§ 2314 Auskunftspflicht des Erben
(1) Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen und dass der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird. Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
(2) Die Kosten fallen dem Nachlass zur Last.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
1I. Normzweck
Die Vorschrift des
- Anspruch auf Erstellung eines privatschriftlichen Nachlassverzeichnisses (§ 2314 Abs. 1 S. 1 BGB)
- Anspruch auf Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses (
§ 2314 Abs. 1 S. 3 BGB) - Hinzuziehungsrecht (2314 Abs. 1 S. 2 Halbsatz 1 BGB)
- Wertermittlungsanspruch (
§ 2314 Abs. 1 S. 2 a. E. BGB) - Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (i.V.m. § 260 BGB)
Die Geltendmachung der verschiedenen Ansprüche ermöglicht einem Pflichtteilsberechtigten die Durchsetzung seiner Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche. Es handelt sich um vorbereitende Ansprüche, die dem Pflichtteilsberechtigten Kenntnisse von Bestand und Wert sowohl des realen (im Zeitpunkt des Erbfalls tatsächlich vorhandenen) als auch des fiktiven Nachlasses (insbesondere Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten) verschaffen sollen, damit der Pflichtteilsberechtigte die Höhe seiner Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche errechnen kann.
II. Anspruch auf Erstellung eines privatschriftlichen Nachlassverzeichnisses
2Üblicherweise verlangt der Pflichtteilsberechtigte vom Erben zuerst Auskunft über den Bestand des Nachlasses. Dabei kann der Erbe zur Erstellung eines privatschriftlichen Verzeichnisses oder eines notariellen Verzeichnisses aufgefordert werden. Es besteht für den Pflichtteilsberechtigten auch die Möglichkeit, zunächst ein privatschriftliches Verzeichnis zu begehren und danach zusätzlich noch ein notarielles Nachlassverzeichnis.
Der Inhalt der Verzeichnisse ist in beiden Fällen gleich: Der Erbe muss zum einen Auskunft geben über die tatsächlich vorhandenen Vermögensgegenstände des Erblassers, also z.B. Sachen – auch solche, die der auskunftspflichtige Erbe für wertlos hält -, Immobilien, Unternehmen, Unternehmensbeteiligungen, Bargeld, Wertpapiere, Bankguthaben, Forderungen etc., eine mögliche Beteiligung an einem Zweitnachlass sowie Angaben darüber, ob der Erblasser die Erbschaft oder ein ihm zugewandtes Vermächtnis angenommen hat. Ferner gehören zum realen Nachlass auch Nachlassverbindlichkeiten, bedingte Rechte und Verbindlichkeiten sowie ungewisse Rechte und zweifelhafte Verbindlichkeiten, Sachen, die im (Mit-) Besitz des Erblassers waren, Gegenstände, die (vermeintlich) zum Voraus zählen, der Güterstand, in dem der Erblasser lebte sowie Angaben über die Anzahl der weiteren gesetzlichen Erben und deren jeweiliges verwandtschaftliches Verhältnis zum Erblasser. Zum anderen ist auch über den sogenannten fiktiven Nachlass Auskunft zu geben. Dies sind alle Schenkungen des Erblassers in den letzten zehn Jahren, bei Schenkungen an den Ehegatten und Abkömmlinge auch über die Zehnjahresfrist hinaus. Auch Lebensversicherungsverträge mit Bezugsberechtigung eines Dritten stellen Schenkungen dar, über die Auskunft zu geben ist. Sogar über sogenannte Pflicht- und Anstandsschenkungen im Sinne des § 2330 BGB, also Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke etc. muss informiert werden. Dies kann zur Folge haben, dass beim Tod eines verheirateten Erblassers Auskunft über die Schenkungen des Ehegatten an den Erblasser im Falle einer jahrzehntelang bestehenden Ehe über eben diesen jahrzehntelangen Zeitraum zu geben ist, obwohl sogenannte Pflicht- und Anstandsschenkungen keine Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösen.
Die umfassende Auskunftspflicht begründet sich darin, dass das Nachlassverzeichnis alle Tatsachen enthalten soll, die für eine Schlussberechnung des Nachlasses erforderlich sind, damit der Pflichtteilsberechtigte seinen Pflichtteil errechnen kann. Dabei kann der auskunftspflichtige Erbe sich nicht darauf zurückziehen, keine Kenntnisse vom Bestand des Nachlasses zu haben, sondern muss sich diese ggf. durch Nachfrage bei anderen Personen, Kreditinstituten, Grundbuchämtern etc. beschaffen, notfalls auch klageweise. Der Pflichtteilsberechtigte kann nicht nur den Erben, sondern auch die vom Erblasser beschenkten Personen zur Auskunft in Anspruch nehmen. Beschenkte müssen Auskunft über die ihnen zugeflossenen Zuwendungen geben.
