Schliessen
von Göler (Hrsg.) / Juliane Reichelt / § 535

§ 535 Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

1§ 535 BGB ist die Grundnorm des gesetzlichen Mietvertragsrechts und regelt die wesentlichen Vertragsinhalte (sog. essentialia negotii), die Grundvoraussetzung für den Abschluss eines Mietvertrags sind: (1.) die Vertragsparteien, (2.) die Mietsache, (3.) die Mietdauer und (4.) die Miete.

2§ 535 I BGB nennt die Hauptpflichten des Vermieters. Dieser muss dem Mieter während der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache einräumen (Übergabe bzw. Überlassung zur Nutzung). Ferner muss der Vermieter die Mietsache dem Mieter in vertragsgemäßem Zustand überlassen und diese während der Mietzeit in vertragsgemäßem Zustand erhalten (insbesondere Instandhaltung und Instandsetzung). Daraus ergibt sich, dass der Mieter (neben der Minderung und weiteren Mängelrechten) aus § 535 I 2 HS 2 BGB einen Anspruch auf Mangelbeseitigung gegen den Vermieter hat, wenn im laufenden Mietverhältnis Mängel auftreten.

3Ausgehend vom Gesetz sind die Instandhaltung und Instandsetzung der Mietsache Sache des Vermieters. Hiervon abweichend überträgt der Vermieter in der Praxis jedoch häufig seine Erhaltungspflichten auf den Mieter, zumindest teilweise. Dabei ist als Grundsatz zu beachten, dass eine Übertragung von Erhaltungspflichten auf den Mieter bei Gewerberaummietverhältnissen sehr viel weitergehen darf, als bei Wohnraummietverhältnissen. In diesem Zusammenhang sind unter anderem sog. Schönheitsreparaturklauseln von erheblicher praktischer Bedeutung, die auch bei Wohnraummietverhältnissen wirksam vereinbart werden können. Schönheitsreparaturen betreffen jedoch nur die Beseitigung äußerlicher Abnutzungsspuren an der Mietsache, z.B. durch das Streichen der Wände. Die Anforderungen an eine wirksame Übertragung der Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung der Mietsache sind sehr komplex und zum Teil in Rechtsprechung und Literatur umstritten, weshalb in Zweifelsfällen Expertenrat eingeholt werden sollte.

4§ 535 II BGB regelt die Hauptpflicht des Mieters, die Entrichtung der vereinbarten Miete. In der Regel handelt es sich dabei um eine periodisch zu entrichtende Geldzahlung, zwingend ist dies aber nicht. Neben der eigentlichen Miete (Grundmiete) schuldet der Mieter bei Wohn- und Gewerberaummietverhältnissen regelmäßig eine Nebenkostenvorauszahlung oder -pauschale. Wenn alle Nebenkosten gesondert abgerechnet werden, bezeichnet man die Grundmiete als Netto-Kaltmiete. Stattdessen kann auch eine Inklusivmiete vereinbart werden, bei der die Miete alle Nebenkosten abdeckt. Dies ist in der Praxis aber die Ausnahme. Aus steuerlichen Gründen (Vorsteuerabzugsberechtigung des Vermieters) zahlt der Mieter bei Gewerberaummietverhältnissen in der Regel zusätzlich die gesetzliche Umsatzsteuer.

5Die Höhe der Miete darf grundsätzlich frei vereinbart werden. Vor allem bei Wohnraummietverhältnissen ist dieses Recht allerdings durch die Regelungen zur Mietpreisbremse (§§ 556d ff. BGB), Mietpreisüberhöhung (§ 5 WiStG) und Mietwucher (§ 291 StGB bzw. § 138 BGB) begrenzt. Im laufenden Mietverhältnis kann die Höhe der Miete grundsätzlich nur angepasst werden, wenn die Parteien eine Staffelmiete (automatische Anpassung in festen Zeitabschnitten) oder eine Indexmiete (Anpassung auf Grundlage der Änderung eines Preisindex) vereinbart haben. Bei Wohnraummietverhältnissen kann zusätzlich und unabhängig von einer vertraglichen Regelung eine Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete verlangt werden (§ 558 BGB).

6In der Praxis wird üblicherweise eine monatliche Mietzahlung vereinbart. Der Mieter muss die Miete zu Beginn des vereinbarten Zeitabschnitts, also meist zu Beginn eines Kalendermonats entrichten. Wenn der Mieter die Miete nicht rechtzeitig zahlt, gerät er in Zahlungsverzug. In diesem Fall kann neben Ansprüchen auf Schadensersatz und Verzugszinsen die außerordentliche Kündigung des Vermieters drohen, wenn der Mietrückstand eine gewisse Höhe erreicht (Faustformel nach § 543 II 1 Nr. 3 BGB: zwei Monatsmieten).

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Allgemeines

a)    Vertragsparteien

7Partei eines Mietverhältnisses können grundsätzlich alle natürlichen und juristischen Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften als Mieter oder Vermieter sein. Die Möglichkeit, selbst Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen, gilt auch für die rechtsfähige Außen-GbR, wie der Gesetzgeber in § 705 II BGB nun ausdrücklich geregelt hat, und damit auch für das Mietverhältnis. Bloße Personengesamtheiten, die als solche nicht rechtsfähig sind (bspw. die ungeteilte Erbengemeinschaft oder die Innen-GbR), können hingegen nicht Partei eines Mietverhältnisses sein.BGH, Urt. v. 11.09.2002 – XII ZR 187/00, NJW 2002, 3389 Nur die Mitglieder dieser Personengesamtheiten können als Mieter oder Vermieter auftreten. 

8Natürliche Personen können selbst dann Partei eines Mietverhältnisses sein, wenn sie beschränkt geschäftsfähig oder geschäftsunfähig sind. In solchen Fällen bedarf es für den Abschluss des Vertrags und für rechtsgeschäftliche Handlungen im Rahmen des Mietverhältnisses aber der Mitwirkung bzw. der Vertretung durch den gesetzlichen Vertreter. Bei bestimmten Mietverhältnissen bedarf der Abschluss des Mietvertrags in solchen Fällen außerdem der Mitwirkung des Familien- bzw. Betreuungsgerichts (§ 1643 I, IV BGB und § 1853 BGB).

9Der Vermieter muss nicht der Eigentümer der Mietsache sein. Vielmehr genügt es, dass er berechtigter Besitzer der Mietsache ist. Für die Untervermietung bedarf der Mieter grundsätzlich der Zustimmung seines Vermieters (§ 540 BGB). Eine unberechtigte Untervermietung kann der Vermieter unterbinden, es sei denn, der Mieter hat einen Anspruch auf Zustimmung zur Untervermietung.

10Ein Wechsel der Parteien kann rechtsgeschäftlich vereinbart werden oder von Gesetzes wegen eintreten. Der rechtsgeschäftliche Wechsel erfordert grundsätzlich die Beteiligung bzw. Zustimmung aller Mieter und Vermieter. Zu Problemen und Streitigkeiten kann dies in der Praxis vor allem bei Mietverhältnissen, die auf einen häufigen Mieterwechsel angelegt sind (etwa bei der gemeinschaftlichen Anmietung durch Mitglieder einer Wohngemeinschaft), führen. Nach überzeugender Auffassung des BGH besteht in solchen Konstellationen grundsätzlich kein Anspruch auf Zustimmung der anderen Parteien zu einem Mieterwechsel.BGH, Urt. v. 27.04.2022 – VIII ZR 304/21, NZM 2022, 545, 547 Deshalb sollten bei Mietverhältnissen, die auf einen häufigen Parteiwechsel angelegt sind, für diesen Fall im Mietvertrag Regelungen getroffen werden.

11Zu einem Parteiwechsel kraft Gesetzes kommt es insbesondere bei der Veräußerung der Mietsache (§ 566 BGB) sowie bei der Umwandlung einer Partei (Übergang bei Verschmelzung nach § 20 I Nr. 1 UmwG, bei Spaltung nach § 131 I Nr. 1 UmwG).

b)   Vertragsgegenstand

aa)  Hauptleistungspflichten

(1)  Hauptleistungspflichten des Vermieters

12Die Hauptleistungspflichten des Vermieters ergeben sich aus § 535 I BGB. Er muss den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit gewähren (§ 535 I 1 BGB). Ferner muss der Vermieter dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen (§ 535 I 2 HS 1 BGB) und sie während der Mietzeit in diesem Zustand erhalten (§ 535 I 2 HS 2 BGB).

(a)  Gebrauchsgewährung

13Für die Gewährung des Gebrauchs der Mietsache ist entscheidend, dass der Mieter die Möglichkeit bekommt, die Mietsache vertragsgemäß zu nutzen. Dies erfordert in der Regel die Einräumung des Besitzes an der Mietsache, was bei der Anmietung von Wohn- und Gewerberäumen neben der Möglichkeit zum Bezug der Mietflächen vor allem die Übergabe der Schlüssel (bzw. Zugangskarten oder Zugangscodes) voraussetzt.

14Zwingend erforderlich ist die Verschaffung des Besitzes für die Gebrauchsgewährung jedoch nicht. Wenn der Mieter die Mietsache auch ohne Besitzüberlassung vertragsgemäß nutzen kann, erfüllt der Vermieter seine Pflicht zur Gebrauchsgewährung schon dadurch, dass er dem Mieter die Mietsache zugänglich macht, ihm also die ungestörte Benutzung der Sache gewährt.BGH, Urt. v. 01.02.1989 – VIII ZR 126/88, juris, Rn. 21 Bei Immobilien muss der Vermieter hierfür Zutritt gewähren.

15Die Pflicht des Vermieters zur Gebrauchsgewährung (und korrespondierend damit das Nutzungsrecht des Mieters) umfasst nicht nur diejenigen Mietflächen, die dem Mieter exklusiv zustehen. Vielmehr muss auch die Möglichkeit zur Mitbenutzung der Gemeinschaftsflächen der Immobilie, insbesondere der Zugangswege, Eingänge, Aufzüge, Treppenhäuser und Flure, gewährleistet sein. Dies gilt nach allgemeiner Ansicht auch dann, wenn die Parteien dies im Mietvertrag nicht ausdrücklich geregelt haben.BGH, Urt. v. 10.11.2006 – V ZR 46/06, juris, Rn. 9 In diesem Fall hat der Mieter ein schuldrechtliches Nutzungsrecht an den Gemeinschaftsflächen (d.h. die Gemeinschaftsflächen sind nicht Bestandteil der Mietsache), das sich auf alle Nutzungen erstreckt, die mit der vertragsgemäßen Nutzung der Mietsache üblicherweise verbunden sind.

