird klargestellt, dass die Haftungsprivilegierung der Organmitglieder und besonderen Vertreter (§ 30 BGB) auch gegenüber den Mitgliedern des Vereins gilt. Dadurch wird sichergestellt, dass es zu keiner Umgehung der in § 31a I 1 BGB geregelten Haftungsprivilegierung kommt. Denn ohne diese Klarstellung, dass die Haftungsprivilegierung der Organmitglieder und der besonderen Vertreter (§ 30 BGB) auch gegenüber einer Inanspruchnahme durch Mitglieder des Vereins gilt, würde diese umgangen werden können, indem z.B. einzelne Mitglieder anstelle des Vereins das Organmitglied oder den besonderen Vertreter (§ 30 BGB) in Anspruch nehmen.
Abgerundet wird die Haftungsprivilegierung zugunsten ehrenamtlicher Organmitglieder und besonderer Vertreter (§ 30 BGB) durch den in § 31a II BGB geregelten Befreiungsanspruch/Freistellungsanspruch. Sollten die nach § 31a I BGB privilegierten Organmitglieder und besonderen Vertreter (§ 30 BGB) durch einen Dritten in Anspruch genommen werden, der durch die Wahrnehmung der Leitungsfunktion der Privilegierten geschädigt wurde, können die Privilegierten gegenüber dem Verein die Befreiung von dieser Verbindlichkeit verlangen.
Für die Haftungsprivilegierung von Vereinsmitgliedern, die nicht als Mitglied eines Vereinsorgans oder als besonderer Vertreter (§ 30 BGB) tätig werden, gilt § 31b BGB.
b) Anwendungsbereich
3Insbesondere die Übernahme eines Vorstandsamts in einem eingetragenen Verein ist mit erheblichen Haftungsrisiken verbunden. Bei der Frage der Haftung ist es unerheblich, ob das Amt ehrenamtlich oder hauptamtlich, unentgeltlich oder aber entgeltlich ausgeübt wird. Die Haftung ist ausschließlich mit der Amtsausübung verknüpft.
Aufgrund des eindeutigen Wortlauts ist der Anwendungsbereich des § 31a BGB nicht allein auf Vorstandsmitglieder im Sinne des § 26 BGB begrenzt. Begünstigt sind vielmehr neben dem Vorstand auch andere Vereinsmitglieder mit Leitungsverantwortung, wenn auch deren Tätigkeit unentgeltlich erfolgt bzw. wenn eine hierfür gewährte Vergütung den gesetzlich bestimmten Höchstbetrag – aktuell EUR 840,00 – nicht übersteigt.
c) Erweiterung des Haftungsprivilegs durch die Satzung
4§ 40 I BGB bestimmt unter anderem, dass die Vorschrift des § 31a I 2 BGB insoweit keine Anwendung findet, als die Satzung ein anderes bestimmt. Damit kann lediglich die Haftungsprivilegierung der Organmitglieder oder besonderen Vertreter (§ 30 BGB) durch eine Regelung in der Satzung des Vereins vom Gesetz abweichend geregelt werden. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass von den Regelungen in § 31a I 1 und 3 BGB bzw. in § 31a II BGB durch die Satzung des Vereins nicht abgewichen werden darf.
§ 31a I 1 BGB gewährleistet einen Mindestschutz des Organmitglieds bzw. des besonderen Vertreters (§ 30 BGB) bei dessen Haftung dem Verein gegenüber. Daher wird die Auffassung vertreten, dass von diesem Mindestschutz der Organmitglieder bzw. des besonderen Vertreters (§ 30 BGB) dann abgewichen werden darf, wenn der Schutzzweck durch die Satzung weiter ausgeweitet wird, indem die Satzung z.B. regelt, dass der Amtsträger nur für Vorsatz haftet.OLG Nürnberg, Beschluss vom 13. 11. 2015 – 12 W 1845/15 Eine solche über den gesetzlichen Schutzweck zu Gunsten der Geschützen hinausgehende Satzungsregelung wird, weil für diese vorteilhaft, als zulässig angesehen. Die Satzung weicht nicht zum Nachteil des geschützten Personenkreises vom Mindestschutz ab. Vielmehr erweitert sie diesen.
Eine solche Satzungsregelung könnte wie folgt formuliert werden:
Sämtliche im Verein ausgeübten Ämter sind Ehrenämter. Für Schäden, die Organmitglieder oder besondere Vertreter in Ausführung ihres Amtes verursacht haben, haften diese nur bei Vorsatz.
d) Abdingbarkeit der Haftung durch Vertrag
5Sollte ein Organmitglied oder besonderer Vertreter (§ 30 BGB) neben seiner organrechtlichen Bestellung auch schuldrechtlich vom Verein angestellt sein, kann das Haftungsprivileg aus § 31a BGB durch eine individualrechtliche Regelung im Anstellungsvertrag dem Verein gegenüber abbedungen werden.Pieper, WM 2011, 2213 § 40 BGB greift in diesem Fall nicht ein. Diese Vorschrift ist allein auf eine vom Gesetz in zulässiger Weise abweichende Satzungsregelung anzuwenden.Münchner Kommentar zum BGB, 9. Aufl. (2021); § 31a Rn. 22