§ 2218 Rechtsverhältnis zum Erben; Rechnungslegung
(1) Auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Testamentsvollstrecker und dem Erben finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664, 666 bis 668, 670, des § 673 Satz 2 und des § 674 entsprechende Anwendung.
(2) Bei einer länger dauernden Verwaltung kann der Erbe jährlich Rechnungslegung verlangen.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
1
Sowohl die Erben als auch der Testamentsvollstrecker haben die Möglichkeit, dieser Rechtsbeziehung zu entgehen, indem die Erbschaft ausgeschlagen wird oder der Testamentsvollstrecker sein Amt nicht annimt. Wird die Erbschaft und das Amt angenommen, gilt
Gemäß
Gemäß §
a) Benachrichtigungspflicht:
2Der Testamentsvollstrecker hat die Erben über drohende Schäden und die Ausführung von Anordnungen zu unterrichten, wenn eine Benachrichtigung im Hinblick auf wirtschaftliche Bedeutung einem umsichtigen und gewissenhaften Testamentsvollstrecker zweckmäßig erscheinen würde.Mayer/Bonefeld, Testamentsvollstreckung, § 12, Rn. 10
b) Auskunftspflicht:
3Der Erbe kann grundsätzlich jederzeit Auskunft über den Stand der Testamentsvollstreckung begehren.BGH Urteil vom 09.11.1994 -IV ZR 319/93, BGHZ 127, 360; DB 1995, 1025 (Volltext mit amtl. LS); FamRZ 1995, 158 (Volltext mit amtl. LS); JR 1996, 57-60; JuS 1995, 459-460 (Volltext mit amtl. LS); MDR 1995, 177-178 (Volltext mit amtl. LS); NJW 1995, 456-457 (Volltext mit amtl. LS); Rpfleger 1995, 298-300 (Volltext mit amtl. LS); WM 1995, 253-255 Allerdings darf der Erbe diesen Auskunftsanspruch nicht überstrapazieren. Er findet seine natürlichen Grenzen im allgemeinen Schikaneverbot und den Grenzen von Treu und Glauben. Weiter muss das Auskunftsverlangen zu dem Informationsbedürfnis des Erben in einem angemessenen Verhältnis stehen. Der Erbe muss auch nur so weit informiert werden, als dies erforderlich ist zur zuverlässigen Einschätzung seiner jeweiligen Rechtsposition.Mayer/Bonefeld/Mayer, Testamentsvollstreckung, § 12, Rn. 25
c) Rechnungslegungspflicht:
4Bei Beendigung der Testamentsvollstrecker hat der Testamentsvollstrecker auf Verlangen eines Erben über seine Tätigkeit Rechnung zu legen. Diese Rechnungslegung hat so zu erfolgen, dass sie für den Erben nachvollziehbar ist. Insbesondere muss sie vollständig sein, mit größtmöglicher Sorgfallt erstellt werden, verständlich, übersichtlich und nachprüfbar sein.Frieser/Rott, Fachanwaltskommentar Erbrecht, Rn. 14
5Davon zu unterscheiden ist die Verpflichtung zur Rechnungslegung nach
Diese Verpflichtung zur Rechnungslegung nach
Die Rechnungslegung erfolgt gemäß
Beachtet der Testamentsvollstrecker die Verpflichtung zur Rechnungslegung nicht und kommt der Aufforderung eines Erben innerhalb angemessener Frist nicht nach, so kann dies eine grobe Pflichtverletzung darstellen, die gemäß
Wie lang diese "angemessene Frist" sein muss, die der Erbe dem Testamentsvollstrecker zu setzen hat, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat eine Frist von 12 Tagen im Hinblick auf den Arbeitsaufwand und den Nachlassumfang im konkreten Fall für zu kurz bemessen erachtet.Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts v. 18.12.1997 -1 Z BR 97/97, BayObLGR 1998, 43-44; FamRZ 1998, 987-990; Rpfleger 1998, 246-249
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
6
