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von Göler (Hrsg.) / Eberhard Rott / § 2221

§ 2221 Vergütung des Testamentsvollstreckers

Der Testamentsvollstrecker kann für die Führung seines Amts eine angemessene Vergütung verlangen, sofern nicht der Erblasser ein anderes bestimmt hat.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

1Die gesetzliche Regelung ist bewusst kurz gefasst. Sie geht zurück auf die Vorstellung des Gesetzgebers, dass der Erblasser selbst in seinem Testament die Vergütung des Testamentsvollstreckers bestimmen soll. Häufig tut er dies jedoch aus Unkenntnis nicht oder weil er sich schlicht nicht festlegen möchte. Das führt dann später in der Praxis oft zu Diskussionen. Fehlt eine klare Vorgabe, muss im Nachhinein bestimmt werden, was eine „angemessene Vergütung“ ist. Gerade dabei kommt es nicht selten zu Streitigkeiten zwischen Erben und Testamentsvollstrecker, da ihre Interessen naturgemäß auseinandergehen.

In der Praxis haben sich deshalb Vergütungstabellen und Empfehlungen als bewährte Orientierung etabliert. Besonders anerkannt sind die Vergütungsempfehlungen des Deutschen Notarvereins in der aktuellen Fassung von 2025. Sie bieten eine klare und praxisgerechte Grundlage für die Berechnung.

Praxis-Hinweis

2Wer spätere Auseinandersetzungen vermeiden möchte, sollte die Vergütung des Testamentsvollstreckers möglichst klar im Testament regeln. Eine bewährte Formulierung lautet zum Beispiel:

„Der Testamentsvollstrecker erhält eine Vergütung, die sich nach den Vergütungsempfehlungen des Deutschen Notarvereins in der im Zeitpunkt meines Todes gültigen Fassung richtet.“

Online-Vergütungsrechner

3Zumindest überschlägig lässt sich die angemessene Vergütung des Testamentsvollstreckers mit dem folgenden Online-Rechner berechnen. Er basiert auf den Vergütungsempfehlungen des Deutschen Notarvereins (DNotV-E 2025).

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Definitionen

4Problemaufriss: Zu unterscheiden ist zwischen dem Vergütungsanspruch des Testamentsvollstreckers, der in § 2221 BGB angesprochen ist, und seinem Anspruch auf Auslagenersatz, der sich aus §§ 2218 Abs. 1, 670 BGB herleitet. Der Verweis auf das Auftragsrecht ermöglicht es dem Testamentsvollstrecker, Auslagen ersetzt zu erhalten, wenn er sie den Umständen nach für erforderlich halten durfte; maßgebend ist dabei ein objektiver Maßstab mit subjektivem Einschlag (OLG München, Urteil vom 15.11.2017 – 20 U 5006/16). In der Praxis wird an dieser Stelle nicht immer differenziert; teilweise korrespondieren beide Ansprüche auch. Beispielsweise, wenn der Testamentsvollstrecker Hilfspersonen in großem Umfang einschaltet für Aufgaben, die in seinen originären Zuständigkeitsbereich fallen. Die Vergütung wird dann entsprechend geringer ausfallen.

§ 2221 BGB enthält eine Generalklausel zur Ermittlung einer „angemessenen“ Vergütung des Testamentsvollstreckers für den Fall, dass der Erblasser nichts anderes bestimmt hat. Damit überlässt der liberale Gesetzgeber des BGB die Ausgestaltung primär der privatautonomen Regelung durch den Erblasser. In der Gestaltungspraxis erhält die Vergütungsfrage häufig nicht die erforderliche Aufmerksamkeit – nicht selten, weil die emotionale und rechtstechnische Last der eigentlichen Nachfolgegestaltung dominiert oder der künftige Tätigkeitsumfang des Amtes von Erblasser und Gestaltungsberater mangels eigener Erfahrungen unterschätzt wird. 

5Die höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung beschreibt die Kriterien für die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs regelmäßig wie folgt: „Für die Vergütung des Testamentsvollstreckers (ist) der ihm im Rahmen der Verfügung von Todes wegen nach dem Gesetz obliegende Pflichtenkreis, der Umfang der ihn treffenden Verantwortung und die von ihm geleistete Arbeit maßgebend, wobei die Schwierigkeit der gelösten Aufgaben, die Dauer der Abwicklung oder der Verwaltung, die Verwertung besonderer Kenntnisse und Erfahrungen und auch die Bewährung einer sich im Erfolg auswirkenden Geschicklichkeit zu berücksichtigen sind“. (OLG München, Urt. v. 21.06.2021 – 33 U 1651/21, ErbR 2022, 269; OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.07.2023 – 5 U 98/22, ZEV 2024, 305; BGH, Urt. v. 22.05.1963 – V ZR 42/61, DNotZ 1964, 168 (171)). Ausgehend von dieser Definition haben sich als besonders bedeutsam folgende Kriterien herausgebildet: Wert und Umfang des Nachlasses; Bestand (insbes. Immobilien, Unternehmen, Privathaushalt, Kapitalvermögen); Strukturierung (Schulden, Steuersituation, Dokumentenlage); Zahl und Konstellation der Beteiligten (Erben, Gläubiger, Vermächtnisnehmer; Streitlagen; Außenprüfung) sowie die zeitliche Dauer der Amtsführung. Hieraus wiederum entwickelten sich in der Praxis die sog. Tabellen, insgesamt rund ein Dutzend (vgl. die Darstellung von Reimann, Die Vergütung des Testamentsvollstreckers, 2. Aufl. 2022, § 3 Rn 20 ff.). Besondere Bedeutung  haben dabei die von Notarseite entwickelten Vergütungsempfehlungen erlangt. 

