§ 727 Ausschließung aus wichtigem Grund
Tritt in der Person eines Gesellschafters ein wichtiger Grund ein, kann er durch Beschluss der anderen Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat oder wenn ihm die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird. Dem Beschluss steht nicht entgegen, dass nach der Ausschließung nur ein Gesellschafter verbleibt.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
1Seit geraumer Zeit wird eine Reform des Personengesellschaftsrechts, insbesondere das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als notwendig erachtet. Der Gesetzgeber hat nun mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrecht (MoPeG) den Reformgedanken aufgegriffen und in Gesetzesform gebracht. Das MoPeG, beschlossen am 10.08.2021, bringt bedeutende Veränderungen mit sich und integriert teilweise schon länger in der Rechtsprechung und Literatur verbreitete Ansichten in das Gesetz.
2
3Das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist nach den bereits bestehenden Maßstäben zu bemessen. Mit „wichtiger Grund“ ist ein Umstand in der Person eines Gesellschafters gemeint, der die Fortsetzung der Gesellschaft mit ihm unzumutbar macht. Dabei sind einige Konstellationen denkbar, wie die vorsätzliche oder grobfahrlässige Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht. Auch objektive Gründe, wie eine längere Unfähigkeit der Wahrnehmung von Gesellschafterrechten können ausreichen, wenn diese zur Unmöglichkeit der Erfüllung von wesentlichen Vertragspflichten führen. Wichtig ist, dass das pflichtwidrige Verhalten einen Bezug zur Gesellschaft haben muss.MüKoBGB/Schäfer, BGB
4Trotz alledem ist die Bewertung des Vorliegens eines wichtigen Grundes stets eine Einzelfallabwägung und voll gerichtlich überprüfbar.MüKoBGB/Schäfer, BGB
5Die Beurteilung erfolgt aus der Sicht eines objektiven Dritten und zielt auf eine objektive Prognose ab. Eine solche Prognose soll aufzeigen, ob es geboten ist, dass der Gesellschafter weiterhin Gesellschafterrechte innehat.Servatius BGB
6Im Liquidationsstadium kommt ein Ausschluss hingegen nur in Betracht, wenn die Mitwirkung des „störenden“ Gesellschafters unzumutbar ist oder die Durchführung der Liquidation gefährdet.MüKoBGB/Schäfer, BGB
7Ebenfalls regelt die Neufassung, dass der Ausschluss eines „störenden“ Gesellschafters keine Fortsetzungsklausel mehr benötigt.MüKoBGB/Schäfer, BGB
8Der Ausschluss erfolgt durch einstimmigen Gesellschaftsbeschluss oder durch gesellschaftsvertraglich vereinbarte Mehrheitsentscheidung. Dem Auszuschließenden steht dabei kein Stimmrecht zu. Der Beschluss wird durch Mitteilung an den Betroffenen wirksam, denn es bedarf des Zugangs.MüKoBGB/Schäfer, BGB
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
a) Einleitung
9Durch die Neugestaltung des
2) Abgrenzungen, Kasuistik
70Zu der Abgrenzung von
71
3) Zusammenfassung der Rechtsprechung
BGH, Urteil v. 15.9.2020 – II ZR 20/19
BGH, Urteil v. 04.04.1951 - II ZR 10/50
BGH, Urteil v. 31.03.2003 - II ZR 8/01
BGH, Urteil v. 24.09.2013 - II ZR 216/11
BGH, Urteil v. 30.11.1951 - II ZR 109/51
OLG Hamm, Urteil v. 08.06.1999 – 27 U 18/99
BGH, Urteil v. 27.02.1954 – II ZR 17/53
OLG Karlsruhe, Urteil v. 20.12.2018 – 7 U 149/18
BGH, Urteil v. 15.01.2007 – II ZR 245/05
BGH, Urteil v. 24.11.2008 – II ZR 116/08
BGH, Urteil v. 28.4.1975 – II ZR 16/73
BGH, Urteil v. 15.01.2007 – II ZR 245/05
BGH, Urteil v. 02.07.1990 – II ZR 243/89
OLG Karlsruhe, Beschluss v. 14.05.1996 – 11 Wx 86/95
BGH, Urteil v. 01.03.2011 - II ZR 83/09
4) Literaturstimmen
Prof. Dr. Servatius, Wolfgang, in: Kommentar zur Bürgerlichen Gesellschaft, Dr. Wolfgang Servatius (Hrsg.), 1. Aufl. 2023, (zitiert: Servatius GbR/Servatius).
Dr. Schäfer, Carsten, in: Kommentar zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Partnergesellschaft, Dr. Carsten Schäfer (Hrsg.), Dr. Dr. h.c. mult. Peter Ulmer (Hrsg.), Sonderausgabe aus Band 7 des Kommentars zum Bürgerlichen Gesetzbuch der 9. Auflage, 9. Auflage, München 2023, (zitiert: MüKoBGB/Schäfer).
Dr. Schäfer, Carsten, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Dr. Dr. Dres. h.c. Franz. Jürgen Säcker (Hrsg.), Dr. Roland Rixecker (Hrsg.), Dr. Hartmut Oetker (Hrsg.), Bettina Limperg (Hrsg.), Band 7, 8. Aufl., München 2022, (zitiert: MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020).
Dr. Dr. h.c. Holger Fleischer, LL.M. (Univ. of Michigan), Dipl.-Kfm., in: Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Dr. Ingo Dreschner (Hrsg.), Dr. Dr. h.c. Holger Fleischer, LL.M. (Univ. of Michigan), Dipl.-Kfm. (Hrsg.), Dr. Dr. h. c. mult. Karsten Schmidt (Hrsg.), Band 2, 5. Aufl., München 2022, (zitiert: MüKoHGB/Fleischer, 5. Aufl. 2022).
Dr. Schöne, Thorsten, in: Beck´sche Online-Kommentare BGB, Dr. Wolfgang Hau (Hrsg.), Dr. Roman Poseck (Hrsg.), 66. Edition, München, (zitiert: BeckOK BGB/Schöne, 66. Ed. 1.5.2023).
Prof. Dr. Dres. h.c. Stürner, Rolf, in: Jauernig Bürgerliches Gesetzbuch, Prof. Dr. Dres. h.c. Rolf Stürner (Hrsg.), Dr. Christian Berger (Bearb.), Dr. Christine Budzikiewicz (Bearb.), Dr. Hans-Peter Mansel (Bearb.), Dr. Astrid Stadler (Bearb.), Dr. Arndt Teichmann (Bearb.), 18. Aufl., München 2021, (zitiert: Jauernig/Stürner, 18. Aufl. 2021).
5) Prozessuales
72Zu den Beweis- und Darlegungslasten siehe oben.