Die gesetzlichen Vorschriften über das Auftragsverhältnis sind nicht direkt anwendbar auf das Verhältnis der Erben zum Testamentsvollstrecker, da dieser nicht von den Erben beauftragt ist. Über
Die Vorschrift des
Der Regelungsgehalt des
Zur Frage der Verjährung des Rechnungslegungsanspruchs des Erben hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2007 Stellung genommen und damit seine bisherige, in einem Urteil aus 2002 beiläufig geäußerte MeinungBGH-Urteil vom 18.09.2002 - IV ZR 287/01- NJW 2002, 3773, Rn.2a bestätigt. Der Anspruch unterlag bis 31.12.2001 gemäß
2) Definitionen
7Testamentsvollstrecker
Die Vorschrift gilt für alle Testamentsvollstrecker ab dem Zeitpunkt der Annahme des Amts gemäß
Erbe
Erbe im Sinne der Vorschrift ist sowohl der gesetzliche Erbe gemäß §
Länger dauernde Verwaltung
Eine "länger dauernde Verwaltung" im Sinne des
Für eine Dauerbetreuung in Fällen des sogenannten Behindertentestaments ist nach Nr. 11101 KV GNotKG eine Jahresgebühr zugrunde zu legen. Hierbei ist die obergerichtliche Rechtsprechung noch uneinig, ob bei der Bemessung dieser Jahresgebühr auch das Vermögen des Betroffenen zu berücksichtigen ist, das dieser im Wege eines sogenannten Behindertentestaments als nicht befreiter Vorerbe erlangt hat und das einer dauerhaften Testamentsvollstreckung unterliegt. Dies wurde in letzter Zeit von vielen Oberlandesgerichten mit Blick auf den Umfang der Vermögenssorge durch den Betreuer bejaht.OLG Nürnberg, Beschluss vom 17.08.2021 – 8 W 1738/21, BeckRS 2021, 22274 Rn. 28 ff. m.w.N.
8 Jährliche Rechnungslegung
In die jährliche Rechnungslegung ist insbesondere mit aufzunehmen:
-
sämtliche Einnahmen und Ausgaben des zurückliegenden Jahres mit entsprechendem Datum und Belegen
(es genügt, wenn die Änderungen zur Vorjahres-Rechnungslegung dargelegt werden; Wiederholungen müssen nicht vorgenommen werden)
- Zuflüsse und Abflüsse von Vermögen
Die Rechnungslegung ist als Anspruch des Erben ausgestaltet. Dies bedeutet, dass der Erbe diese zunächst gegenüber dem Testamentsvollstrecker anfordern muss. Tut er dies, so hat die Rechnungslegung innerhalb einer angemessenen Frist zu erfolgen.BayObLG ZEV 1998, 348
Fraglich und häufiger Streitpunkt in der Praxis ist, ob die jährliche Rechnungslegung auch eine Verpflichtung des Testamentsvollstreckers mit sich bringt, für alle Verfügungspositionen Belege vorzulegen. Dies hat der BGH bereits in einem Urteil aus dem Jahr 1963 positiv beantwortet.BGH-Urteil vom 31.01.1963 -VII ZR 284/61- BGHZ 39, 87, 94
Anspruchsinhaber
Den Anspruch auf Rechnungslegung kann grundsätzlich jeder Miterbe geltend machen. Er hat die Rechnungslegung an alle zu verlangen.Winkler, Der Testamentsvollstrecker, Rn. 483
3) Zusammenfassung der Rechtsprechung
BGH vom 13.07.1972 - II ZR 111/70, BGHZ 59, 179, NJW 1972, 1660, DNotZ 1973, 114, WM 1972, 904, BB 1972, 1027, BB 1972, 1072, JR 1973, 334, BauR 1972, 375
(zu: analoge Anwendung der Norm auf das Verhältnis des Testamentsvollstreckers zu seinem Nachfolger im Amt)
BayObLG ZEV 1998, 348
(jährliche Rechnungslegung kann jederzeit mit angemessener Frist gefordert werden)
BGH-Urteil vom 31.01.1963 -VII ZR 284/61- BGHZ 39, 87, 94
(zur Vorlage von Belegen bei der Rechnungslegung; zum Verstoß gegen Treu und Glauben, wenn Rechenschaft über Jahre nicht gefordert wurde;
BGH-Urteil vom 18.09.2002 - IV ZR 287/01- NJW 2002, 3773
(beiläufige Ansicht zur Frage der Verjährung des Rechnungslegungsanspruchs)