(b)  Überlassung in vertragsgemäßem Zustand

16Die Pflicht des Vermieters zur Überlassung der Mietsache in vertragsgemäßem Zustand bezieht sich auf den Beginn des Mietverhältnisses und setzt sich im laufenden Mietverhältnis in der Pflicht zur Erhaltung der Mietsache in vertragsgemäßem Zustand fort.

17Die Frage, was der Vermieter als vertragsgemäßen Zustand der Mietsache schuldet, ist von erheblicher praktischer Bedeutung und führt nicht selten zu Streitigkeiten zwischen den Parteien. Wenn die Mietsache sich nicht in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand befindet (negative Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit), ist die Mietsache mangelhaft. Der Mieter kann dann vom Vermieter nach § 535 I 2 BGB Mangelbeseitigung verlangen, die Mängelrechte geltend machen (§§ 536 ff. BGB) und in schwerwiegenden Fällen (in der Regel nur nach erfolgsloser Abmahnung) sogar außerordentlich kündigen (§ 543 I, II Nr. 1 BGB und § 569 I BGB).

18Der vertragsgemäße Zustand bestimmt sich nach den Vereinbarungen im Mietvertrag, insbesondere nach dem Mietzweck. Soweit die Parteien bestimmte Eigenschaften der Mietsache ausdrücklich im Mietvertrag regeln (z.B. Anzahl der Zimmer, Größe sowie Ausführung und Ausstattung), ist die Bestimmung des vertragsgemäßen Zustands in der Regel unproblematisch. Solche eindeutigen Fälle sind aber vor allem bei Wohnraummietverhältnissen vergleichsweise selten, da die Parteien dort oft nur rudimentäre Regelungen zum vertragsgemäßen Zustand der Mietsache treffen. Der Aufwand für umfassende Regelungen zum Soll-Zustand der Mietsache, wie sie oft bei Gewerberaummietverhältnissen bspw. in einer Mieterbaubeschreibung getroffen werden, steht bei Wohnraummietverhältnissen meist außer Verhältnis zum Nutzen.

19Soweit der Mietvertrag keine ausdrücklichen Regelungen enthält, ist der Soll-Zustand der Mietsache im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu bestimmen, wobei die gesamten Umstände des Mietverhältnisses und die daraus abzuleitenden Standards maßgeblich sind. Hierfür sind insbesondere die Mietsache, deren beabsichtigte Nutzung (Mietzweck) und die Verkehrsanschauung maßgeblich.BGH, Urt. v. 24.11.2021 – VIII ZR 258/19, NJW-RR 2022, 381, Rn. 24

20Zur Konkretisierung des vertragsgemäßen Zustands greift die Rechtsprechung unter anderem auf die anerkannten Regeln der Technik zurück, soweit die Parteien nichts Abweichendes vereinbart haben. Bspw. stellt die Rechtsprechung bei Gewerberaummietverhältnissen für die zulässigen Temperaturgrenzen in den Mieträumen auf die Werte der Arbeitsstätten-Richtlinie Raumtemperatur ASR 6 ab.Vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 13.10.2009 – 9 U 45/09, NZBau 2011, 104, 105 Allerdings ist zu beachten, dass der Vermieter im Zweifel nur die Einhaltung derjenigen technischen Standards schuldet, die bei Errichtung des Gebäudes galten.BGH, Urt. v. 07.07.2010 – VIII ZR 85/09, NZM 2010, 618, 619 Eine Anpassung an nach Vertragsschluss geänderte technische Vorgaben kann der Mieter nur dann verlangen, wenn dies im Mietvertrag vereinbart ist.

21Für die Überlassung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand muss der Vermieter in aller Regel eine gewisse Grundausstattung der Mietsache gewährleisten. Neben „Dach und Fach“ schuldet der Vermieter bei Raummietverträgen daher regelmäßig weitere grundlegende Einrichtungen wie Sanitär-, Gas- und Stromanschlüsse. Im Einzelfall kann hier (vor allem bei Gewerberaummietverhältnissen) jedoch eine differenzierte Abgrenzung der Verantwortungsbereiche notwendig sein, wenn der Mieter im Rahmen seines Mieterausbaus bauliche Maßnahmen an der Mietsache durchführt. Die Beschaffung der beweglichen Einrichtungsgegenstände (insbesondere der Möbel) ist Sache des Mieters, wenn die Parteien nichts Abweichendes vereinbaren (z.B. Vermietung einer vollmöblierten Wohnung).

22Auch öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränkungen können dem vertragsgemäßen Zustand der Mietsache entgegenstehen. Dies ist nach der Rechtsprechung aber nur dann der Fall, wenn die Gebrauchshindernisse oder -beschränkungen auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache beruhen und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben. Daher führt bspw. eine pandemiebedingte Betriebsuntersagung bei Gewerberaummietverhältnissen grundsätzlich nicht zu einer negativen Abweichung vom vertragsgemäßen Zustand.BGH, Urt. v. 12.01.2022 – XII ZR 8/21, COVurR 2022, 148

23Zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört auch die Einholung der erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen. Dabei ist jedoch zu differenzieren: Genehmigungen, die die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch betreffen (insbesondere die Baugenehmigung), sind grundsätzlich Sache des Vermieters. Das Fehlen solcher Genehmigungen bzw. öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen (bspw. Brandschutzvorschriften) stellen nach der Rechtsprechung aber nur dann einen zur Minderung berechtigenden Mangel dar, wenn die zuständige Behörde die Nutzung der Mietsache untersagt oder wenn ein behördliches Einschreiten ernsthaft zu erwarten ist.OLG Braunschweig, Urt. v. 30.06.2016 – 9 U 26/15, BeckRS 2016, 121711, Rn. 82 Andere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, insbesondere solche, die mit dem Betrieb des Mieters zusammenhängen (bspw. eine Gaststättenkonzession), hat der Mieter in der Regel auf eigene Verantwortung zu besorgen.

(c)  Erhaltung in vertragsgemäßem Zustand

24Der Vermieter muss die Mietsache im laufenden Mietverhältnis in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand erhalten. Diese Pflicht beginnt mit der Überlassung der Mietsache und endet mit deren Rückgabe durch den Mieter. Wenn der Mieter die Mietsache nicht rechtzeitig zum Vertragsende zurückgibt, besteht die Erhaltungspflicht des Vermieters grundsätzlich nicht fort. Sie besteht allerdings dann fort, wenn die Parteien das Mietverhältnis stillschweigend verlängern (kraft Vereinbarung oder § 545 BGB).

25Nach § 535 I 2 BGB hat der Mieter einen Anspruch auf Erhaltung der Mietsache in vertragsgemäßem Zustand und damit einen Mängelbeseitigungsanspruch gegen den Vermieter. Dieser Anspruch besteht nach § 538 BGB auch für Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch des Mieters entstehen. Soweit Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache hingegen auf ein schuldhaftes Verhalten des Mieters zurückzuführen sind, hat dieser keinen Mängelbeseitigungsanspruch aus § 535 I 2 BGB.BGH, Urt. v. 19.11.2014 – VIII ZR 191/13, NJW 2015, 699, Rn. 26 Stattdessen kann dann der Vermieter einen Schadensersatzanspruch nach §§ 280 I, 241 II BGB gegen den Mieter haben.

26Die Pflicht zur Erhaltung umfasst insbesondere die Instandsetzung und Instandhaltung der Mietsache. Die Instandsetzung umfasst Maßnahmen zur Wiederherstellung (z.B. Reparatur und Wiederbeschaffung) des vertragsgemäßen Zustands (vgl. auch § 2 VIII HOAI 2013). Demgegenüber fallen unter Instandhaltung Maßnahmen zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs (z.B. Beseitigung der Folgen von Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung) und Vermeidung von Schäden (vgl. § 28 I II.BV und § 2 IX HOAI 2013).

27Vertragsklauseln zur Übertragung der Erhaltungspflicht auf den Mieter gibt es in der Praxis in verschiedensten Varianten. Individualvertraglich sind die Parteien (sogar bei Wohnraummietverhältnissen) nahezu völlig frei darin, eine Übertragung von Instandsetzungs- und/oder Instandhaltungspflichten auf den Mieter zu vereinbaren. In der Regel handelt es sich bei Klauseln zur Überwälzung der Erhaltungspflicht allerdings nicht um Individualvereinbarungen, sondern um AGB. Formularvertraglich kann die Instandhaltung und Instandsetzung allerdings nur eingeschränkt auf den Mieter übertragen werden, da diese Abwälzung in Konflikt mit dem gesetzlichen Grundgedanken nach § 535 I 2 BGB steht.

28Bei Gewerberaummietverhältnissen kann die Erhaltungspflicht deutlich weitergehend als bei Wohnraummietverhältnissen auf den Mieter abgewälzt werden. Bei ersteren kann die Instandhaltung und Instandsetzung für die ausschließlich vom Mieter genutzten Mietflächen und technischen Anlagen fast vollständig auf den Mieter übertragen werden.

