§ 1570 Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes
(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
1Damit ein geschiedener Ehegatte vom anderen Unterhalt verlangen kann, braucht er einen gesetzlich festgelegten Grund. Das Unterhaltsrecht wurde im Jahr 2008 reformiert. Es obliegt nach der Scheidung grundsätzlich jedem Ehegatten selbst, für seinen Unterhalt zu sorgen. Ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt kann nur nach den Vorschriften der §
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3Hiervon zu unterscheiden ist der Kindesunterhaltsanspruch, der einem Kind gemäß
Bis zum dritten Geburtstag eines gemeinschaftlichen Kindes ist der betreuende Ehegatte nicht verpflichtet, eine eigene Erwerbstätigkeit auszuüben.
4Nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes ist der betreuende Elternteil grundsätzlich verpflichtet, bestehende Betreuungsangebote (z.B. Kindergarten, Hort) anzunehmen; er kann sich nicht darauf berufen, dass er lieber weiter persönlich das Kind betreuen möchte. Die anderweitige Betreuung des Kindes ermöglicht es ihm, seinerseits wieder berufstätig zu sein. Hieraus erwächst eine Erwerbsobliegenheit; der Umfang der Obliegenheit zur Ausübung einer Berufstätigkeit richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Es gibt keine bestimmten festgelegten Altersstufen, ab welchem Alter des Kindes wieviel gearbeitet werden muss. In der Praxis besteht häufig zunächst eine Erwerbsobliegenheit zur Aufnahme einer Teilzeittätigkeit. Diese ist schrittweise zur Vollzeittätigkeit auszuweiten. Arbeitet der betreuende Elternteil trotz bestehender Erwerbsobliegenheit ohne hinreichenden Grund nicht, kann dies im Rahmen der Unterhaltsberechnung dazu führen, dass ihm ein fiktives Einkommen zugerechnet wird.
5Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt kann nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes aus Gründen, die in der Person des Kindes oder der Eltern liegen, weiterbestehen:
Kindbezogene Gründe, die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts führen, können beispielsweise Erkrankungen des Kindes, ein besonderer Förderungsbedarf, Hausaufgabenbetreuung und die Begleitung bei sportlichen Aktivitäten sein. Außerdem ist zu berücksichtigen, ob und inwieweit konkrete Betreuungsmöglichkeiten für das Kind bestehen. Die Verpflichtung zur Ausübung einer Berufstätigkeit besteht nur, soweit es eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit für das Kind gibt. Unter Berücksichtigung der Gesamtsituation, insbesondere des Umfangs der Erwerbsobliegenheit, ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs der Billigkeit entspricht.
6Eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanspruchs kommt außerdem aus elternbezogenen Gründen in Betracht, beispielweise wenn die Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe, sowie die Dauer der Ehe dies als billig erscheinen lassen. Dadurch wird das entstandene Vertrauen in die jahrelang gelebte Rollenverteilung geschützt.
7Spätestens bei Wegfall der Betreuungsbedürftigkeit von gemeinschaftlichen Kindern entfallen die Voraussetzungen des
Zu beachten ist, dass Unterhaltsansprüche wegen Kindesbetreuung in der Zeit der Trennung bis zur Rechtskraft der Scheidung sich nicht aus
Der Unterhaltsberechtigte trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen.
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
8Die Vorschrift des
9Für Eltern, die Kinder bis zur Vollendung des dritten Lebensjahrs betreuen, besteht gemäß
2) Definitionen
a) Anspruchsvoraussetzungen
aa) Allgemeine Voraussetzungen
Der Unterhaltsanspruch setzt voraus, dass ein geschiedener Ehegatte ein gemeinschaftliches Kind pflegt und erzieht.
10(1) Gemeinschaftliches Kind
Wenn ein Kind während bestehender Ehe von Mutter und Vater zur Welt kommt, ist es gemeinschaftlich, §§ 1591, 1592 Nr. 1 BGB.
3) Prozessuales
22Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen liegt beim unterhaltsberechtigten Elternteil.BGH FamRZ 2009, 770 und 1391; FamRZ 2010, 1050 und 1880
23Kindesbelange und die Möglichkeit der Betreuung durch bestehende Einrichtungen sollen von Amts wegen zu berücksichtigen sein.Bordt FamRZ 2008, 2, 10
24Ist ein Ende des Unterhaltsanspruchs absehbar, kann eine Verlängerung schon im Ersturteil befristet werden.BGH FamRZ 2000, 1499; FamRZ 2001, 905; FamRZ 2001, 1364
25Im Übrigen ist in einem Verfahren auf Abänderung des bestehenden Unterhaltstitels zu klären, ob die Anspruchsvoraussetzungen weiterbestehen oder weggefallen sind.