§ 2215 Nachlassverzeichnis
(1) Der Testamentsvollstrecker hat dem Erben unverzüglich nach der Annahme des Amts ein Verzeichnis der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände und der bekannten Nachlassverbindlichkeiten mitzuteilen und ihm die zur Aufnahme des Inventars sonst erforderliche Beihilfe zu leisten.
(2) Das Verzeichnis ist mit der Angabe des Tages der Aufnahme zu versehen und von dem Testamentsvollstrecker zu unterzeichnen; der Testamentsvollstrecker hat auf Verlangen die Unterzeichnung öffentlich beglaubigen zu lassen.
(3) Der Erbe kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des Verzeichnisses zugezogen wird.
(4) Der Testamentsvollstrecker ist berechtigt und auf Verlangen des Erben verpflichtet, das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufnehmen zu lassen.
(5) Die Kosten der Aufnahme und der Beglaubigung fallen dem Nachlass zur Last.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
1Die Verpflichtung zur Erstellung des Verzeichnisses besteht gegenüber den Erben. Bei mehreren Erben muss gegenüber jedem Miterben das Verzeichnis hinsichtlich des gesamten Nachlasses mit Hinweis auf die jeweiligen Erbquoten übermittelt werden. BeckOK, Hau/Poseck, § 2215, Rn. 3 Das Nachlassverzeichnis ist daher eines der wichtigsten Kontrollinstrumente der Erben. Neben den §
Durch das Nachlassverzeichnis wird der Vermögensstand dokumentiert, wodurch dieses auch für die Haftung des Testamentsvollstreckers nach
Die Verpflichtung des Testamentsvollstreckers zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses endet mit der Kündigung (
Mit gewissen Abweichungen entspricht die Norm des
Die Norm des
a) Inhalt
Die inhaltlichen Anforderungen an das Nachlassverzeichnis sind
Eine exakte Beschreibung aller Gegenstände ist nicht zwingend erforderlich. Palandt, § 2215, Rn. 2 Wie detailliert das Nachlassverzeichnis sein muss, ist im konkreten Einzelfall zu entscheiden. Der Testamentsvollstrecker muss jedenfalls alle ihm zustehenden Erkenntnismöglichkeiten, beispielsweise Auskunftsansprüche gegenüber Dritten, ausschöpfen und darf sich nicht mit einer oberflächigen Bestandsaufnahme begnügen. BGH NJW 1981, 1271 Den exakten Wert der Gegenstände muss er aber weder selbst ermitteln noch durch sachkundige Dritte ermitteln lassen. OLG München ZEV 2009, 293 (295)
Bei vorhandenem Kontoguthaben müssen die Höhe des Guthabens, die Kontonummer sowie der Name der Bank angegeben werden. Bei Wertpapieren ist der Depotauszug erforderlich. Im Einzelfall muss das Nachlassverzeichnis mit Fotos, etwa von Kunstwerken, ergänzt werden. MüKo/Zimmermann,
Zudem muss der digitale Nachlass dokumentiert werden. Unter diesem wird die Gesamtheit des digitalen Vermögens verstanden, mithin sämtliche gespeicherte Daten, ob auf heimischen Datenträgern, im Interent oder auf Clouds, inklusive der Hard- und Software. BeckOK, Hau/Poseck,
Rechtlich sind Vertragsbeziehungen z. B. zu E-Mail-Account-Providern, Anbietern sozialer Netzwerke oder anderer Angebote im Internet ebenso betroffen wie beispielsweise Rechte an Websites und Domains sowie die Rechte an Online-Adressbüchern, Bildern, Forenbeiträgen, Blogs, Youtube-Videos und E-Mails. Auch einfache Vertragsabschlüsse, etwa über Plattformen wie Amazon oder private Vereinbarungen über E-Mail, fallen darunter. Hinzukommen häufig genutzte Zahlungsmethoden wie Internetkonten oder Paypal. Juristisch betrachtet fallen unter den Begriff daher eine Fülle an unterschiedlichen Rechten. NJW 2013, 3745
Dieser digitale Nachlass gehört gerade zum Nachlass und nicht den Persönlichkeitsrechten. Der BGH räumte in diesem Zusammenhang in einer weichenstellenden Entscheidung dem Erbrecht Vorrang vor den Vertraulichkeitsrechten von Nutzern digitaler Netzwerke ein. BGH v. 12.07.2018 – III ZR 183/17, ZEV 2018, 687 Ein Nutzungskonto war in diesem Fall beispielsweise aufzuführen. Deusch ZEV 2918, 687, 691 Das Datenschutzrecht steht hier regelmäßig im Rahmen der praktischen Konkordanz zurück.
b) Form
Aus den Regelungen in Abs. 2 ergibt sich mittelbar das Schriftformerfordernis. Das Verzeichnis muss mit einem Datum versehen und vom Testamentsvollstrecker eigenhändig unterzeichnet werden, wobei der Tag der Erstellung anzugeben ist. LG Frankfurt a.M. BWNotZ 1981, 117
c) Zeitpunkt der Erstellung
Die Erstellung des Nachlassverzeichnisses hat unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern nach
Bestehen erhebliche Schwierigkeiten bei der Erfassung der Vermögenswerte oder ist der Nachlass erst noch zu ermitteln, können hierfür einige Monate in Anspruch genommen werden. Dem BayObLG erschien beispielsweise ein Jahr nach dem Todesfall zu lang. BayObLG, ZEV 1997, 381, 383 Das OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08-07.2022 – 3 Wx 220/21 hingegen legte fest, dass insbesondere bei komplexeren Sachverhalten und Schwierigkeiten bei den Ermittlungen selbst ein Zeitraum von zwei Jahren unbedenklich sein kann. Ferner sei im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, inwieweit der Testamentsvollstrecker von Berufs wegen oder vergleichbaren Ämtern über Erfahrungen bei der Erstellung eines Verzeichnisses verfügt.
Es gibt keine schematischen Anforderungen an die zuzubilligende Zeitspanne der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses. Vielmehr Bedarf es einer konkreten Betrachtung im Einzelfall.
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
a) Normzweck
Im Innenverhältnis zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker erfüllt das Nachlassverzeichnis eine Beweisfunktion (