29Problematisch sind aber formularvertragliche Regelungen, die dem Mieter die Erhaltungslast auch für Schäden übertragen, die nicht durch seinen Mietgebrauch veranlasst sind und nicht in seinen Risikobereich fallen. Bei solchen Schäden (insbesondere bei anfänglichen Mängeln, bereits vorhandenen Abnutzungen sowie Schäden, die nicht vom Mieter oder von Dritten, deren Handeln der Mieter sich nicht zurechnen lassen muss, verursacht wurden) ist eine Abwälzung der Erhaltungslast allenfalls dann wirksam, wenn sie in zumutbarem Rahmen erfolgt.BGH, Urt. v. 06.04.2005 – XII ZR 158/01, NZM 2005, 863, 864 Davon sind insbesondere folgende Bereiche betroffen:

30Die Erhaltung von „Dach und Fach“ kann grundsätzlich nicht wirksam auf den Mieter übertragen werden, weil dies eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild darstellen und den Mieter mit einem nicht vorauskalkulierbaren Kostenrisiko belasten würde.OLG Naumburg, Urt. v. 12.08.1999 – 2 U 34/98, NZM 2000, 1183, 1183 Deshalb ist auch bei sog. Triple-Net-Mietverträgen, bei denen der Mieter auch die Kosten für die Erhaltung von „Dach und Fach“ übernimmt, Vorsicht geboten.In diesem Sinne auch Moeser, NZM 2003, 425, 427f Wenn eine solche Gestaltung angestrebt wird, sollten sicherheitshalber individualvertragliche Vereinbarungen getroffen werden.

31Auch bei gemeinschaftlich genutzten Flächen und technischen Anlagen ist eine unbegrenzte Übertragung der Erhaltungslast unzulässig, weil den Mieter dann auch Kosten treffen würden, die nicht durch seinen Mietgebrauch veranlasst sind und nicht in seinen Risikobereich fallen. Daher ist eine Übertragung der Erhaltungslast bei Gemeinschaftsflächen und -anlagen nach der Rechtsprechung nur wirksam, wenn eine Kostenbegrenzung vorgesehen ist.BGH, Urt. v. 06.04.2005 – XII ZR 158/01, NZM 2005, 863, 864 Nach h.M. ist höchstens ein Betrag von 10 Prozent der Jahresnettokaltmiete zulässig.Siehe etwa LG Essen, Urt. v. 24.11.2015 – 8 O 82/15, NZM 265

32Für die Umsetzung der Kostenobergrenze bestehen insbesondere zwei Gestaltungsmöglichkeiten: Der Vermieter verpflichtet sich zur Erhaltung der Gemeinschaftsflächen und -anlagen und legt die Kosten hierfür bis höchstens 10 Prozent der Jahresnettokaltmiete auf den Mieter um. Oder der Mieter übernimmt die Erhaltung und erhält vom Vermieter aber eine anteilige Kostenerstattung, soweit die Kosten die Obergrenze übersteigen.

33In der Praxis sind insbesondere folgende Klauseln zur Abwälzung der Erhaltungslast relevant:

(aa)  Schönheitsreparaturklauseln

34Schönheitsreparaturen sind Maßnahmen zur Erhaltung eines ansprechenden äußeren Erscheinungsbilds der Mietsache durch Beseitigung von Abnutzungsschäden aufgrund vertragsgemäßen Gebrauchs. In der Praxis wird für die Definition von Schönheitsreparaturen häufig auf die Definition in § 28 IV 3 II.BV Bezug genommen. Hiernach umfassen Schönheitsreparaturen (nur) das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen.

35Da diese Definition veraltet ist und einige der darin genannten Maßnahmen heutzutage nicht mehr üblich sind, kann sich die Frage stellen, inwieweit zeitgemäße Erhaltungsmaßnahmen anstelle der in § 28 IV 3 II.BV genannten Maßnahmen treten können. Nach der Rechtsprechung ist bspw. von der Definition „Streichen der Fußböden“ auch eine gründliche Reinigung von Teppichböden in den Mieträumen umfasst.BGH, Urt. v. 08.10.2008 – XII ZR 15/07, NZM 2009, 126, 127f Diese Rechtsprechung dürfte auf andere zeitgemäße Erhaltungsmaßnahmen übertragbar sein, sofern sie einer der in § 28 IV 3 II.BV genannten Maßnahmen funktional ähneln und das äußere Erscheinungsbild der Mietsache betreffen.

36Grundsätzlich hält die Rechtsprechung die formularmäßige Überwälzung von Schönheitsreparaturen für wirksam. Die Übertragung sei nicht unangemessen, weil die Durchführung von Schönheitsreparaturen durch den Mieter in aller Regel bei der Kalkulation der Miete berücksichtigt werde und Verkehrssitte geworden sei.BGH, Beschl. v. 30.10.1984 – VIII ARZ 1/84, NJW 1985, 480

37Allerdings hat die Rechtsprechung diverse inhaltliche Einschränkungen für die Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln entwickelt. Unwirksam sind etwa Klauseln, die für Schönheitsreparaturen starre Fristen regeln. Schönheitsreparaturen nach einem starren Fristenplan gehen über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinaus und würden dem Mieter deshalb mehr auferlegen, als der Vermieter von Gesetzes wegen leisten müsste. Sie sind deshalb auch bei Gewerberaummietverhältnissen unwirksam.BGH, Urt. v. 08.10.2008 – XII ZR 84/06, NZM 2008, 890, 891f Zulässig sind jedoch Klauseln, nach denen bestimmte Schönheitsreparaturen „in der Regel“ oder „im Allgemeinen“ in definierten Zeiträumen anfallen. In solchen Klauseln sollte aber klargestellt werden, dass der tatsächliche Renovierungsbedarf maßgeblich ist.

38Eine unangemessene Benachteiligung des Mieters kann auch aus der Kombination einer Schönheitsreparaturklausel mit einer Endrenovierungsklausel folgen. Problematisch ist insoweit eine Regelung, wonach der Mieter unabhängig vom Zeitpunkt der letzten Schönheitsreparaturen (also bedarfsunabhängig) verpflichtet ist, die Mieträume bei Vertragsende renoviert zu übergeben. Weil der Mieter durch den hierdurch auftretenden Summierungseffekt unangemessen belastet wird, sind in einem solchen Fall sowohl die Schönheitsreparatur- als auch die Endrenovierungsklausel unwirksam.BGH, Urt. v. 25.06.2003 – VIII ZR 335/02, NZM 2003, 755 Dies gilt auch bei Gewerberaummietverhältnissen. Wirksam soll jedoch die Kombination mit einer Klausel sein, wonach der Mieter die Räume bei Beendigung des Mietverhältnisses in einem „bezugsfertigen Zustand“ zurückgeben muss.BGH, Urt. v. 12.03.2014 – XII ZR 102/13, NZM 2014, 306, 307 Nach Ansicht des BGH schuldet der Mieter mit der Rückgabe in bezugsfertigem Zustand nämlich keine umfassende Renovierung.

39Ob eine Endrenovierungsklausel den Mieter auch für sich genommen (also ohne Kombination mit einer Schönheitsreparaturklausel) unangemessen benachteiligt und deshalb unwirksam ist, ist noch nicht abschließend geklärt. Bei Wohnraummietverhältnissen wird dies bejaht, weil der Mieter dadurch zum Vertragsende bedarfsunabhängig zur Vornahme von Renovierungen verpflichtet werde, was ausschließlich den Interessen des Vermieters dient.BGH, Urt. v. 12.09.2007 – VIII ZR 316/06, NJW 2007, 3776, 3777 Diese Argumentation dürfte auf Gewerberaummietverhältnisse übertragbar sein, was dafür spricht, dass formularmäßige Endrenovierungsklauseln auch bei Gewerberaummietverhältnissen für sich genommen unwirksam sind. Dies ist jedoch noch nicht höchstrichterlich geklärt.

40Nach der neueren Rechtsprechung des BGH sind formularvertragliche Schönheitsreparaturklauseln bei Wohnraummietverhältnissen selbst dann unwirksam, wenn sie an den tatsächlichen Renovierungsbedarf anknüpfen, wenn der Mieter die Mieträume unrenoviert oder renovierungsbedürftig übernimmt und der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt. Eine solche Klausel verpflichte den Mieter zur Beseitigung der Gebrauchsspuren des Vormieters und führe dazu, dass der Mieter die Wohnung ggf. in einem besseren Zustand zurückgeben müsse, als er sie selbst vom Vermieter erhalten habe.BGH, Urt. v. 18.03.2015 – VIII ZR 185/14, NJW 2015, 1596, 1597 Unrenoviert in diesem Sinne ist die Wohnung schon dann, wenn sie nicht nur unerhebliche Gebrauchsspuren aufweist. Diese Rechtsprechung dürfte ebenfalls auf Gewerberaummietverhältnisse übertragbar sein, da der BGH auch bei AGB in Gewerberaummietverhältnissen darauf abstellt, dass der Mieter unangemessen benachteiligt wird, wenn er auch Schäden beseitigen muss, die nicht aus seinem Gebrauch und Risikobereich herrühren. Soweit der Vermieter dem Mieter für die unrenovierte Überlassung keinen wirtschaftlichen Ausgleich gewährt (bspw. in Form einer mietfreien Zeit), dürfte die Schönheitsreparaturklausel unwirksam sein. Gemäß § 535 I 2 BGB ist dann der Vermieter insoweit zur Erhaltung der Mietsache verpflichtet. Nach Auffassung des BGH soll der Vermieter für die Durchführung der Schönheitsreparaturen in diesem Fall aber nach § 242 BGB einen Anspruch auf – in der Regel hälftige – Kostenbeteiligung gegen den Mieter haben, weil die Mietsache in einen Zustand versetzt werde, der besser als vom Vermieter vertraglich geschuldet sei.BGH, Urt. v. 08.07.2020 – VIII ZR 163/18, BeckRS 2020, 18754

(bb) Quotenabgeltungsklauseln

41Unwirksam sind in Wohnraummietverhältnissen auch formularmäßige Quotenabgeltungsklauseln. Inhalt solcher Klauseln ist, dass der Mieter die Kosten für Schönheitsreparaturen nach dem Ende des Mietverhältnisses anteilig zu tragen hat, wenn die Schönheitsreparaturen bei Beendigung des Mietverhältnisses noch nicht fällig sind. In AGB benachteiligen sie den Wohnungsmieter unangemessen, da dieser bei Vertragsschluss keine realistische Prognose über die Höhe der auf ihn bei Vertragsende zukommenden Kosten treffen kann.BGH, Urt. v. 18.03.2015 – VIII ZR 242/13, NJW 2015, 1871

