§ 1585 Art der Unterhaltsgewährung
(1) Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist monatlich im Voraus zu entrichten. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Unterhaltsanspruch im Laufe des Monats durch Wiederheirat oder Tod des Berechtigten erlischt.
(2) Statt der Rente kann der Berechtigte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und der Verpflichtete dadurch nicht unbillig belastet wird.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
Unterhalt soll grundsätzlich monatlich im Voraus als Geldrente gezahlt werden. Die geschiedenen Ehegatten können aber einvernehmlich eine anderweitige Leistungsform regeln, wonach Unterhalt durch Überlassung einer Wohnung oder durch Begründung eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden kann.
Ist der Unterhalt in Form einer Geldrente zu erbringen, ist diese grundsätzlich in bar zu erfüllen. Statt einer monatlichen Barübergabe kann auch eine Überweisung auf ein Konto des Berechtigen erfolgen. Hierzu ist aber das Einverständnis des Berechtigen erforderlich, welches in der Regel darin gesehen wird, dass dieser die für eine Überweisung erforderlichen Kontendaten mitteilt.
Der Unterhalt ist im Voraus jeweils zum 1. Kalendertag eines jeden Monat zu entrichten. Da es sich – nach herrschender Meinung – um eine sog. Schickschuld handelt, ist es ausreichend, wenn der Unterhaltspflichtige die Überweisung zum 1. Kalendertag ausführen lässt. Auf den Tag der Gutschrift auf dem Konto des Unterhaltsberechtigten kommt es nach dieser Auffassung nicht an. Da der Unterhaltsberechtigte aber in der Regel bereits zum Monatsanfang mit dem Unterhalt laufende Verbindlichkeiten wie Zahlung der Miete erfüllen muss, sollte aus Sicht des Berechtigten bereits bei Einforderung des Unterhaltsanspruches als Zahlungsziel der Eingang des Unterhaltsbetrages bei dem Unterhaltsberechtigten am 1. Kalendertag eines jeden Monats genannt werden.
Vorauszahlungen auf den geschuldeten Unterhalt kann der Unterhaltsberechtigte nicht fordern.
Der Unterhaltspflichtige seinerseits kann aber Vorauszahlungen leisten, wobei der höchstrichterliche Rechtsprechung den Zeitraum, für den ein Berechtigter ein Vorauszahlung akzeptieren muss, auf 6 Monate begrenzt hat.
Der Unterhaltspflichtige darf aber grundsätzlich nicht mit eigenen Forderungen gegen den Unterhaltsanspruch des Berechtigten aufrechnen.
Heiratet der Unterhaltsberechtigte oder stirbt er, erlischt der Unterhaltsanspruch. Der Verpflichtete schuldet in diesem Fall den vollen Monatsbetrag und kann nicht taggenau für diesen Monat seine Unterhaltsschuld berechnen, und daher auch nicht zu viel gezahlten Unterhalt zurückfordern.
Der Unterhaltsanspruch erlischt ferner durch eine wirksame und dem Verpflichteten zumutbare Zahlung eines Abfindungsbetrages, welchen der Berechtigte – nicht dagegen der Verpflichtete – jederzeit und damit auch schon nach Erhalt von Unterhaltsleistungen einfordern kann.
Ein wichtiger Grund auf Seiten des Bedürftigen liegt vor, wenn er das Geld z.B. für den Aufbau einer selbständigen Lebensstellung, zur Bestreitung von Ausbildung-, Fortbildungs- und Weiterbildungskosten oder zum Kauf einer Liegenschaft, mit der er seinen Wohnbedarf decken kann, benötigt oder wenn er auswandern will. Kriterium hier ist u.a., ob der Berechtigte die aufzubringenden Kosten nicht aus seinem laufenden Unterhalt leisten kann, sondern auf einen größeren Einmalbetrag angewiesen ist.
