§ 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
1
2Schuldverhältnis
3Pflichtverletzung
Für die Anwendung des
4Vertreten müssen
Der Schuldner haftet nur dann, wenn er eine Pflichtverletzung zu vertreten hat. Was der Schuldner zu vertreten hat, bestimmt sich nach §
Aus der Formulierung des
5Schaden
Der Schuldner muss für sämtliche – unmittelbaren und mittelbaren - Nachteile seiner Pflichtverletzung einstehen. Ausgenommen werden mittelbare Nachteile, die nicht in den Schutzbereich der verletzten Pflicht fallen.
6Da
7Die Schadensersatzpflicht ist umfassend. Führt etwa eine unzutreffende anwaltliche Beratung zum Abschluss eines nachteiligen Vertrags, so muss der Schuldner den Gläubiger so stellen, als hätte er die nachteilige Vereinbarung nicht geschlossen.BGH vom 18.12.1981, V ZR 207/80, NJW 1982, 1145, 1146; BGH vom 13.01.2004, XI ZR 355/02, NJW 2004, 1868, 1689 f.; BGH vom 15.1.2009, III ZR 28/08, NJW-RR 09, 603, 604 Bei der Zeichnung eines Fondsanteils infolge einer Verletzung von Beratungspflichten kann daher der Zeichner in der Regel im Rahmen des Schadensersatzes seine Fondsbeteiligung an den Berater gegen Erstattung der von ihm aufgewendeten Beträge übertragen.BGH vom 10.07.2012, XI ZR 272/10, NJW 2012, 2952; BGH vom 13.01.2004, XI ZR 355/02, NJW 2004, 1686, 1689 f
8Kausalität
Die Pflichtverletzung muss ursächlich für den eingetretenen Schaden sein. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt zwar regelmäßig der Gläubiger. In Fällen grober Berufspflichtverletzungen, etwa bei Ärzten, Steuerberatern oder Rechtsanwälten, hilft die Rechtsprechung aber mit Darlegungs- und Beweiserleichterungen. Bei der Verletzung von Aufklärungspflichten wird vermutet, dass sich der Geschädigte bei einer pflichtgemäßen Aufklärung aufklärungsgemäß verhalten hätte.
9Rechtsfolge
Der Schuldner muss sämtliche Schäden ersetzen, die auf die Pflichtverletzung zurückzuführen sind und vom Schutzzweck der Norm umfasst werden.
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
Normzweck
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11Der Schuldner ist dem Gläubiger einer Leistung grundsätzlich dann zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er seine Pflichten schuldhaft verletzt. Die Pflichtverletzung ist die zentrale Voraussetzung des Schadensersatzanspruchs. Dabei unterliegen der Schadensersatz wegen der Verzögerung der Leistung – Verzugsschaden – gem.
12Macht der Gläubiger einen Verzögerungsschaden geltend, so sind die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs (
13Wann der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung fordern kann, ist in §
14
In allen Fällen, in denen es nicht um die Geltendmachung eines Verzögerungsschadens oder eines Schadensersatzes statt der Leistung geht, ist
15Anfängliche Leistungshindernisse, also Leistungshindernisse, die schon bei der Begründung des Schuldverhältnisse bestehen, werden in
2) Definitionen
16a) Sonderrechtsbeziehung
3) Abgrenzungen, Kasuistik
22Einzelfälle
Ärzte: Die Pflichten aus dem Behandlungsvertrag sind in
4) Zusammenfassung der Rechtsprechung
BGH, 13.01.2004 - XI ZR 355/02http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=8568ce041c8ce185a8b7cd22867bfde6&nr=28326&pos=0&anz=1
BGH, 24.01.2006 - XI ZR 384/03http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=a5f2268f1cca6f0bacd3a54c0447b1aa&nr=35317&pos=0&anz=1
BGH, 28.
