Schliessen

SIE HABEN ZU DIESEM BEITRAG FRAGEN?

von Göler (Hrsg.) / Vera Knatz / § 1582

§ 1582 Rang des geschiedenen Ehegatten bei mehreren Unterhaltsberechtigten

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden, richtet sich der Rang des geschiedenen Ehegatten nach § 1609.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

In der alten Fassung des § 1582 BGB, welche bis zum 31.12.2007 gegolten hat, wurde die Rangfolge der Ehegatten geregelt.

Diese Rangfolge wurde durch das Unterhaltsänderungsgesetz (UÄndG), welches seit dem 01.01.2008 gilt, grundlegend geändert. Die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten findet sich jetzt in § 1609 BGB. Die Vorschrift des § 1582 BGB hat seitdem nur noch eine Verweisungsfunktion.

In § 1609 BGB wird bestimmt, dass die Ansprüche minderjähriger Kinder und volljähriger Kinder, welche noch zur Schule gehen, besonders schutzwürdig sind und damit vorrangig vor allen anderen Unterhaltsansprüchen sein sollen. Begründet wird dieser besondere Schutz mit der finanziellen Abhängig minderjähriger Kinder von ihren Eltern, da minderjährige Kinder anders als volljährige Unterhaltsberechtigte grundsätzlich nicht in der Lage sind, ihren Bedarf durch eigene Erwerbstätigkeit zu erwirtschaften.

Ferner werden seit dem 01.01.2008 die Ansprüche der Ehegatten, ob nun geschieden, getrennt oder noch mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebend, als auch der Unterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter nach § 1615 l als gleichrangig gewertet, wenn der Unterhaltsberechtigte minderjährige Kinder des Unterhaltspflichtigen betreut. Auch hier steht der Schutz des minderjährigen Kindes im Vordergrund, da durch die Zahlung von Betreuungsunterhalt die Betreuung des minderjährigen Kindes gesichert werden soll.

Gleichwertig mit diesem Anspruch auf Betreuungsunterhalt ist aber nach wie vor der Unterhaltsanspruch eines Ehegatten, der mit dem Unterhaltspflichtigen eine lange Ehe geführt hat oder noch führt.

Eine weitere maßgebliche Änderung des UÄndG war die Abschaffung des bis dahin geltenden grundsätzlichen Vorranges des geschiedenen Ehegatten vor dem Unterhaltsanspruch eines neuen Ehegatten. Dieser bislang geltende Vorrang passte nicht mehr zu den geänderten gesellschaftlichen Veränderungen, wonach jetzt neben der Betreuung von Kindern eine Erwerbstätigkeit möglich ist, und in zunehmendem Maße auch ausgeübt wird. Aufgrund dieser Besserstellung von betreuenden Elternteilen, welche überwiegend immer noch Frauen sind, wird nach einer Trennung und Scheidung eine wirtschaftliche Eigenverantwortlichkeit erwartet und gefordert. Jedoch ist nach wie vor immer im Einzelfall zu prüfen, ob eine Erwerbstätigkeit neben der Betreuung von Kindern oder nach langer Ehezeit möglich als auch zumutbar ist, und zu einem bedarfsdeckenden Einkommen führen würde.

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Allgemeines

1In der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung des § 1582 BGB wurde die Rangfolge der Unterhaltsansprüche des geschiedenen und des neuen Ehegatten geregelt. Nach der alten Fassung hatte grundsätzlich der geschiedene Ehegatte Vorrang vor dem neuen Ehegatten.

Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten wurde bis dahin als schutzwürdiger gewertet, als der Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten, da der geschiedene Ehegatte durch das seit 1977 geltende neue Scheidungsrecht die Auflösung der Ehe gegen seinen Willen nicht mehr verhindern konnte. Der neue Ehegatte kannte dagegen bei Eingehung der Ehe die Unterhaltsverbindlichkeiten des Verpflichteten. Daher sei der neue Ehegatte weniger schutzwürdig gewesen. Vielmehr sei es dem neuen Ehegatten als eigenverantwortlichem Menschen zuzumutbar gewesen, die Gestaltung und den Lebenszuschnitt der neuen Ehe auf diese Sachlage - also die bei Eingehung der Ehe bereits bestehende Unterhaltsverpflichtung des anderen Ehegatten - auszurichten, so die Begründung im Gesetzesentwurf zur Reform des Ehe- und Familienrechts BT Drucksache 7/650 vom 01.06.1973, S. 141 f.

Durch das UÄndG 2007, welches am 01.01.2008 in Kraft getreten ist, wird die Rangfolge aller Unterhaltsberechtigten nunmehr in § 1609 BGB festgelegt. Die Norm des § 1582 BGB ist seitdem nur noch eine reine Verweisungsnorm.

