Schliessen
von Göler (Hrsg.) / Christoph Meyer / § 1361

§ 1361 Unterhalt bei Getrenntleben

(1) Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen; für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheitsschadens gilt § 1610a. Ist zwischen den getrennt lebenden Ehegatten ein Scheidungsverfahren rechtshängig, so gehören zum Unterhalt vom Eintritt der Rechtshängigkeit an auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

(2) Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.

(3) Die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 über die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit ist entsprechend anzuwenden.

(4) Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist monatlich im Voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt. § 1360a Abs. 3, 4 und die §§ 1360b, 1605 sind entsprechend anzuwenden.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

1§ 1361 BGB ist eine der zentralen Vorschriften des Unterhaltsrechts. Die Vorschrift regelt die Unterhaltsansprüche der Ehegatten ab dem Zeitpunkt der Trennung bis zur Rechtskraft der Scheidung.

Konkrete Vorgaben, in welcher Höhe Unterhalt geschuldet wird, enthält die Regelung nicht. Vielmehr wird nach dem Wortlaut der Vorschrift ein den ehelichen Lebensverhältnissen angemessener Unterhalt geschuldet. Dieser Unterhalt ist dabei grundsätzlich als Barunterhalt zu verstehen. Der Unterhalt ist monatlich im Voraus zu bezahlen. Der Unterhalt soll im eigentlichen Sinne des Wortes der „Unterhaltung“ des Lebens dienen. Deshalb dient der Unterhalt weder dazu, Vermögen aufzubauen, noch dazu, unangemessenen Luxus zu finanzieren.

In der Praxis wird der Unterhalt sich bei durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen vor allen Dingen am Einkommen beider Ehegatten orientieren. Der BGH hat hierzu den sog. Halbteilungsgrundsatz entwickelt, wonach beide Ehegatten in gleichem Maße an ihren finanziellen Mitteln teilhaben sollen, die nach Abzug der Verbindlichkeiten und des Kindesunterhalts für die persönliche Lebensführung zur Verfügung stehen. Da konkrete Regelungen im Gesetz fehlen, haben die Oberlandesgerichte sog. unterhaltsrechtliche Leitlinien herausgegeben, die neben dem Kindesunterhalt auch konkrete Vorgaben für die Ermittlung der Höhe des Ehegattenunterhalts enthalten. Diese Leitlinien haben zwar keinen Gesetzescharakter, werden jedoch üblicherweise von allen Gerichten sehr konsequent angewendet. Die Grundstruktur dieser Leitlinien ist in allen Bundesländern sehr ähnlich. Es gibt jedoch auch lokale Unterschiede. Hierdurch wird die Unterhaltsberechnung nicht uneinheitlicher, sondern auch komplexer. Die Einholung von fundiertem Rechtsrat ist daher für die Durchsetzung angemessener Unterhaltsansprüche unerlässlich.

Grundvoraussetzung für das Entstehen des Trennungsunterhaltsanspruches ist eine Trennung der Ehegatten. Bei einer tatsächlichen räumlichen Trennung (z.B. durch Auszug eines Ehegatten) ist die Trennung ohne Zweifel vollzogen. Schwieriger wird es, wenn beide Ehegatten gemeinsam noch für eine gewisse Zeit in der Ehewohnung leben. In diesen Fällen bereitet die Feststellung des tatsächlichen Trennungszeitpunkts oftmals Probleme, da die Rechtsprechung eine konsequente Trennung der Lebensbereiche fordert. Hierzu gehört insbesondere die Aufhebung/Beendigung jeglicher Gemeinsamkeiten in der Wohnung, wie z.B. das gemeinsame Einnehmen von Mahlzeiten, die Erledigung von Haushaltstätigkeiten für den anderen Ehegatten, die Weiterführung gemeinsamer Konten etc.