5) Literaturstimmen
Palandt, BGB-Kommentar, 78. Aufl. (2019)
Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch; BGB Band 2; Schuldrecht Allgemeiner Teil, §
6) Prozessuales
32Beweislast
Für die Pflichtverletzung, die Kausalität und den Schaden trägt grundsätzlich der Geschädigte die Darlegungs- und Beweislast. Demgegenüber trägt der Schädiger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er und seine Erfüllungsgehilfen nicht schuldhaft gehandelt haben.
Da die Abgrenzung zwischen Pflichtverletzung und Verschulden schwierig ist, ist in Einzelfällen auch schwierig zu ermitteln, wer was darlegen und beweisen muss. Handelt es sich um eine erfolgsbezogene Pflicht, also etwa die Übergabe und Übereignung einer bestimmten Sache, so ergibt sich die Pflichtverletzung bereits daraus, dass der Schuldner nicht oder mangelhaft geliefert hat. Der Gläubiger muss daher im Zusammenhang mit der Pflichtverletzung nur darlegen und ggfls. beweisen, dass der geschuldete Leistungserfolg nicht eingetreten ist. Der Schuldner muss dann im Rahmen seiner Exculpation darlegen und beweisen, dass diese Pflichtverletzung nicht von ihm verschuldet wurde. Bei verhaltensbezogenen Pflichten (etwa Beratungs- oder Auskunftspflichten), kann man die Frage der Pflichtverletzung und die des Verschuldens regelmäßig nicht voneinander zu trennen. Hier muss der Gläubiger im Rahmen der Pflichtverletzung darlegen und beweisen, dass sich aus dem Schuldverhältnis bestimmte Pflichten ergeben, die vom Schuldner verletzt worden sind. Gelingt dem Gläubiger dies, so kann beim Verschulden nur noch ein Rechtsirrtum und fehlende Zurechnungsfähigkeit eingewendet werden.
Diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist insbesondere bei der Expertenhaftung zu beachten. Wird etwa ein Arzt oder ein rechtlicher Berater wegen einer unzureichenden Aufklärung in Anspruch genommen, so muss der Patient/Mandant im Ausgangspunkt darlegen und beweisen, dass der Arzt/Berater pflichtwidrig gehandelt hat. Da dem Patienten/Mandanten aber häufig eine genaue Darlegung nicht möglich ist, weil er die Interna nicht kennt, billigt ihm die Rechtsprechung eine Erleichterung der Darlegungslast – nicht der Beweislast – zu. Ausgangspunkt ist der Umstand, dass negative Tatsachen weder konkret dargelegt noch bewiesen werden können. Behauptet der Patient/Mandant daher, nicht aufgeklärt worden zu sein, muss der Schuldner zunächst darlegen, was und wie er aufgeklärt hat. Der Patient/Mandant muss dann ggfls. nachweisen, dass der Schuldner insoweit unzutreffend vorträgt.
Diese Grundsätze sind insbesondere auch bei einer fehlerhaften Beratung von Anlegern zu beachten. Typischerweise ergibt sich der Inhalt der überlassenen Informationen aus einem Prospekt, der dem Anleger vor Zeichnung ausgehändigt worden ist. Ist der Prospekt unvollständig oder fehlerhaft, so wird der Anleger unzureichend informiert. Der Anlageberater handelt hierbei pflichtwidrig, wenn er den/die Prospektfehler erkannt hat oder bei einer sorgfältigen Prüfung des Prospektes hätte bemerken müssen. Da es sich um die Verletzung einer verhaltensbezogenen Pflicht handelt, indiziert die Pflichtverletzung bereits das Verschulden. Eine Exculpation scheidet daher regelmäßig aus. Für den Anleger streitet außerdem eine Beweislastumkehr bzgl. der Kausalität der Pflichtverletzung für den Schaden. Der Berater muss beweisen, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Anleger also bei einer ordnungsgemäßen und vollständigen Aufklärung über alle Risiken ebenfalls die Kapitalanlage gezeichnet hätteBGH vom 8.5.2012, XI ZR 262/10, NJW 2012, 2427
Der Anleger kann im Rahmen des Schadensersatzes vom Anlageberater vollständigen Ersatz seiner Aufwendungen gegen Übertragung der Beteiligung verlangen.