Nach dem UÄndG 2007 und der in § 1609 BGB festgelegten Reihenfolge sollen nicht mehr die zeitliche Priorität der Eheschließung, sondern allein die Schutzbedürftigkeit des Berechtigten für die Rangfolge der Unterhaltsansprüche maßgeblich sein, BT-Drucks 16/1830, S. 21.

Zentrales Ziel der Reform war und ist die Stärkung der wirtschaftlichen Situation der minderjährigen unterhaltsberechtigten Kinder sowie der privilegiert volljährigen Kinder. Dieses Ziel wird erreicht, indem diesen Kindern ein Vorrang vor allen anderen Unterhaltsberechtigten gegeben und so vor allem im Mangelfall mehr Verteilungsgerechtigkeit herbeigeführt wird. Auch soll durch den Vorrang der minderjährigen Kinder die Zahl der minderjährigen Sozialhilfeempfänger reduziert werden. Und das Unterhaltsrecht soll an die veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse angepasst werden, welche vor allem durch eine verstärkte Erwerbstätigkeit der Frauen als auch der betreuenden Elternteile geprägt ist.

Dies hat zur Folge, dass seit 2008 die Unterhaltsansprüche des geschiedenen und des neuen Ehegatten nachrangig sind zu dem Unterhaltsanspruch minderjähriger und privilegiert volljähriger Kinder, und der geschiedene Ehegatte ist nicht mehr per se vorrangig ist vor dem neuen Ehegatten.

2) Abgrenzungen, Kasuistik

2Die Norm des § 1582 betrifft alle Unterhaltsansprüche einer seit dem 01.01.1977 geschiedenen oder aufgelösten Ehe und regelt die Konkurrenz mit den Unterhaltsansprüchen anderer Berechtigter, d.h. Kindern oder Eltern, des neuen Ehegatten als auch der nicht verheirateten Elternteile nach § 1615l BGB. Auch bei mehrfachen Scheidungen gilt die Rangregelung der §§ 1582, 1609 BGB.

Lebenspartner sind den Ehegatten und nichtehelichen Elternteilen gleichgestellt, § 5 S. 2 LPartG, § 12 S. 2 LPartG, § 16 S. 2 LPartG.

Die Rangfolge der Ehegatten wird in § 1609 Nr. 2 und Nr. 3 BGB bestimmt.

Der 2. Rangstufe sind alle betreuenden Elternteile eines Kindes des Unterhaltspflichtigen zugeordnet, unabhängig davon, welchen familienrechtlichen Status sie haben, ob sie also geschieden sind, in bestehender Ehe mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenleben oder ob es sich um den nicht verheirateten Elternteil handelt. Der gemeinsame Nenner besteht in der Betreuung eines Kindes des Unterhaltspflichtigen.

Des Weiteren sind in dieser Rangstufe die noch mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden, von ihm getrennt lebenden als auch geschiedenen Ehegatten erfasst, deren Ehe von langer Dauer war.

§ 1609 Nr. 2 BGB erfasst damit nicht nur die nachehelichen Unterhaltsansprüche, sondern auch den Anspruch auf Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB) und den Anspruch auf Familienunterhalt (§§ 13601360b BGB), welcher bei bestehender Ehe gegeben ist.

Damit konkurriert der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten mit den Unterhaltsansprüchen aller betreuender Elternteile und mit dem Unterhaltsanspruch eines mit dem Unterhaltspflichtigen bereits in langer Ehe zusammenlebenden Ehegatten.

In die 3. Rangstufe (§ 1609 Nr. 3 BGB) fallen alle Ehegatten, welche nicht dem 2. Rang zugeordnet werden können.

Rückständiger Unterhalt verbleibt im jeweiligen Rang, § 120 Abs. 1 FamFG, § 850 d Abs. 2 ZPO. Durch eine Nichtleistung von geschuldetem Unterhalt soll der Unterhaltspflichtige nicht die Möglichkeit erhalten, die gesetzlich vorgegeben Rangfolge zu verändern und den Anspruch eines vorrangigen Unterhaltsberechtigten in einen schlechteren Rang zu drängen. Für die Pfändung von Unterhaltsrückständen, die länger als ein Jahr vor dem Antrag auf Erlass des Pfändungsbeschlusses fällig geworden sind, gilt diese Regel insoweit nicht, als nach Lage der Verhältnisse nicht anzunehmen ist, dass der Schuldner sich seiner Zahlungspflicht absichtlich entzogen hat.

3) Häufige Paragraphenketten

§ 1582 BGB

§ 1609 BGB

§ 1361 BGB

§§ 1360 - 1360 b BGB

§ 5 LPartG

§ 12 LPartG

§ 16 LPartG

§ 120 Abs. 1 FamFG

§ 850 d ZPO


Fußnoten