6Die Entwicklung dieser Tabellen verläuft von der sog. „Rheinischen Tabelle“ aus dem Jahr 1925 über die Überarbeitung durch den Deutschen Notarverein im Jahr 2000 (DNotV‑E 2000) bis zu den Empfehlungen des Jahres 2025 (DNotV‑E 2025), die in großem Maße die Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge (AGT) e.V. umsetzten (vgl. hierzu Rott, ZErb 2025, 161–166. Die DNotV‑E 2000 wurden als Fortentwicklung der alten Rheinischen Tabelle verstanden  (Rott, ZErb 2025, 161–166; Reimann, ZEV 2024, 795; Lange, DStR 2025, 218; Muscheler, Hereditare 2016, 183). Die DNotV-E 2025 knüpfen daran an und sehen sich in dieser Tradition, empfehlen aber dringend, die Begrifflichkeiten "rheinisch" und "Tabelle" wegen der damit verbundenen Möglichkeit zur Irreführung auf jeden Fall zu vermeiden. Die DNotV-E 2025 stellen das aktuellste Tabellenwerk dar. Ihre Besonderheit besteht darin, dass sie ihre Legitimation aus den Empfehlungen zweier großer berufsständischer Organisationen (DNOTV und AGT) herleiten kann.

2) Abgrenzungen, Kasuistik

Anwendungsbereich und zeitliche Anwendbarkeit der DNotV-E 2025

4Die DNotV-E 2025 sind auf der Website des Deutschen Notarvereins veröffentlicht (www.dnotv.de/wp-content/uploads/2024/11/Empfehlungen-des-Deutschen-Notarvereins-fuer-die-Verguetung-des-Testamentsvollstreckers-2025_Stand-11-2024.pdf). Sie werden grundsätzlich für Erbfälle ab dem 1. Januar 2025 empfohlen.

3) Zusammenfassung der Rechtsprechung

Zu den DNotV-E 2025 gibt es noch keine Rechtsprechung, dazu sind die Empfehlungen noch zu neu. Teilweise wird sicherlich auf Rechtsprechung zu den DNotV-E 2000 in vorsichtiger Anwendung zurückgegriffen werden können. Eine Zusammenfassung mit Hinweisen auf die frei verfügbaren Entscheidungen findet sich bei Rott, Rechtsprechungssammlung für Testamentsvollstrecker 2023 (digital).

4) Literaturstimmen

Bonefeld/Klinger, Die Vergütung des TV bei DauerTV über Unternehmensanteile, RFamU 2025, 57 ff.

Bonefeld/Klinger, Erste Praxishinweise zu den Empfehlungen des DNotV 2025, ZEV 2025, 155 ff.

Kaup, Ephraim, Testamentsvollstreckung über Familienunternehmen – Die neuen Vergütungsempfehlungen des Deutschen Notarvereins 2025 als Wegweiser für Unternehmernachlässe, FuS 2025, 143

Lange, Knut Werner, Die Vergütung des Testamentsvollstreckers nach den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins 2025 - ein erster Überblick, DStR 2025, 218

Muscheler, Karlheinz, Der testamentarische Verweis auf Vergütungstabellen bei der Testamentsvollstreckung, notar 2024, 179

Reimann, Wolfgang, Die Vergütung des Testamentsvollstreckers nach den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins 2025 – Erste Erläuterungen, ZEV 2024, 795-799

Rott, Eberhard, Testamentsvollstreckervergütung – Überarbeitung der Vergütungsempfehlungen des Deutschen Notarvereins, NWB-EV 2025, 58

Rott, Eberhard, Abschied von der “Rheinischen Tabelle” – Die Umsetzung der AGT-Anmerkungen zur angemessenen Testamentsvollstreckervergütung durch die DNotV-E 2025, ZErb 2025, 161-166

Rott, Eberhard, Die Empfehlungen des Deutschen Notarvereins 2025 für die Vergütung des Testamentsvollstreckers, - der lange Abschied von der Rheinischen Tabelle, ErbR 2025, 374

Rott, Eberhard, Die Vergütung des Testamentsvollstreckers nach den DNotV-E 2025 – Neue Maßstäbe für Beratung und Gestaltungspraxis sowie Arbeitshilfen, NWB-EV 2025, 06/2025

Rott, Eberhard, gemeinsam mit Weiler, Katharina, Die Vergütungsempfehlungen des DNotV – was ist neu, was hat sich geändert?, EE 03/2025

5) Prozessuales

Der Vergütungsstreit ist stets vor dem Prozessgericht zu führen, das Nachlassgericht ist hierfür nicht zuständig.


Fußnoten