§ 1576 Unterhalt aus Billigkeitsgründen
Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit und solange von ihm aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann und die Versagung von Unterhalt unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten grob unbillig wäre. Schwerwiegende Gründe dürfen nicht allein deswegen berücksichtigt werden, weil sie zum Scheitern der Ehe geführt haben.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
1Abweichend vom Unterhalt während der Trennungszeit können nacheheliche Unterhaltsansprüche ab der Rechtskraft der Scheidung nur geltend gemacht werden, wenn ein gesetzlich festgelegter Grund dafür besteht. Die verschiedenen Unterhaltstatbestände sind in den §
2Bei dem Unterhalt aus Billigkeitsgründen gemäß
Als Voraussetzung muss ein schwerwiegender Grund bestehen, der den Unterhaltsberechtigten an einer Erwerbstätigkeit hindert und somit einen Unterhaltsbedarf hervorruft.
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
3Der Unterhalt gemäß
4Als Voraussetzung für die Geltendmachung des Unterhalts muss ein schwerwiegender Grund vorliegen, der den Unterhaltsberechtigten an einer (vollen) angemessenen Erwerbstätigkeit hindert. Dabei muss weder die Unterhaltsbedürftigkeit noch der schwerwiegende Grund ehebedingt sein.BGH FamRZ 2003, 1734.
Der schwerwiegende Grund darf gemäß
2) Definitionen
1. schwerwiegender Grund
5Bei der Definition eines "sonstigen schwerwiegenden Grundes" orientiert sich die Rechtsprechung an den Unterhaltstatbeständen der §
a) Kinderbetreuung
6Die Betreuung gemeinschaftlicher Kinder ist grundsätzlich vom Unterhalt nach
Ein Anspruch auf Unterhalt nach
Dies ist u.a. bei der Betreuung eines Stiefkindes gegeben, wenn der Unterhaltsberechtigte das Stiefkind (Kind des Unterhaltsverpflichteten) mit dessen Willen auch nach der Scheidung weiter betreut.OLG Köln FamRZ 1980, 1006. Gleiches gilt für gemeinschaftlich aufgenommene Pflegekinder, wenn nach der Scheidung der Unterhaltsberechtigte die überwiegende Betreuung übernimmt.BGH FamRZ 1984, 361.
b) Pflege von Angehörigen
7Ein Anspruch auf Billigkeitsanspruch kann weiterhin angenommen werden, wenn sich der Unterhaltsberechtigte um die Pflege eines Angehörigen des Unterhaltsverpflichteten kümmert, solange dieser die Pflege billigt.Wendl/Dose/Bömelburg Unterhaltsrecht, 10. Auflage,
c) besondere Unterstützung des anderen Ehegatten
8Davon umfasst sind außergewöhnliche Opfer des Unterhaltsberechtigten, die der Ehegemeinschaft oder der Lebensplanung des Unterhaltsverpflichteten zugute kamen.
2. Einsatzzeitpunkt
9Im Gesetz ist kein fester Einsatzzeitpunkt vorgesehen, sodass der Unterhaltsanspruch nach
Scheitert ein anderweitiger Unterhaltsanspruch gemäß §
Der Anspruch auf Billigkeitsunterhalt beruht auf dem Grundsatz des nachehelichen Solidarität, sodass ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen der Geltendmachung des Anspruches und den ehelichen Lebensverhältnissen bestehen muss.OLG Karlsruhe FamRZ 1996, 948.
3. Billigkeit
10Der Unterhaltsanspruch setzt voraus, dass die Versagung eines solchen grob unbillig ist, d.h. dem Gerechtigkeitsempfinden im konkreten Einzelfall in unerträglicher Weise widerspricht.BGH FamRZ 1983, 800. Im Rahmen der erforderlichen Abwägung sind vor allem die Dauer der Ehe, das Alter der Ehegatten, die gemeinsame Lebensplanung und das eheliche Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen.BGH FamRZ 2003, 1734. Die Abwägung ist in Anbetracht aller Faktoren und unter Einbeziehung des Kindeswohls zu treffen.
3) Abgrenzungen, Kasuistik
11Der Unterhaltsanspruch nach
Der Billigkeitsunterhalt umfasst in keinster Weise einen Ausbildungsunterhalt. Dieser ist abschließend in den §§ 1575, 1574 Abs. 3 und 1573 Abs. 1 BGB geregelt.OLG Düsseldorf FamRZ 1980, 585.
4) Prozessuales
12Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen des Unterhaltsanspruches trägt der Unterhaltsberechtigte.
Der Anspruch ist zeitlich auf das Vorliegen eines schwerwiegenden Grundes beschränkt. Zudem ist über die Höhe des Anspruches und die zeitliche Befristung im Rahmen der Billigkeitsprüfung zu entscheiden. Dementsprechend besteht für die Anwendung der §