Die Abfindung kann aber auch verlangt werden, wenn der Unterhaltspflichtige ständig in Verzug mit den Unterhaltszahlungen ist, ständig seinen Wohnsitz wechselt oder sogar ins Ausland ziehen will. Als wichtiger Grund wird auch angesehen, wenn der Pflichtige neu heiraten will und sich dadurch eine Verschlechterung der Leistungsfähigkeit bzw. der Rangfolge aus Sicht des Berechtigten ergeben würde.
Allein die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist aber kein wichtiger Grund, mit dem die Einforderung einer Abfindung gerechtfertigt werden kann.
Die Höhe der Abfindung richtet sich nach Höhe und voraussichtlicher Dauer der Unterhaltsleistungen, der Einpreisung der zukünftigen Erwerbsmöglichkeiten des Unterhaltsberechtigten und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen, und auch der Möglichkeit einer Wiederverheiratung des Berechtigten.
Da der Abfindungsanspruch kein Unterhaltsanspruch mehr ist, greifen die Vorschriften zum Pfändungsschutz und zum Pfändungsvorrecht nicht mehr. Der Anspruch ist pfändbar und abtretbar.
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
1Normzweck
Der laufend geschuldete Unterhalt soll grundsätzlich monatlich im Voraus als Geldrente gezahlt werden, um dem Bedürftigen damit die Finanzierung seines laufenden Lebensbedarfes zu ermöglichen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der unterhaltsberechtigte Ehegatte auch eine Kapitalabfindung anstelle des laufenden Unterhalts verlangen.
Die Regelung des
2) Definitionen
2Regelungsinhalt
3a. Zahlung als Geldrente
Der nacheheliche Unterhalt ist grundsätzlich als Geldrente zu zahlen. Weder kann der Unterhaltspflichtige einseitig bestimmen, diesen in bar geschuldeten Unterhalt abweichend durch eine andere Form der Unterhaltsgewährung erfüllen zu dürfen, noch kann der Unterhaltsberechtigte eine Erfüllung in anderer Form fordern.
Die geschiedenen Ehegatten können aber nach
Ist der Unterhalt als Geldschuld zu erbringen, ist dieser in bar zu erfüllen. Statt einer monatlichen Barübergabe kann die Erfüllung durch Überweisung auf ein Konto des Berechtigen erfolgen. Der Berechtigte ist aber nicht verpflichtet, eine solche Überweisung als Erfüllung anzunehmen. Hat der Berechtigte jedoch sein Konto als Zahlungsziel bekannt gegeben und/oder hat er schon bei früheren Zahlungen Überweisungen widerspruchslos hingenommen, wird von einem Einverständnis ausgegangen. Ansonsten stellt die Überweisung keine Erfüllung dar, sondern nur eine Leistung an Erfüllung statt, welche der Berechtigte nicht verpflichtet ist, anzunehmen.NK-BBB/Sanders
Eine Verweigerung der Annahme an Erfüllung statt kann z.B. dann von Relevanz sein, wenn der Verpflichtete auf ein überzogenes Girokonto des Berechtigten zahlt und die Bank die Zahlung zur Tilgung des Solls verwendet mit der Folge, dass der Berechtigte über den gezahlten Unterhalt nicht oder nur noch zum Teil verfügen kann.
4b. Aufrechnungsverbot
Der Verpflichtete kann seine Unterhaltsschuld nicht durch Aufrechnung erfüllen. Gesetzliche Unterhaltsrenten sind nach
Steht dem Unterhaltsberechtigten aus dem begrenzten Realsplitting eine Steuererstattung gegen den Unterhaltspflichtigen zu, darf der Unterhaltspflichtige auch hier nicht mit seiner Unterhaltsverpflichtung gegen den Erstattungsanspruch des Unterhaltsberechtigten aufrechnen. BGH vom 29.01.1997 – XII ZR 221/95 -, FamRZ 1997, 544
5c. Fälligkeit: Zahlung im Voraus
Der Unterhalt ist grundsätzlich im Voraus zum jeweils 1. Kalendertag eines Monats zu zahlen. Nach h.M. ist der Unterhalt als Geldschuld eine qualifizierte Schickschuld nach
Diese h.M. wird aber gerade bezogen auf das Unterhaltsrecht zu Recht als nicht sachgerecht gewertet.NK-BGB/Sanders
Es ist daher anzuraten, dass im Fall einer Einigung zwischen den Parteien ein Zeitpunkt vereinbart wird, an dem der Berechtigte über den Unterhalt verfügen soll. Im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung sollte bereits im Rahmen des Zahlungsantrages mitbeantragt werden, an welchem Kalendertag der geschuldete Unterhalt auf dem Konto des Unterhaltsberechtigten eingegangen sein muss.