42Ob Quotenabgeltungsklauseln auch bei Gewerberaummietverhältnissen generell unzulässig sind, ist noch nicht höchstrichterlich geklärt. Zumindest bei Mietverhältnissen mit einer festen Vertragslaufzeit sprechen gute Gründe dafür, dass Quotenabgeltungsklauseln in AGB wirksam sind, da der Mieter hier in der Regel durchaus abschätzen kann, welche Kostenbelastung auf ihn bei Vertragsende zukommt.So auch Zehelein, NZM 2017, 137, 142f

(cc)   Farbwahlklauseln

43Im Zusammenhang mit Schönheitsreparaturen sind auch Farbwahlklauseln relevant, mit denen Vermieter Vorgaben machen, in welcher Farbe der Mieter die Mieträume zu streichen hat. In AGB ist eine Farbwahlklausel nur wirksam, wenn sie (1.) ausschließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und (2.) dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt.BGH, Urt. v. 22.02.2012 – VIII ZR 205/11, NZM 2012, 338

44Unzulässig sind daher Klauseln, die für das laufende Mietverhältnis Vorgaben zur Farbe machen, weil dadurch die Gestaltungsfreiheit des Mieters beschränkt wird, ohne dass der Vermieter daran ein berechtigtes Interesse hat. Aber auch Klauseln, die nur zum Vertragsende Vorgaben zur Farbwahl machen, können unwirksam sein, wenn sie dem Mieter keinen ausreichenden Entscheidungsspielraum lassen. Daher ist die Festlegung eines bestimmten Farbtons unwirksam. Zulässig ist hingegen etwa eine Klausel, wonach der Mieter die Mieträume zum Vertragsende in „hellen, neutralen und deckenden Farben“ zu hinterlassen hat.

(dd) Kleinreparatur- und Wartungsklauseln

45Von Schönheitsreparaturen sind Kleinreparaturen abzugrenzen, bei denen es um die Behebung kleinerer Schäden an der Mietsache geht. Bei der Überwälzung der Verantwortung für Kleinreparaturen ist zu differenzieren:

46In Wohnraummietverhältnissen ist eine AGB, wonach der Mieter Kleinreparaturen vorzunehmen hat (Vornahmeklausel) unzulässig.BGH, Urt. v. 06.05.1992 – VIII ZR 129/91, NJW 1992, 1759 Auch eine Abwälzung der Kosten für Kleinreparaturen auf Wohnungsmieter ist nur eingeschränkt zulässig. Eine solche Klausel muss (1.) gegenständlich auf solche Teile der Mietsache beschränkt sein, die häufig dem Zugriff des Mieters ausgesetzt sind (insbesondere Gegenstände nach § 28 II 2 II.BV), es muss (2.) ein Höchstbetrag für jede Einzelreparatur vorgesehen sein (zulässige Höhe ist strittig, zwischen 100 und 120 Euro) und es muss (3.) ein Jahreshöchstbetrag (Höhe ist ebenfalls strittig, zwischen 6 und 8 Prozent der Jahresnettokaltmiete) vorgesehen sein.BGH, Urt. v. 07.06.1989 – VIII ZR 91/88, NJW 1989, 2247

47Bei Gewerberaummietverhältnissen sind die Parteien hingegen weitgehend frei darin, die Verantwortung für die Vornahme und/oder Kostentragung bei Kleinreparaturen auf den Mieter abzuwälzen. Wie bereits dargestellt, muss es sich aber grundsätzlich um Schäden handeln, die aus dem Gebrauch oder Risikobereich des Mieters herrühren. Bei Schäden, die für den Mieter nicht beherrschbar sind, muss zumindest eine Kostenobergrenze vorgesehen werden.

48Die eben dargestellten Grundsätze (bei Wohnraummietverhältnissen keine Vornahmeklausel, Kostenabwälzung nur mit Obergrenze mit Einzel- und Jahreshöchstbetrag) gelten weitgehend entsprechend bei Klauseln zur Abwälzung von Wartungsarbeiten bzw. der Kosten hierfür auf den Mieter. Davon sind jedoch solche Wartungsarbeiten ausgenommen, die schon nach der Betriebskostenverordnung umlagefähig sind (z.B. Wartung der Gastherme, vgl. § 2 I Nr. 4a, 4b BetrKV).BGH, Urt. v. 07.11.2012 – VIII ZR 119/12, NZM 2013, 84 Bei diesen Positionen ist keine Kostenobergrenze erforderlich.

(2)  Hauptleistungspflichten des Mieters

49Die Hauptleistungspflicht des Mieters ist die Entrichtung der vereinbarten Miete. Als Miete bezeichnet das Gesetz die Gegenleistung des Mieters für die zeitweilige Überlassung der Mietsache, wobei es sich nicht zwingend um eine Geldleistung handeln muss. Andere Gegenleistungen wie Sach- oder Dienstleistungen sind in der Praxis allerdings unüblich. Es reicht aus, wenn die Miete der Höhe nach bestimmbar ist. Dies ist vor allem im Zusammenhang mit der Vereinbarung von Umsatzmieten bei Gewerberaummietverhältnissen von Bedeutung.

50Der Begriff der Miete wird in Verträgen nicht einheitlich verwendet, was Missverständnisse und Unklarheiten zur Folge haben kann. § 535 II BGB geht von dem Fall aus, der in der Praxis die Ausnahme ist, nämlich dass der Mieter dem Vermieter nur die Zahlung der eigentlichen Miete (Grundmiete) schuldet.Hierzu und zum nachfolgenden vgl. Bartholomäi/Stellmann in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Handbuch Geschäftsraummiete, 5. Aufl. 2023, § 10, Rn. 2ff Wenn die Parteien hiervon abweichen wollen, müssen sie dies im Mietvertrag vereinbaren (vgl. § 556 I 1 BGB zur Umlage der Betriebskosten bei Wohnraummietverhältnissen).

51Von einer „Inklusivmiete“ (alternativ: „Festmiete“ oder „Pauschalmiete“) ist die Rede, wenn der Mieter einen Festbetrag zahlt, der alle Nebenkosten abdeckt. Eine „Teilinklusivmiete“ liegt hingegen vor, wenn die Grundmiete nur bestimmte Nebenkosten umfasst und die Nebenkosten im Übrigen gesondert abgerechnet werden (als Pauschale oder Vorauszahlung). Die wichtigsten Erscheinungsformen der Teilinklusivmiete sind die „Brutto-Kaltmiete“ (Grundmiete umfasst alle Nebenkosten außer Heizung und Warmwasser) und die „Netto-Warmmiete“ (Grundmiete umfasst außer Heizung und Warmwasser keine Nebenkosten). In der Praxis ist jedoch die „Netto-Kaltmiete“, bei der alle Nebenkosten gesondert abgerechnet werden, der absolute Regelfall. Bei Gewerberaummietverhältnissen zahlt der Mieter aus steuerlichen Gründen (Vorsteuerabzugsberechtigung des Vermieters) zudem meist die Umsatzsteuer.

(a)  Vorschriften zur Mietpreisbegrenzung

52Bei der Bestimmung der Miethöhe sind die Parteien grundsätzlich frei. Insbesondere unterliegt die Vereinbarung der Miethöhe nach § 307 III 1 BGB keiner AGB-Inhaltskontrolle. Nichtsdestotrotz sind insoweit einige Vorschriften zu beachten:

53Die Vorschriften zur Mietpreisbremse (§§ 556d ff. BGB) gelten nur für Wohnraummietverhältnisse. Ein Verstoß liegt nach § 556d I BGB vor, wenn per Rechtsverordnung festgestellt ist, dass die Mietsache in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt liegt und die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10 Prozent übersteigt. Allerdings sind die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Vorschriften zur Mietpreisbremse vergleichsweise gering. Nach § 556g I BGB ist die Mietvereinbarung insoweit unwirksam und der Mieter kann die Erstattung überzahlter Miete verlangen, soweit der Anspruch nicht verjährt oder nach § 556g II BGB ausgeschlossen ist.

54Das Verbot einer Mietpreisüberhöhung nach § 5 WiStG gilt ebenfalls nur für Wohnraummietverhältnisse und stellt höhere Anforderungen an einen Verstoß. Neben der Mietpreisüberhöhung (vereinbarte Miete höher als 120 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete) muss der Vermieter bei Vertragsschluss eine allgemeine Mangellage („Sozialwucher“) in Form eines geringen Angebots vergleichbaren Wohnraums in dem betreffenden sachlichen und örtlichen TeilmarktSiehe hierzu BGH, Urt. v. 13.04.2005- VIII ZR 44/04, NJW 2005, 2156, 2157 ausnutzen. § 5 WiStG ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis 50.000 Euro geahndet werden kann. Außerdem ist die Vereinbarung zur Miethöhe unwirksam, soweit die Miete 120 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete übersteigt, da § 5 WiStG ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB ist.

55Die strengsten Anforderungen gelten für den Mietwucher nach § 291 I 1 Nr. 1 StGB bzw. § 138 II BGB. Während § 291 I 1 Nr. 1 StGB nur für Wohnraummietverhältnisse gilt, erfasst § 138 II BGB wucherische Mieten bei jeder Form von Mietverhältnis. Hierfür bedarf es neben einem auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung (bei Wohnraummietverhältnissen: vereinbarte Miete höher als 150 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete, bei Gewerberaummietverhältnissen liegt die Grenze etwas höher und ist jedenfalls erreicht, wenn die vereinbarte Miete knapp 200 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete beträgtVgl. BGH, Urt. v. 23.07.2008 – XII ZR 134/06, NJW 2008, 3210) der Ausbeutung einer individuellen Notlage des Mieters („Individualwucher“) durch den Vermieter bei Vertragsschluss. Dabei werden nur die im Gesetz abschließend geregelten Notlagen erfasst.