Geschuldet wird der Unterhalt grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt, in dem ein Ehegatte den anderen Ehegatten zur Zahlung des Unterhalts (zumindest aber zur Erteilung der Auskünfte zur Ermittlung der Unterhaltshöhe) aufgefordert hat. Der sich ergebende Unterhalt ist dann rückwirkend zum 1. des Monats, in dem die Zahlungsaufforderung erfolgte, zu bezahlen. Ein Unterhaltsanspruch für die Vergangenheit besteht hingegen grundsätzlich nicht. Voraussetzung für den Unterhaltsanspruch ist ferner die Bedürftigkeit desjenigen, der den Unterhaltsanspruch geltend macht.

Faktisch liegt eine solche Bedürftigkeit immer dann vor, wenn zwischen den Ehegatten ein Einkommens- und Vermögensgefälle besteht. Spiegelbildlich muss auf Seiten des Unterhaltsverpflichteten die Leistungsfähigkeit zur Zahlung des begehrten Unterhalts gegeben sein. Bei der Ermittlung des Einkommensgefälles (somit die Bedürftigkeit einerseits sowie der Leistungsfähigkeit andererseits) sind sämtliche Einnahmequellen beider Ehegatten zu berücksichtigen. Maßgeblich ist dabei nicht das zu versteuernde Einkommen, sondern der jeweilige tatsächliche Liquiditätszufluss. Schulden und Verbindlichkeiten können nur dann berücksichtigt werden, wenn sie bereits während des Zusammenlebens verursacht wurden. Nach der Trennung entstandene Verbindlichkeiten hingegen können nur in seltenen Ausnahmefällen Berücksichtigung finden (nämlich dann, wenn sie unvermeidbar waren). Neben dem Einkommen sind auch sog. „geldwerte Vorteile“ zu berücksichtigen. Zu nennen sind hier in erster Linie der Wohnvorteil für die Nutzung einer eigenen Immobilie sowie die Nutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge. Steuerzahlungen können grundsätzlich nur in dem Jahr berücksichtigt werden, in dem sie auch bezahlt werden (und nicht in dem Jahr, in dem sie entstanden sind).

Beide Ehegatten haben grundsätzlich eine vollschichtige Erwerbsobliegenheit. Hat jedoch ein Ehegatte während der Ehe nicht oder nicht vollschichtig gearbeitet, besteht im ersten Trennungsjahr grundsätzlich keine Verpflichtung zur Ausweitung dieser Tätigkeit. Einschränkungen der Pflicht zur vollschichtigen Erwerbstätigkeit bestehen ferner dann, wenn ein Ehegatte gemeinsame minderjährige Kinder erzieht.

Bei Verletzung der Erwerbsobliegenheit (unabhängig ob durch den Berechtigten oder Verpflichteten) wird grundsätzlich ein fiktives Einkommen berücksichtigt. Dieses fiktive Einkommen entspricht dabei dem Einkommen, das bei einer objektiv angemessenen (vollschichtigen) Erwerbstätigkeit erzielt werden könnte.

Auch der Trennungsunterhalt kann analog zum nachehelichen Unterhalt der Höhe nach beschränkt oder sogar bei grober Unwilligkeit ganz versagt werden. Der in der Praxis häufigste Grund für die Herabsetzung oder Versagung des Trennungsunterhalts ist dabei das Zusammenleben mit einem neuen Partner oder einer neuen Partnerin. Darüber hinaus kommt es gerade bei sehr konfliktträchtigen Scheidungen oft auch zu unberechtigten Strafanzeigen.

Auch dies kann zu einem Wegfall des Unterhaltsanspruchs führen. Es ist daher sehr große Zurückhaltung mit der Erstattung solchen Anzeigen geboten.

Grundsätzlich endet der Trennungsunterhaltsanspruch mit der Rechtskraft der Scheidung. Für die Durchsetzung der Ansprüche ist das Familiengericht zuständig. Der Trennungsunterhalt kann nicht im Rahmen des Scheidungsverfahrens geltend gemacht werden. Vielmehr ist hierzu ein eigenes Verfahren durchzuführen. Bei besonderer Eilbedürftigkeit kann im Eilverfahren eine einstweilige Anordnung zur vorläufigen Regelung der Trennungsunterhaltsansprüche durch das Amtsgericht erlassen werden.

Expertenhinweise

(für Juristen)


Fußnoten