6d. Verzug
Wird eine monatliche Unterhaltsrente nicht rechtzeitig gezahlt, entsteht automatisch ein Verzug nach den §§ 287, 288, 246 BGB.
Im gerichtlichen Verfahren sind die Unterhaltsschulden zwar stets ab Rechtshängigkeit zu verzinsen,
Ohne Ausspruch einer Verzugsregelung im Titel wird auch eine Vollstreckung der Verzugszinsen nicht oder nur mit sehr großen Schwierigkeiten verbunden sein.
7e. Vorauszahlungen auf den geschuldeten Unterhalt
Der Unterhaltsgläubiger kann keine Vorauszahlungen verlangen. Der Unterhaltspflichtige kann jedoch durch einseitige Bestimmung den Unterhalt für einen Zeitraum von bis zu 6 Monaten im Voraus entrichten, der Berechtigte muss dies akzeptieren.BGH NJW 1993, 2105, Schulz/Hauß/Ganz
8f. Erlöschen des Unterhaltsanspruches
Heiratet der Unterhaltsberechtigte oder stirbt er, erlischt der Unterhaltsanspruch nach
Offen ist, ob diese Vorschrift auch auf andere Unterhaltsansprüche angewendet werden kann. Hier wird nach den einzelnen Anspruchsgrundlagen differenziert.
Eine analoge Anwendung wird bejaht, wenn der Anspruch wegen Betreuung eines Kindes (Anspruch nach
Eine analoge Anwendung auf den Wegfall eines Anspruches nach
Richtig ist es aber, eine analoge Anwendung auf den Fall des Wegfalles eines Unterhaltsanspruches nach
9g. Kapitalabfindung, § 1585 Abs. 2 BGB
Der Berechtigte – nicht dagegen der Verpflichtete – kann jederzeit, und damit auch schon nach dem mehrfachen Erhalt von Unterhaltsleistungen eine Abfindung seines Unterhaltsanspruches verlangen. Es erfolgt insoweit nur eine Abfindung der zukünftigen Ansprüche.
Der Berechtigte muss diese Forderung gegenüber dem Verpflichteten als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung geltend machen.
10(1) Wichtiger Grund
Liegt ein wichtiger Grund vor und ist dem Pflichtigen die Zahlung einer Abfindung zumutbar bzw. einigen sich die Parteien auf die Zahlung einer Abfindung, kann der Berechtigte ab diesem Zeitpunkt nur noch die Abfindung verlangen, nicht mehr aber die monatlichen Zahlungen der bisherigen Unterhaltsrente. Denn mit dem wirksamen Zugang des Verlangens auf Zahlung einer Unterhaltsrente erlischt der Anspruch auf laufenden Unterhalt.
Ein wichtiger Grund auf Seiten des Bedürftigen liegt vor, wenn er das Geld z.B.:
- Für den Aufbau einer selbständigen Lebensstellung;
- für den Kauf oder zur Gründung seines Erwerbsgeschäfts;
- zur Beteiligung an einem Unternehmen;
- zur Bestreitung von Ausbildung-, Fortbildungs- und Weiterbildungskosten;
- zum Kauf einer Liegenschaft, mit der er seinen Wohnbedarf ganz oder teilweise decken kann,
benötigt; oder
- wenn er auswandern will.