56Strafrechtlich kann Mietwucher bei Wohnraummietverhältnissen mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden. Bei den zivilrechtlichen Rechtsfolgen ist zu unterscheiden: Für Wohnraummietverhältnisse hat die Rechtsprechung (wie bei § 5 WiStG) eine geltungserhaltende Reduktion auf das gerade noch zulässige Maß der Miete gebilligt. Demgegenüber ist ein Gewerberaummietvertrag beim Vorliegen von Mietwucher insgesamt (also nicht nur die Vereinbarung der Miethöhe) unwirksam.BGH, Beschl. v. 21.09.2005 – XII ZR 256/03, NJW-RR 2006, 16

57Eng verwandt mit dem Wucher ist das sog. wucherähnliche Rechtsgeschäft, das die Rechtsprechung aus § 138 Abs. 1 BGB entwickelt hat, weil die benachteiligte Partei häufig Beweisschwierigkeiten beim Nachweis des Wuchers hat. Neben einem auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung soll hierfür eine verwerfliche Gesinnung des Vermieters notwendig sein.Vgl. BGH, Urt. v. 09.10.2009 – V ZR 178/08, NJW 2010, 363 Bei einem besonders groben Missverhältnis (was die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang als Synonym für ein auffälliges Missverhältnis verwendet), kann die verwerfliche Gesinnung des Vermieters indiziert sein. Bei Gewerberaummietverhältnissen soll dies aber nur dann gelten, wenn die Höhe der marktüblichen Miete für den Vermieter ohne Weiteres erkennbar war.BGH, Urt. v. 14.07.2004 – XII ZR 352/00, NZM 2004, 907

58Alle Vorschriften zur Mietpreisbegrenzung stellen als Vergleichsgröße auf die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete (vgl. § 558 II BGB) ab. Für die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete kann bei Wohnraummietverhältnissen auf die Werte eines Mietspiegels zurückgegriffen werden, soweit für das betreffende Gebiet ein Mietspiegel existiert. Die Aussagekraft der Werte hängt davon ab, ob es sich um einen einfachen (bloße Indizwirkung)Vgl. BGH, Urt. v. 13.02.2019 – VIII ZR 145/17 oder einen qualifizierten Mietspiegel (gesetzliche Vermutung nach § 558d III BGB) handelt.

(b)  Anpassung der Miete im laufenden Mietverhältnis

59Da sich der Geldwert laufend ändert, besteht vor allem bei langfristigen Mietverhältnissen und vor allem auf Vermieterseite ein erhebliches Interesse an Regelungen zur Mietanpassung. Das BGB enthält in den §§ 557 ff. BGB nur Vorschriften zur Mietanpassung bei Wohnraummietverhältnissen.

60In der Praxis weit verbreitet ist die Vereinbarung einer Indexmiete, bei der die Höhe der Miete entsprechend der Entwicklung eines Preisindexes angepasst wird. Dabei wird in der Regel auf den Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts abgestellt, bei Wohnraummietverhältnissen ist dies verpflichtend (§ 557b III BGB). Auch im Übrigen sind die Parteien bei der Gestaltung einer Indexklausel bei Gewerberaummietverhältnissen freier als bei Wohnraummietverhältnissen, bspw. ist im gewerblichen Bereich die Vereinbarung einer automatischen Indexierung möglich und üblich.

61Indexklauseln in Gewerberaummietverhältnissen unterliegen zwar nicht den Einschränkungen nach § 557b BGB, allerdings sind sie am Preisklauselgesetz zu messen und unterliegen der AGB-Kontrolle. Eine wichtige Einschränkung daraus betrifft die Laufzeit des Mietverhältnisses: Nach § 3 I Nr. 1 e) PrKG sind Indexklauseln bei Gewerberaummietverträgen grundsätzlich nur dann zulässig, wenn der Vertrag eine feste Vertragslaufzeit von mindestens 10 Jahren hat (wobei Verlängerungsoptionen eingerechnet werden).

62Ebenfalls weit verbreitet ist die Vereinbarung einer Staffelmiete, bei der im Mietvertrag für bestimmte Zeiträume die Miete in unterschiedlicher Höhe festgelegt wird. Während die Parteien bei Wohnraummietverhältnisse an die Vorgaben des § 557a BGB gebunden sind, existieren für Staffelklauseln bei Gewerberaummietverhältnissen keine speziellen Vorgaben. Das Preisklauselgesetz und die AGB-Kontrolle (siehe § 307 III 1 BGB) finden auf Staffelklauseln keine Anwendung. Allerdings kann die Kombination einer Staffel- und Indexmiete die Unwirksamkeit ergeben, wenn der Mieter hierdurch unangemessen benachteiligt wird.OLG Brandenburg, Urt. v. 19.08.2009 – 3 U 135/08, NZM 2009, 860

63Wenn die Parteien im Mietvertrag keine Preisanpassungsregelungen vereinbaren, kann der Vermieter bei Gewerberaummietverhältnissen grundsätzlich keine Mietanpassung verlangen. Bei Wohnraummietverhältnissen kann der Vermieter vom Mieter hingegen – selbst wenn die Parteien eine Index- oder Staffelmiete vereinbart haben – nach § 558 BGB die Zustimmung zur Anpassung der Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen.

(c)  Fälligkeit der Miete

64Die Parteien können die Zeitabschnitte, für die die Miete jeweils zu entrichten ist, frei bestimmen. Statt der in der Praxis üblichen monatlichen Mietzahlung können die Parteien deshalb bspw. auch eine jährliche Mietzahlung oder eine Mieteinmalzahlung vereinbaren.

65Nach § 556b I BGB (bei sonstigen Raummietverhältnissen i.V.m. § 579 II BGB) ist die Miete grundsätzlich bis zum dritten Werktag des jeweiligen Zeitabschnitts, in der Regel also bis zum dritten Werktag des Kalendermonats zu entrichten. Dabei handelt es sich um die kalendermäßige Bestimmung einer Leistungszeit, weshalb der Mieter nach § 286 II Nr. 1 BGB ohne Mahnung in Verzug gerät, wenn er diese Frist versäumt.

66Da es sich bei der Pflicht zur Entrichtung der Miete in der Regel um eine Geldschuld und damit um eine qualifizierte Schickschuld gemäß § 270 I, IV BGB handelt, kommt es für die Rechtzeitigkeit der Zahlung grundsätzlich auf die Vornahme der Leistungshandlung durch den Mieter, im bargeldlosen Zahlungsverkehr also auf die rechtzeitige Erteilung des Zahlungsauftrags, an.

67Abweichend ist die Rechtslage jedoch im Geschäftsverkehr, also bei Mietverträgen zwischen Unternehmen (B2B). Hier bestimmt die Zahlungsverzugsrichtlinie (RL 2011/7/EU), dass es für die Rechtzeitigkeit grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Gläubigerkonto ankommt. Hierfür ist es aber ausreichend, dass der Mieter den Zahlungsauftrag so rechtzeitig veranlasst, dass nach normalem Lauf der Dinge mit einem rechtzeitigen Zahlungseingang beim Vermieter zu rechnen ist.BGH, Urt. v. 05.10.2016 – VIII ZR 222/15, BeckRS 2016, 21386 Für Fehler der Bank muss der Mieter damit auch im Geschäftsverkehr nicht einstehen.

bb)  Sonstige Pflichten

(1)  Sonstige Pflichten des Vermieters

68Den Vermieter treffen vor, während und nach Ende des Mietverhältnisses verschiedene Nebenpflichten, die im Folgenden nur im Überblick dargestellt werden:

69Schon vor Vertragsbeginn treffen den Vermieter Aufklärungs- und Schutzpflichten zugunsten des Mieters sowie Dritter, die mit der Mietsache bestimmungsgemäß in Berührung kommen (Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter). Soweit das Gesetz vorvertragliche Pflichten nicht gesondert regelt (z.B. die Pflicht zur Aufklärung über Höhe der Vormiete im Rahmen der Mietpreisbremse, § 556g Ia 1 Nr. 1 BGB), kommt als Grundlage hierfür die allgemeine vorvertragliche Haftung nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo) in Betracht.

70Der Vermieter trägt als Eigentümer der Mietsache grundsätzlich die Verkehrssicherungspflicht.Vgl. auch Leo in: Fritz/Geldmacher/Leo Gewerberaummietrecht, 5. Aufl. 2024, § 3, Rn. 949 Er hat also die notwendigen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, um Schäden Dritter (einschließlich des Mieters) zu vermeiden. Allerdings kann er die Verkehrssicherungspflicht vertraglich auf den Mieter abwälzen, in AGB jedoch nur, soweit der Mieter mit der Ursache bestimmungsgemäß in Berührung kommt. Hierfür bedarf es nach der Rechtsprechung einer „klaren und eindeutigen“ Vereinbarung, die eine Ausschaltung von Gefahren zuverlässig sicherstellt. Nicht ausreichend ist etwa das bloße Einwerfen eines „Schneeräumplans“ in die Briefkästen der Mieter.OLG Hamm, Urt. v. 21.12.2012 – I-9 U 38/12, NJW 2013, 1375

71Der Vermieter kann seine Verkehrssicherungspflicht nicht vollständig auf den Mieter abwälzen. Infolge einer wirksamen Delegation auf den Mieter kann sich die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters für die jeweilige Gefahrenquelle aber auf eine bloße Kontroll- und Überwachungspflicht beschränken.Siehe BGH, Urt. v. 04.06.1996 – VI ZR 75/95, NJW 1996, 2646, 2646

72Störungen des Mietgebrauchs, die vom Vermieter ausgehen oder an denen er zumindest beteiligt ist, hat der Vermieter grundsätzlich zu unterlassen. So trifft den Vermieter bei Gewerberaummietverhältnissen auch ohne gesonderte Vereinbarung eine Pflicht, den Mieter gegen Konkurrenz zu schützen. Der Vermieter muss dem Mieter aber nicht jeglichen Wettbewerb fernhalten. Räumlich ist der sog. vertragsimmanente Konkurrenzschutz auf Räume desselben Hauses und unmittelbar angrenzende Grundstücke des Vermieters beschränkt, wobei auch auf diesen Flächen Konkurrenten nicht grundsätzlich unzulässig sind.BGH, Urt. v. 24.01.1979 – VIII ZR 56/78, NJW 1979, 1404 Sachlich umfasst der Konkurrenzschutz grundsätzlich nur Hauptartikel des Mieters, die dessen Geschäft prägen und nicht auch das gesamte Nebensortiment.OLG Nürnberg, Urt. v. 03.11.2006 – 5 U 754/06, NZM 2007, 567