BGH-Urteil vom 18.04.2007 -IV ZR 279/05- BGHR 2007, 756-757; BGHReport 2007, 756-757; BRAK-Mitt 2007, 258; DB 2007, IVVV Heft 23; EBE/BGH 2007, 186-187; EE 2007, 127; ErbBstg 2008, 12; ErbR 2007, 271-272; FamRB 2007, V Heft8; FamRZ 2007, 1097-1098; GuT 2007, 234; JR 2008, 337-338; JurBüro 2007, 553; JuS 2007, 1150; JZ Information 2007, 377; MDR 2007, 1136-1137; MittBayNot 2007, 411-412; NJW 2007, X Heft 26; NJW 2007, 2174-2175; NotBZ 2007, 250-251; RÜ 2007, 459-461; SJ 2007, 41-42; WM 2007, 1225-1227; WuM 2007, 346; ZErb 2007, 260-262; ZEV 2007, 322-323; ZFE 2007, 242; ZFE 2007, 318
(zu: 30-jährige Verjährungsfrist des Rechnungslegungsanspruchs auch nach neuer Gesetzeslage 2002)
Beschluss des Bayrischen Obersten Landesgerichts v. 18.12.1997 -1 Z BR 97/97, BayObLGR 1998, 43-44; FamRZ 1998, 987-990; Rpfleger 1998, 246-249
(zu: Art und Umfang der Rechnungslegungsverpflichtung des Testamentsvollstreckers)
BayObLG, 29.10.1987 -BReg. 1 Z 2/87- NJW 1988, 1270; NJW-RR 1988, 645 (Ls.); MDR 1988, 320; DNotZ 1988, 443; FamRZ 1988, 324; Rpfleger 1988, 107
(zu: Verstoß gegen die Rechnungslegungsverpflichtung als grobe Pflichtverletzung und Grund für die Entlassung)
BGH-Urteil vom 09.11.1994 -IV ZR 319/93, BGHZ 127, 360; DB 1995, 1025 (Volltext mit amtl. LS); FamRZ 1995, 158 (Volltext mit amtl. LS); JR 1996, 57-60; JuS 1995, 459-460 (Volltext mit amtl. LS); MDR 1995, 177-178 (Volltext mit amtl. LS); NJW 1995, 456-457 (Volltext mit amtl. LS); Rpfleger 1995, 298-300 (Volltext mit amtl. LS); WM 1995, 253-255
(zu: Auskunftspflicht des Testamentsvollstreckers zum Stand der Testamentsvollstreckung)
OLG Nürnberg, Beschluss vom 17.08.2021 – 8 W 1738/21, BeckRS 2021, 22274 Rn. 28; OLG Hamm FGPrax 2020, 293; OLG Celle NJOZ 2021, 680; OLG Stuttgart FGPrax 2020, 195; OLG Karlsruhe ZEV 2021, 186; OLG Rostock BeckRS 2021, 13095 (zu: bei Jahresgebühr nach Nr. 11101 KV GNotKG ist auch das Vermögen zu berücksichtigen, das der Betroffene im Wege eines sog. Behindertentestaments als nicht befreiter Vorerbe erlangt hat und das einer dauerhaften Testamentsvollstreckung unterliegt). A.A.: OLG München FGPrax 2019, 89; OLG Bamberg BeckRS 2019, 44347, OLG Köln ZEV 2019, 704; OLG Zweibrücken ZEV 2021, 184
4) Literaturstimmen
Prütting/Wegen/Weinreich/Schiemann, BGB Kommentar, 9.Aufl. 2014
Damrau/Bonefeld, Praxiskommentar Erbrecht, 2. Aufl. 2011
Frieser/Rott, Fachanwaltskommentar Erbrecht, 4.Aufl. 2013
jurisPK-BGB/Heilmann, Kommentar zum BGB, 6.Aufl. 2012
Palandt, BGB-Kommentar, 73.Aufl. 2014
Klaus Winkler, Der Testamentsvollstrecker, 21.Aufl. 2013
Mayer/Bonefeld/Wälzholz/Weidlich, Testamentsvollstreckung, 3.Aufl. 2010
5) Häufige Paragraphenketten
6) Prozessuales
Der Rechnungslegungsanspruch ist gerichtlich gemäß
7) Anmerkungen
Wer das Amt eines Testamentsvollstreckers annimmt, sollte sich vorab kundig machen über die Verpflichtungen, die er hiermit eingeht. Eine oft unterschätzte Verpflichtung findet sich in
Dem Testamentsvollstrecker ist daher zu raten, von Anfang an jede Tätigkeit zeitnah zu notieren und mit entsprechenden Belegen zu versehen (TätigkeitsübersichtMayer/Bonefeld/Wälzholz/Weidlich, Testamentsvollstreckung, Rn.612 f.). In dieser Übersicht sind alle Einnahmen und Ausgaben für den Nachlass aufzulisten.
Dem Testamentsvollstrecker ist weiter zu raten, hinsichtlich der Informationspflichten gegenüber dem Erben nach §