Maßgebendes Kriterium ist somit, ob der Berechtigte mit der geforderten Kapitalabfindung zukünftig einen Bedarf ganz oder zumindest teilweise decken kann. Auch ist abzuwägen, ob der Berechtigte die aufzubringenden Kosten aus seinem laufenden Unterhalt leisten könnte oder auf einen größeren Einmalbetrag angewiesen ist.
Die Forderung auf Zahlung einer Kapitalabfindung kann aber auch aus Gründen erfolgen, welche in der Sphäre des Pflichtigen liegen. Dies wäre z.B.:
- Ständiger Verzug mit den Unterhaltszahlungen;
- Gefahr der Verschleuderung von Vermögen, welche als Einkommenssurrogat dient;
- zu erwartende Schwierigkeiten der Durchsetzung des Unterhaltsanspruches aufgrund eines ständigen Wohnsitzwechsels oder eines Wohnsitzes im Ausland;
- eine beabsichtige Wiederheirat mit dem Risikos eines bevorrechtigten Ehegatten;
- die Geburt eines Kindes, die Adoption eines Kindes.
Kein wichtiger Grund ist die Wertung, dass es dem Pflichtigen aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse leicht fallen würde, den Abfindungsbetrag zu zahlen. Diese Abwägung wird allein im Rahmen der Wertung, ob die Zahlung der Abfindung für den Pflichtigen unbillig wäre, berücksichtigt.
11(2) Unbillige Belastung
Die Zahlung der Abfindungssumme darf nicht zu einer Gefährdung des eigenen eheangemessenen Bedarfes des Verpflichteten führen, er muss weiterhin die vorrangigen Unterhaltsverpflichtungen erfüllen können. In der Regel kann der Verpflichtete nicht darauf verwiesen werden, einen Kredit zur Finanzierung der Abfindung aufzunehmen.
In der Regel kommt eine Abfindung daher nur bei vermögenden Verpflichteten in Betracht.
12(3) Höhe der Abfindung
Bei der Bemessung der Höhe der Abfindungssumme sind zu berücksichtigen
- die Höhe der Unterhaltsrente
- die voraussichtliche Dauer der Unterhaltsrente
- die voraussichtliche Entwicklung von Bedürftigkeit, Bedarf und Leistungsfähigkeit
- die Möglichkeit einer Wiederverheiratung des Bedürftigen
- die Grundsätze der Kapitalisierung
Da in dem Abfindungsbetrag zukünftige Entwicklungen mit einzupreisen sind, können nachträgliche Veränderungen nicht zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen.MüKo/Maurer
Hat ein Bedürftiger aber das Abfindungsverlangen arglistig erschlichen, etwa weil er den Aufbau einer beruflichen Existenz behauptete bzw. vortäuschte, und nicht mitteilte, dass eine Wiederverheiratung unmittelbar bevorstand, kann ein Schadensersatzanspruch aus
Da der Abfindungsanspruch kein Unterhaltsanspruch mehr ist, greifen die Vorschriften zum Pfändungsschutz (
3) Zusammenfassung der Rechtsprechung
BGH vom 28.06.1984 – IX ZR 143/83 -, FamRZ 1984, 874 = NJW 1984, 2350
BGH vom 16-06-1993 - XII ZR 6/92 -, NJW 1993, 2105
BGH vom 29.01.1997 – XII ZR 221/95 -, FamRZ 1997, 544
OLG Karlsruhe vom 15.12.1994 – 2 UF 102/94 -, NJW-RR 1995, 709
OLG Karlsruhe vom 27.03.2003 – 20 (16) WF 44/02 – NJW 2003, 2922
4) Literaturstimmen
Münchener Kommentar / Maurer
Nomos-Kommentar zum BGB / Sanders
Johannsen/Henrich/Althammer/Hammermann
Schulz/Hauß/Ganz, Kommentar zur Familienrecht,