73Sehr praxisrelevant ist in diesem Zusammenhang die Frage, wie weit der formularvertragliche Ausschluss von Konkurrenzschutz gehen darf. Nach h.M. ist sogar ein vollständiger Ausschluss von Konkurrenzschutz für sich genommen unbedenklich.BGH, Urt. v. 26.02.2020 – XII ZR 51/19, NJW 2020, 1507, Rn. 32 Problematisch und für den Mieter unangemessen benachteiligend kann der Ausschluss von Konkurrenzschutz aber dann sein, wenn gleichzeitig eine Betriebspflicht und eine Sortimentsbindung des Mieters vereinbart wird. Nach dem BGH fehlt es dem Mieter in dieser Situation an hinreichenden Möglichkeiten, auf Konkurrenz zu reagieren.BGH, Urt. v. 26.02.2020 – XII ZR 51/19, NJW 2020, 1507, Rn. 36ff

74Auch das Betreten der Mietsache durch den Vermieter kann den Mietgebrauch stören. Da der Mieter als unmittelbarer Besitzer Hausrechtsinhaber (auch im Verhältnis zum Vermieter) ist, verletzt der Vermieter das Hausrecht des Mieters, wenn er die Mietsache unangekündigt (Ausnahme: Gefahr im Verzug) und/oder ohne sachlichen Grund betritt.Vgl. BGH, Urt. v. 04.06.2014 – VIII ZR 289/13, NJW 2014, 2566 Sofern der Vermieter ein berechtigtes Interesse am Betreten der Mietsache hat (z.B. für Reparaturen oder das Ablesen des Zählerstands), ist der Mieter allerdings verpflichtet, dem Vermieter zeitnah Zutritt zur Mietsache zu ermöglichen. Bei der Terminfindung müssen beide Parteien auf die schutzwürdigen Interessen der jeweils anderen Partei (bspw. Arbeitszeiten, nicht hingegen der bloße Wunsch nach ungestörter Freizeit) Rücksicht nehmen.

75Sofern die Parteien für die Nebenkosten eine Vorauszahlung vereinbart haben, ist der Vermieter verpflichtet, über die Vorauszahlungen abzurechnen. Bei Wohnraummietverhältnissen muss der Vermieter gemäß § 556 III BGB jährlich über die Vorauszahlungen abrechnen und dem Mieter die Abrechnung innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraums mitteilen. Auf Gewerberaummietverhältnisse sind diese Bestimmungen nicht anwendbar, allerdings vereinbaren die Parteien hier in der Regel ebenfalls einen jährlichen Abrechnungszeitraum und eine Abrechnungsfrist. Doch auch ohne ausdrückliche Vereinbarung muss ein Vermieter von Gewerberäumen in angemessener Frist über die Nebenkosten abrechnen, wenn eine Vorauszahlung vereinbart ist.BGH, Urt. v. 29.02.1984 – VIII ZR 310/82, NJW 1984, 1684

76Vor allem im Rahmen der Nebenkosten ist der Vermieter zur Wahrung des Gebots der Wirtschaftlichkeit verpflichtet. Für Wohnraummietverhältnisse ergibt sich dies ausdrücklich aus § 556 III 1 HS 2 BGB, für Gewerberaummietverhältnisse wird dies aus § 242 BGB abgeleitet.KG, Urt. v. 18.09.2008 – 8 U 2/07, NJOZ 2009, 257 Hiernach ist der Vermieter zur Wahrung einer ordnungsgemäßen und sparsame Bewirtschaftung verpflichtet. Soweit der Vermieter bei Nebenkosten das Wirtschaftlichkeitsgebot verletzt, kann er diese nicht auf den Mieter umlegen.

77Auch bei und nach Vertragsende treffen den Vermieter Schutz- und Rücksichtnahmepflichten (culpa post contractum finitum, § 241 II BGB), insbesondere Abwicklungs-, Auskunfts- und Mitteilungspflichten.BGH, Urt. v. 30.09.2009 – VIII ZR 238/08, NJW 2010, 1135 Praxisrelevant ist etwa die Pflicht, die Mietsicherheit innerhalb angemessener Abrechnungsfrist zurückzahlen, soweit diese nicht mehr zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem Mietverhältnis benötigt wird. Die Länge der Abrechnungsfrist ist davon abhängig, welche Ansprüche noch offen sind und kann im Einzelfall auch mehr als 6 Monate betragen. Allerdings darf der Vermieter nur einen angemessenen Teil der Sicherheit zurückbehalten, dessen Höhe von den (potenziell) noch offenen Ansprüchen abhängt.Vgl. BGH, Urt. v. 18.01.2006 – VIII ZR 71/05, NJW 2006, 1422

(2)  Sonstige Pflichten des Mieters

78Der Mieter schuldet dem Vermieter nach § 241 II BGB den sorgfältigen Umgang mit der Mietsache, also deren Obhut und Schutz. In diesem Rahmen obliegt es dem Mieter nach § 278 BGB, Beschädigungen durch Dritte, denen er die Einwirkung auf die Mietsache ermöglicht, abzuwenden und ggf. zu kompensieren. Zur Schutzpflicht des Mieters gehört es nach § 536c BGB auch, dass der Mieter dem Vermieter Mängel der Mietsache unverzüglich anzeigt.

79Einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache, insbesondere eine unberechtigte Untervermietung (§ 540 BGB), hat der Mieter zu unterlassen. Davon abzugrenzen sind Fälle, in denen der Mieter zur Untervermietung berechtigt ist (z.B. Erlaubnis zur Untervermietung an Konzernunternehmen im Mietvertrag) oder in denen keine Untervermietung an einen Dritten vorliegt (bspw. Ehegatten oder bloße Gäste).BGH, Urt. v. 12.06.2013 – XII ZR 143/11, NZM 2013, 786

80Bei gewerblichen Immobilien (vor allem bei Einkaufs-Centern) liegt es im Interesse des Vermieters, dass der Betrieb bzw. die Nutzung der Mietsache gewährleistet ist, da dies die Attraktivität und damit den Wert der Immobilie beeinflusst. Allerdings hat der Mieter grundsätzlich nur ein Recht, die Mietsache zu betreiben. Verpflichtet ist er hierzu nur dann, wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbart haben. Die Vereinbarung einer Betriebspflicht in AGB ist für sich genommen unbedenklich. Problematisch wird die formularmäßige Vereinbarung, wie bereits erörtert, allerdings dann, wenn kumulativ auch Sortimentsbindung vereinbart und der Konkurrenzschutz ausgeschlossen ist.

81Im laufenden Mietverhältnis treffen den Mieter Duldungspflichten. Neben der bereits erläuterten Pflicht zur Duldung des Betretens der Mietflächen bei berechtigtem Interesse des Vermieters ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Pflicht zur Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen (§§ 555a ff. BGB) zu erwähnen.

82Zum Vertragsende hat der Mieter die Mietsache zurückzugeben (§ 546 BGB). Bei Raummietverhältnissen muss der Mieter hierfür die Mietsache räumen, Ein- und Umbauten beseitigen (soweit nicht Abweichendes vereinbart ist) und die Schlüssel zurückgeben. Der Mieter erfüllt seine Pflicht zur Rückgabe auch dann, wenn er die Mietsache in beschädigtem Zustand zurückgibt. Allerdings kann der Vermieter dann (auch nach Vertragsende) Schadensersatz neben der Leistung nach §§ 280 I, 241 II BGB geltend machen.BGH, Urt. v. 28.02.2018 – VIII ZR 157/17, NJW 2018, 1746

c)   Zustandekommen des Vertrags

aa)  Vorvertragliche Schuldverhältnisse

83Regelmäßig geht dem Abschluss eines Mietvertrags – vor allem im Gewerberaummietrecht – eine Vertragsanbahnungsphase voraus. In dieser Phase können bereits Rechte und Pflichten für beide Vertragsparteien entstehen. Typische vorvertragliche Rechtsverhältnisse bzw. Institute sind insbesondere:

(1)   Letter of Intent

84Bei wirtschaftlich bedeutenden Gewerberaummietverhältnissen verfassen die Parteien in einer frühen Phase oft einen sog. Letter of Intent (wofür im Geschäftsverkehr verschiedene Alternativbezeichnungen verwendet werden, bspw. „Heads of Terms“). Sinn und Zweck des Letter of Intent ist insbesondere die Strukturierung der Vertragsverhandlungen bei komplexen Verträgen sowie die Fixierung des aktuellen Verhandlungsstands.

85Da die Bezeichnung „Letter of Intent“ in der Praxis nicht einheitlich verwendet wird, können solche Vereinbarungen verschiedene rechtliche Bedeutungen haben, von einer bloßen Absichtserklärung (keine rechtliche, nur kaufmännische Bedeutung), einem Verhandlungsprotokoll, einem Vertrauenstatbestand (culpa in contrahendo) bis hin zum Abschluss einer verpflichtenden Vereinbarung (sei es als Vorvertrag oder sogar bereits als Mietvertrag). In den meisten Fällen handelt es sich jedoch um bloße Absichtserklärungen.

(2)   Vorvertrag

86Ein Vorvertrag ist ein schuldrechtlicher Vertrag mit der Verpflichtung zum späteren Abschluss eines Mietvertrags. Anders als der eigentliche Mietvertrag begründet der Vorvertrag noch keine mietvertraglichen Verpflichtungen, regelt aber bereits die wesentlichen Vertragsbedingungen (Vertragsparteien, Mietsache, Miete und Mietdauer) und begründet eine einklagbare Pflicht der Parteien zum Abschluss des Hauptvertrags. Im Zweifel muss im Wege der Auslegung ermittelt werden, ob die Parteien bereits den eigentlichen Mietvertrag oder nur einen Vorvertrag schließen wollten.

(3)   Vormietrecht

87Kraft ihrer Privatautonomie können die Parteien auch ein Vormietrecht vereinbaren, auf das die Vorschriften über das (schuldrechtliche) Vorkaufsrecht entsprechend anzuwenden sind. Inhalt dieses Rechts ist, dass der Vormietberechtigte die (in der Regel befristete) Möglichkeit erhält, eine bestimmte Mietsache zu den Bedingungen anzumieten, die der Vermieter mit einem Dritten vereinbart hat. Über den Abschluss des Mietvertrags mit einem Dritten hat der Vermieter den Vormietberechtigten analog § 469 BGB zu informieren.

