§ 648 Kündigungsrecht des Bestellers
Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Es wird vermutet, dass danach dem Unternehmer 5 vom Hundert der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
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Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
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Die Vorschrift spricht dem Besteller im Werkvertragsrecht ein besonderes Kündigungsrecht zu. Im Unterschied zu dem allgemeinen Kündigungsrecht bei Dauerschuldverhältnissen nach §
2) Definitionen
a) Voraussetzungen des § 648 S. 1 BGB
aa) Werkvertrag
3Es bedarf zunächst des Abschlusses eines wirksamen Werkvertrages.MüKOBGB/Busche, BGB, Aufl. 8 (2020),
Ein solcher Werkvertrag kann insbesondere auch ein (Luft-)Personenbeförderungsvertrag sein. Der BGH stellte klar, dass die Vorschriften des Werkvertrages auch auf den (Luft-)Personenbeförderungsvertrag anwendbar sind.
So stellte der BGH in seiner Entscheidung vom 21.12.1973 – IV ZR 158 / 72 fest: „Unzweifelhaft ist allgemein der entgeltliche Transportvertrag nach deutschem Recht Werkvertrag. Der Luftbeförderungsvertrag weist (…) keine Besonderheiten auf, die eine abweichende rechtliche Qualifizierung erforderlich machen könnten. (…) Das - auch bei der Personenbeförderung zu Land und Wasser gegebene - Vorkommen atypischer, auf unentgeltliche Beförderung gerichteter Beförderungsverträge rechtfertigt es nicht, die Qualifizierung des entgeltlichen Luftbeförderungsvertrags als Werkvertrag aufzugeben.“BGH, Urt. v. 21.12.1973, NJW 1974, 852 (853); diese Rspr. gilt bis heute, vgl. Ehlen/Quarch, NZV 2018, 117 |
bb) Kündigung
(1) Form der Kündigung
4Ferner bedarf es einer wirksamen Kündigung. Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung.Jauernig/Mansel, BGB, Aufl. 17 (2018),
(2) Frist der Kündigung
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Die Kündigung ist demnach von Beginn des Vertrages an möglich.BeckOK/Voit, BGB, Edit. 55 (2020),
Das Kündigungsrecht erlischt mit Vollendung des Werkes. Inwiefern ein Werk vollendet ist, bestimmt sich nach den für
Die freie Kündigung nach
b) Rechtsfolgen der § 648 S. 2 BGB und § 648 S. 3 BGB
6Die Rechtsfolgen der §
aa) Rechtsfolgen des § 648 S. 2 BGB
7Durch die freie Kündigung des Bestellers wird der Unternehmer für die Zukunft von seiner Leistungspflicht befreit.BGH, Urt. v. 20.03.2018, NJW 2018, 2039 (2040) Da der Unternehmer keinerlei Einfluss auf die freie Kündigung durch den Besteller hat, regelt
(1) Vergütung von erbrachten Leistungen
8Für die bereits erbrachten Leistungen behält der Unternehmer den diesbezüglichen Vergütungsanspruch.BGH, Urt. v. 20.03.2018, NJW 2018, 2039 (2040) Das bedeutet, dass der Unternehmer für das teilweise erbrachte Werk eine Teilvergütung geltend machen kann. Diese bestimmt sich nach
Hinsichtlich der im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht erbrachten Leistungen kann der Unternehmer eine anteilige Vergütung abzüglich der ersparten Aufwendungen geltend machen,BeckOK/Hau/Poseck, BGB, 55. Edition (2020),
(2) Vergütung von noch nicht erbrachten Leistungen
9Zur Bestimmung der Vergütungshöhe ist wie folgt vorzugehen: Zunächst muss die Gesamtvergütung für die erbrachten und die nicht erbrachten Leistungen ermittelt werden. Sofern keine Pauschalvergütung vereinbart wurde, obliegt es dem Unternehmer, die Gesamtvergütungshöhe darzulegen.BeckOK/Hau/Poseck, BGB, 55. Edition (2020),
bb) Rechtsfolgen des § 648 S. 3 BGB
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3) Abgrenzungen, Kasuistik
11Ein spezieller Anwendungsfall von
Kündigt der Flugpassagier vor dem Antritt, so kann er die Erstattung seiner Flugscheinkosten nach
Der Luftbeförderungsvertrag kann entweder ausdrücklich vor dem Abflug oder konkludent durch den Nichtantritt des Fluges gekündigt werden (sog. „no-show“).LG Frankfurt, Urt. v. 29.03.2017 - 2-24 S 138/16 Im Falle einer Kündigung steht dem Flugunternehmen nach
Dies betrifft Aufwendungen, die durch die Nichtausführung des Fluges gespart wurden.LG Kleve, Urt. v. 14.10.2020 – 2 O 252/19 Ersparte Aufwendungen stellen in diesem Fall die auf den betroffenen Fluggast entfallenden Steuern und Gebühren dar, die im Übrigen nach Art. 23 Abs. 1. (EG) VO 1008/2004 neben dem Ticketpreis für den Fluggast auszuweisen sind. Diese fallen nur an, wenn der Fluggast den Flug tatsächlich antritt.LG Berlin, Urt. v. 13.10.2020 – 51 O 133/18 Daher sind die Mehrwertsteuer, Flughafen-Entgelte, Gebühren sowie der Kerosinzuschlag ersparte Aufwendungen, die von dem Vergütungsanspruch abzuziehen sind.OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.7.2020 – I-16 U 99/20 (LG Düsseldorf), BeckRS 2020, 17095
4) Prozessuales
12Prozessrechtlich ist im Rahmen des
Im Wesentlichen trifft den Unternehmer die Darlegungs- und Beweispflicht. Er trägt die Beweislast für das Bestehen und die Höhe der Vergütung.MüKOBGB/Busche, BGB, Aufl. 8 (2020),