88Anders als beim Vorkaufsrecht kann wegen des sachenrechtlichen Typenzwangs kein dingliches Vormietrecht vereinbart werden. Da der Mietvertrag mit dem Dritten im Falle der Ausübung des Vormietrechts grundsätzlich fortbesteht, sollte der Vermieter sich für diesen Fall eine Möglichkeit einräumen, sich von dem Mietvertrag mit dem Dritten zu lösen (bspw. aufschiebende oder auflösende Bedingung, Rücktrittsrecht). Andernfalls droht dem Vermieter eine Haftung aufgrund Unmöglichkeit der (doppelten) Gebrauchsüberlassung.

(4)   Optionsrecht

89Ein Optionsrecht gibt dem Berechtigten das Recht, durch einseitige Erklärung einen Mietvertrag zu begründen oder zu verlängern. Anders als beim Vormietrecht ist der Berechtigte dabei aber weder bei der Ausübung des Rechts noch beim Inhalt des Vertrags an eine etwaige Vereinbarung des Vermieters mit einem Dritten gebunden. Praktische Relevanz hat das Optionsrecht vor allem bei Gewerberaummietverhältnissen mit fester Vertragslaufzeit, bei denen dem Mieter häufig zumindest eine Verlängerungsoption eingeräumt wird.

(5)   Anmietrecht/Andienungsverpflichtung

90Hinter dem Begriff „Anmietrecht“ können sich in der Praxis verschiedene rechtliche Gestaltungen verbergen. Ein Anmietrecht im engeren Sinne liegt vor, wenn der Verpflichtete dem Begünstigten das Recht einräumt, Mietflächen unter bestimmten Voraussetzungen und zu bestimmten Bedingungen (z.B. Anmietung freiwerdender Mietflächen zu Bedingungen eines bestehenden Mietverhältnisses) anzumieten. In der Praxis ist diese Gestaltung eher selten.

91Sehr viel häufiger vereinbaren die Parteien eine bloße Andienungsverpflichtung (auch „Vorhand“) des Vermieters. Durch eine Andienungsverpflichtung verpflichtet der Vermieter sich, Mietflächen zunächst dem Andienungsberechtigten anzubieten. Anders als beim Anmietrecht sind die Bedingungen der Anmietung dabei nicht vorab bestimmt, weshalb sich der Vermieter an Dritte wenden darf, wenn er sich mit dem Andienungsberechtigten über die Vertragskonditionen nicht einigen kann.Vgl. auch Stellmann in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Handbuch Geschäftsraummiete, 5. Auf. 2023, § 3, Rn. 83

(6)   Culpa in contrahendo

92Selbst wenn die Parteien keine vorvertraglichen Vereinbarungen treffen, besteht in der Regel zumindest ein vorvertragliches Schuldverhältnis in Form der Aufnahme von Vertragsverhandlungen bzw. der Anbahnung eines Vertrags (§ 311 II Nr. 1 und Nr. 2 BGB). Hierfür genügen bspw. schon bloße Vorgespräche, wechselseitiger Informationsaustausch oder die Durchführung eines Bieterverfahrens.

93Als vorvertragliche Pflichtverletzung kommt neben der Verletzung von Aufklärungspflichten insbesondere ein Abbruch von Vertragsverhandlungen in Betracht. Nach der Rechtsprechung steht es Verhandlungspartnern aber grundsätzlich auch bei länger andauernden Vertragsverhandlungen frei, sich ohne rechtliche Nachteile von den Verhandlungen zurückzuziehen.BGH, Urt. v. 07.12.2000 – VII ZR 360/98, NJW-RR 2001, 381 Eine Schadensersatzhaftung wegen Abbruchs von Vertragsverhandlungen kommt deshalb nur in Betracht, wenn (1.) ein Vertragspartner bei der Gegenseite das berechtigte Vertrauen erweckt hat, der Vertrag werde sicher zustande kommen, und wenn (2.) dieser Verhandlungspartner die Verhandlungen dann ohne triftigen Grund abbricht.

bb)  Abschluss des Vertrags

94Das Zustandekommen des Mietvertrags bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften des BGB (§§ 145 ff. BGB), bedarf also zweier korrespondierender Willenserklärungen (Antrag bzw. Angebot und Annahme). Wenn die Parteien für ein Angebot unter Abwesenden keine Annahmefrist bestimmt haben, richtet sich die Länge der Annahmefrist nach den regelmäßigen Umständen (§ 147 Abs. 2 BGB). Nach der Rechtsprechung kann bei Gewerberaummietverhältnissen regelmäßig eine Annahme binnen zwei bis drei Wochen erwartet werden.BGH, Urt. v. 24.02.2016 – XII ZR 5/15, NJW 2016, 1441 Eine verspätete Annahme stellt ein neues Angebot dar (§ 150 I BGB), das von der Gegenseite häufig nur konkludent angenommen wird.

95Insbesondere bei Gewerberaummietverhältnissen setzen die Vertragsparteien für den Abschluss des Mietvertrags häufig Stellvertreter ein. Die inhaltliche Wirkung der Erklärungen der Stellvertreter für und gegen die Vertragsparteien richtet sich nach den allgemeinen gesetzlichen Vertretungsregelungen (§§ 164 ff. BGB).

96Inhaltlich müssen die Parteien sich über die Vertragsparteien, Mietsache, Miete sowie die Mietdauer einigen (essentialia negotii), sonst besteht grundsätzlich kein wirksamer Mietvertrag. Abweichend hierzu können die Parteien im Mietvertrag nach §§ 315, 316 BGB bestimmen, dass eine Partei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht haben soll. In der Praxis kann diese Gestaltung bspw. bei Optionsrechten des Mieters zur Verlängerung des Mietverhältnisses von Bedeutung sein. Für diesen Fall vereinbaren die Parteien nicht selten, dass die Miete bei Ausübung der Option neu zu verhandeln ist. Wenn die Parteien dann aber keine Einigung über die Miethöhe erzielen, obliegt es dem Vermieter, die Miethöhe nach den Grundsätzen der §§ 315, 316 BGB zu bestimmen.Siehe hierzu KG, Urt. v. 18.09.2008 – 8 U 2/07, NJOZ 2009, 257

cc)  Form

97Der Abschluss eines Mietvertrags bedarf grundsätzlich keiner besonderen Form, kann in der Regel also sogar mündlich wirksam vereinbart werden.

98Zwar sieht das Gesetz in § 550 Satz 1 BGB (bei Grundstück- und Gewerberaummietverhältnissen i.V.m. § 578 I, II BGB) für Mietverträge, die für längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden, die gesetzliche Schriftform vor. Eine Verletzung dieser Formvorschrift führt allerdings nicht nach § 125 1 BGB zur Nichtigkeit des Mietverhältnisses, sondern der Mietvertrag gilt dann nach § 550 Satz 1 BGB auf unbestimmte Zeit.

99Praktische Relevanz hat die Schriftform deshalb vor allem bei langfristigen Gewerberaummietverhältnissen. Mietverträge mit fester Vertragslaufzeit können nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. § 542 II BGB) vor Ende der festen Vertragslaufzeit nur außerordentlich gekündigt werden. Wenn die Parteien jedoch die gesetzliche Schriftform nach § 550 Satz 1 BGB verletzt haben und das Mietverhältnis damit für unbestimmte Zeit gilt, kann jede der Parteien das Mietverhältnis unter Beachtung der gesetzlichen Kündigungsfristen vorzeitig beenden. Für die Einzelheiten zur Schriftform bei Mietverträgen sei auf die Kommentierung zu § 550 BGB verwiesen.

100In Ausnahmefällen bedarf der Mietvertrag nach § 311b I 1 BGB der notariellen Beurkundung. Dies kann der Fall sein, wenn der Mietvertrag in rechtlichem Zusammenhang mit einem nach § 311b I 1 BGB beurkundungspflichtigen Rechtsgeschäft steht, bspw. bei einer Kombination von Veräußerung und Vermietung der Immobilie an den Veräußerer (sale and lease back), beim Mietkauf oder wenn dem Mieter ein Vorkaufsrecht an der Immobilie eingeräumt wird. Der Mietvertrag ist in solchen Fällen allerdings nur dann beurkundungsbedürftig, wenn die Parteien außerdem einen Verknüpfungswillen zwischen dem beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäft und dem Mietvertrag haben. Nach der Rechtsprechung ist ein solcher Verknüpfungswille gegeben, wenn beide Geschäfte nach dem Willen der Parteien miteinander stehen und fallen, also nur zusammen gelten sollen.Vgl. OLG München, Urt. v. 24.03.1987 – 5 U 5335/86, NJW-RR 1987, 1042

d)    Beendigung des Vertrags

101Bei anfänglichen Wirksamkeitsmängeln (mangelnde Geschäftsfähigkeit, Verstoß gegen § 134 BGB, § 138 BGB) wird das Mietverhältnis nicht beendet, da der Vertrag gar nicht wirksam zur Entstehung gelangt ist.

102Davon zu unterscheiden sind rechtsvernichtende Einwendungen. Wegen seines Charakters als Dauerschuldverhältnis sieht das Gesetz für den Mietvertrag die Beendigung mit ex nunc-Wirkung durch Kündigung oder Zeitablauf als Regelfall vor (vgl. § 542 BGB). Deshalb ist ein Rücktritt nach Überlassung der Mietsache grundsätzlich ausgeschlossen. Abweichend hierzu können die Parteien vertragliche Rücktrittsrechte vereinbaren, was vor allem bei Gewerberaumverhältnissen von großer Relevanz ist, bspw. für den Fall, dass eine Baugenehmigung nicht erteilt wird oder bei Übergabeverzug des Vermieters.

103Die übrigen gesetzlichen Gestaltungsrechte mit ex tunc-Wirkung, insbesondere Verbraucherwiderruf und Anfechtung, stehen den Parteien auch nach Überlassung der Mietsache zur Verfügung. Anzumerken ist jedoch, dass die praktische Bedeutung des Verbraucherwiderrufs bei der Vermietung von Immobilien äußerst gering ist (vgl. § 312 IV BGB: Ausschluss des Widerrufsrechts für Wohnraummietverhältnisse bei vorheriger Besichtigung der Mietsache).

104Eine entsprechende Anwendung der Grundsätze zum fehlerhaften Arbeitsvertrag bzw. Gesellschaftsvertrag auf Mietverträge lehnt die ganz h.M. nach wie vor ab.Vgl. BGH, Urt. v. 26.03.1980 – VIII ZR 150/79, NJW 1980, 1577, 1578 Deshalb wird ein ex tunc beendetes Mietverhältnis für die Vergangenheit nicht als wirksam behandelt, sondern ist nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen rückabzuwickeln.

e)    Dingliche Absicherung

105Als rein schuldrechtliches Rechtsgeschäft entfaltet der Mietvertrag grundsätzlich nur zwischen den Parteien (= inter partes) Wirkung. Zwar schützen die §§ 566 ff. BGB den Mieter nach der Überlassung der Mietsache in vielen Fällen davor, dass er durch eine Veräußerung oder Belastung der Mietsache sein schuldrechtliches Nutzungsrecht verliert, einen absoluten Schutz gegenüber jedermann (= erga omnes) kann das Mietverhältnis jedoch nicht bieten.

aa)  Dauerwohnrecht, Dauernutzungsrecht

106Wegen dieser Schwäche hat der Gesetzgeber für Wohnzwecke das Dauerwohnrecht (§ 31 I WEG) und für die Nichtwohnzwecke das Dauernutzungsrecht (§ 31 II WEG) geschaffen. Dabei handelt es sich um dingliche Rechte, die dem Berechtigten einen eigentumsähnlichen Schutz vermitteln.Siehe auch Schulz in: BeckOGK, Stand 01.03.2024, § 31 WEG, Rn. 3 Diese stärkere Absicherung kann für den Nutzungsberechtigten bspw. dann von Interesse sein, wenn er sich mit einem Baukostenzuschuss an der Errichtung des Objekts beteiligt hat. In der Praxis haben diese dinglichen Rechte jedoch (anders als die Mieterdienstbarkeit) kaum Bedeutung erlangt.

bb) Mieterdienstbarkeit

107Die sog. Mieterdienstbarkeit ist ein dingliches Sicherungsinstrument, mit dem der Mieter sein Nutzungsrecht an der Mietsache sichern kann, wenn das Mietverhältnis aus Gründen, die in der Sphäre des Vermieters liegen, vorzeitig endet. Praxisrelevant ist die Mieterdienstbarkeit insbesondere bei langfristigen Gewerberaummietverträgen. In der Regel kann der Vermieter solche Verträge nur dann vor Ende der festen Vertragslaufzeit kündigen, wenn es hierfür einen wichtigen Grund aus der Sphäre des Mieters gibt, bspw. einen erheblichen Zahlungsverzug (§ 543 II Nr. 3 BGB).

108In Ausnahmefällen hat der Vermieter bei Mietverträgen mit fester Vertragslaufzeit aber auch ohne Gründe aus der Sphäre des Mieters ein vorzeitiges Kündigungsrecht. Solche Konstellationen sind aus Mietersicht besonders unglücklich, da der Mieter auf die feste Vertragslaufzeit vertraut und durch die Kündigung oft seine Investitionen in die Mietsache verliert oder Wettbewerbsnachteile erleidet, ohne dies nach Abschluss des Mietvertrags noch verhindern zu können. In der Praxis sind hier insbesondere zwei Fälle relevant: eine Insolvenz des Vermieters und die Zwangsversteigerung der Mietsache.

109Wenn eine vermiete Immobilie im Rahmen eines Insolvenzverfahrens veräußert wird, hat der Erwerber ein Sonderkündigungsrecht nach § 111 InsO. Parallel dazu hat der Erwerber einer vermieteten Immobilie, die durch Zwangsversteigerung veräußert wird, ein Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG. Eben hier setzt eine Mieterdienstbarkeit an. Dabei handelt es sich um eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit, also ein dingliches Nutzungsrecht. Dieses Nutzungsrecht entfaltet seine Wirkung nur und erst dann, wenn der Mietvertrag aus den in der Dienstbarkeit genannten Gründen vorzeitig beendet wird. Als Gründe für das Eingreifen der Mieterdienstbarkeit wird in der Praxis üblicherweise auf die Ausübung der Sonderkündigungsrechte nach § 111 InsO bzw. § 57a ZVG abgestellt.

110Die Mieterdienstbarkeit führt zwar nicht dazu, dass die Kündigung des Mietverhältnisses durch den Erwerber unwirksam ist. Das Mietverhältnis als solches wird also trotzdem wirksam beendet. Allerdings bewirkt die Mieterdienstbarkeit, dass der (ehemalige) Mieter gegen den Grundstückseigentümer – trotz der Beendigung des Mietvertrags – ein dingliches Nutzungsrecht an der Immobilie hat. Dieses dingliche Nutzungsrecht ist mit den Inhalten des Mietvertrags in der Regel weitgehend identisch. Der Mieter kann also aus der Mieterdienstbarkeit ein Nutzungsrecht an den Mietflächen bis zum Ende der festen Vertragslaufzeit des Mietvertrags herleiten. Teilweise ändern sich zwar die Termini (so wird bspw. statt der Miete in der Mieterdienstbarkeit eine Nutzungsentschädigung vereinbart, deren Höhe sich meist nach der Höhe der Miete vor der Beendigung des Mietvertrags bestimmt). Dies hat sonst aber kaum Relevanz.

111Während die Bestellung einer Mieterdienstbarkeit für den Mieter vorteilhaft ist, kann sie für die finanzierenden Banken des Vermieters ein Risiko darstellen. Wenn die Mieterdienstbarkeit im Grundbuch an erster Rangstelle (also vor den Grundpfandrechten zur Sicherung der Banken) eingetragen ist, wird diese bei einer Zwangsversteigerung des Grundstücks nach § 44 I ZVG in das sog. geringste Gebot aufgenommen. Rechtsfolge ist, dass die Dienstbarkeit und damit das Nutzungsrecht des Mieters trotz der Versteigerung nicht erlischt, sondern erhalten bleibt. Dies schränkt die Verwertungsfähigkeit des Grundstücks und damit den Sicherungswert für die Bank ein.

112Weil bei den Banken anfangs große Unsicherheit im Umgang mit Mieterdienstbarkeiten bei der Bewertung des Grundstücks herrschte, hat der VDP (Verband Deutscher Pfandbriefbanken) im Jahr 2009 Empfehlungen und eine Muster-Dienstbarkeit erarbeitet. Wenn diese Empfehlungen bzw. die Regelungen der Muster-Dienstbarkeit beachtet werden, so der VDP, sei die Deckungsfähigkeit nicht beeinträchtigt. In der Praxis haben sich deshalb diese Empfehlungen zum Marktstandard entwickelt. 

2) Abgrenzungen, Kasuistik

a)    Abgrenzung von Wohn- und Gewerberaummietverhältnis

113Die Abgrenzung von Wohn- und Gewerberaummietverhältnissen ist nicht nur mit Blick auf die unterschiedlichen materiell-rechtlichen Gesetzesregelungen von großer praktischer Bedeutung, sondern auch, weil davon bei Rechtsstreitigkeiten die sachliche Zuständigkeit des Gerichts abhängt (ausschließliche Zuständigkeit der

3) Literaturstimmen

Börstinghaus/Siegmund in: Blank/Börstinghaus/Siegmund Miete, 7. Aufl. 2023, § 535 BGB

Dose, Gewerberaummiete: Grenzen der Abwälzung der Instandhaltungspflicht, NZM 2009, 381

Graf/Reichelt, Minderungsrechtsausschluss bei Geschäftsraummietverträgen, ZfIR 2010, 390

Gras in: BeckOK Mietrecht, Stand 15.02.2024, § 535 BGB

Guhling, AGB-rechtliche Grenzen der Überwälzung von Instandhaltung und Instandsetzung, NZM 2019, 457

Häublein in: MüKo BGB, 9. Aufl. 2023, § 535

Huber Schmidt in: BeckOGK, Stand 01.01.2024, § 535 BGB

Lehmann-Richter in: Schmidt-Futterer Mietrecht, 16. Aufl. 2024, § 535 BGB

Meyer, Handbuch Immobilienwirtschaftsrecht, 1. Aufl. 2022

Moeser, Triple-Net-Mietverträge, NZM 2003, 425

Reichelt/Gauger, Instandhaltung und Instandsetzung der Mietsache – Ein Überblick zur Rechtslage bei der Geschäftsraummiete, Teil 2, ZfIR 2012, 80

Reichelt/Gauger, Instandhaltung und Instandsetzung der Mietsache – Ein Überblick zur Rechtslage bei der Geschäftsraummiete, Teil 1, ZfIR 2012, 48

Reichelt/Huperz, Abgrenzung und Einschränkung der formularmäßigen Übertragung von Centermanagement-, Verwaltungs- und Hausmeisterkosten im Gewerbemietvertrag, ZfIR 2013, 55

Reichelt/Ishola, AGB-rechtliche Unwirksamkeit der für Schönheitsreparaturen vereinbarten Vornahme- und Quotenabgeltungsklauseln, ZfIR 2015, 523

Reichelt/Lye, Zwingende gerichtliche Anordnung eines Sachverständigengutachtens bei behauptetem Härtefall nach Wohnraum- (hier: Eigenbedarfs-)kündigung, 2019, 670

Reichelt/Lye, Ausübung mietvertraglicher Verlängerungsoption gegenüber Zwangsverwalter und ohne Verstoß gegen Schriftformerfordernis, ZfIR 2019, 231

Reichelt/Lye, Die 10 %-Schwelle im Mietrecht – back to the roots?!, ZfIR 2018, 600

Reichelt/Maurer, Von den Grenzen der Rückwirkung eines schriftformkonformen Nachtrags, ZfIR 2023, 477


Fußnoten