III. Anspruch auf Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses
3Ein notarielles Verzeichnis soll eine höhere Richtigkeitsgewähr bieten, weshalb es auch noch nach Vorlage eines Privatverzeichnisses verlangt werden darf. Die Erstellung eines notariellen Verzeichnisses dauert regelmäßig deutlich länger und ist mit zusätzlichen Notargebühren verbunden, deren Höhe sich nach dem Wert des Nachlasses richtet. Wenn ein Notar beauftragt wird, ein notarielles Nachlassverzeichnis zu erstellen, muss er den Nachlassbestand zu ermitteln. Der Notar darf nicht bloß ein vom Erben erstelltes Verzeichnis beurkunden. Zwar muss er zunächst von den Angaben des Erben ausgehen, er darf sich hierauf aber nicht beschränken, sondern muss weitere Nachforschungen anstellen, um den Nachlassbestand möglichst vollständig aufzunehmen. Diese bestehen insbesondere in der Begehung der Erblasserwohnung, der Durchsicht von Bank- und Versicherungsunterlagen des Erblassers sowie Anfragen bei Grundbuchämtern und Banken vor Ort. Da dem Notar aber keine Zwangsmittel und Ermittlungskompetenzen zustehen, ist es für ihn nur in den seltensten Fällen möglich, Nachlasspositionen aufzudecken, die der Erbe versucht zu verheimlichen.
IV. Hinzuziehungsrecht
4Gemäß
V. Wertermittlungsanspruch
5Zu einem ordnungsgemäßen Nachlassverzeichnis gehören keine Wertangaben, grundsätzlich auch nicht die Vorlage von Belegen oder sonstigen wertermittlungsrelevanten Unterlagen. Damit der Pflichtteilsberechtigte den Wert des Nachlasses erkennen kann, gibt es den in
VI. Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
6Der Pflichtteilsberechtigte kann die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über die Vollständigkeit und Richtigkeit des Nachlasses verlangen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt wurde. An dieser mangelt es, wenn die objektive Besorgnis der Mangelhaftigkeit vorliegt. Das ist z.B. dann der Fall, wenn sich der Auskunftspflichtige mit allen Mitteln einer Auskunftserteilung widersetzt oder entzieht, wenn er die Auskunft nur schleppend erteilt, wenn er mit allen juristischen Mitteln versucht, die Auskunftserteilung zu verhindern, wenn er mehrfache Korrekturen vorgenommen hat, wenn die Auskunft nicht alle Bereiche umfasst, für die sie begründet gefordert wurde oder wenn die Angaben vage oder zweifelhaft sind. Im Falle eines notariellen Nachlassverzeichnisses bezieht sich die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf die Angaben, die der Notar als solche des auskunftspflichtigen Erben gekennzeichnet im Verzeichnis aufgenommen hat. Zuständig für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung ist das Amtsgericht des Wohnsitzes des auskunftspflichtigen Erben (funktional der Rechtspfleger).
VII. Kosten
7Die Kosten sind gemäß
VIII. Verfahren / Vollstreckung
8Der Pflichtteilsberechtigte kann die Ansprüche des
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
9Zur Durchsetzung seiner Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche benötigt der Pflichtteilsberechtigte die in
2) Definitionen
a) Anspruch auf Erstellung eines privatschriftlichen Nachlassverzeichnisses (§ 2314 Abs. 1 S. 1 BGB)
aa) Personaler Anwendungsbereich
13Nach der Formulierung des
Die Rechtsprechung lehnt eine entsprechende Anwendung des
Nur vereinzelte Literaturstimmen haben sich dafür ausgesprochen, dem pflichtteilsberechtigten Miterben einen Auskunftsanspruch gegen die anderen Erben nach
Unstreitig ist inzwischen seit einer Entscheidung des BGH 1971,BGHZ 55, 378, 380 dass dem pflichtteilsberechtigten Nichterben ein Auskunftsanspruch auch gegen einen vom Erblasser zu Lebzeiten beschenkten Nichterben gem.
Gegen den Vorerben gewährt der BGH und ihm folgend die herrschende Meinung in der Literatur dem pflichtteilsberechtigten Nacherben keinen Auskunftsanspruch nach
Der Nacherbe kann aber gegen den vom Vorerben Beschenkten gem.
Auch der pflichtteilsberechtigte Vertragserbe im Sinne von
Der pflichtteilsberechtigte Vermächtnisnehmer kann sich auf
Der pflichtteilsberechtigte Erbe, der belastet bzw. beschwert im Sinne von
Umstritten ist, ob dem Erben, der die Erbschaft ausgeschlagen hat, in Fällen, in denen er durch die Ausschlagung pflichtteilsberechtigt geworden ist, der Auskunftsanspruch nach
Dem pflichtteilsberechtigten Nichterben steht ein Auskunftsanspruch gegen einen anderen Pflichtteilsberechtigten über erhaltene Vorempfänge im Sinne des
Stiftungen sind wie jeder andere Schenkungsempfänger zu behandeln.BGH, ZErb 2004, 129 ff. (unter analoger Anwendung der §§ 2314, 2325 BGB, da es für eine unmittelbare Anwendung des
bb) Gegenständlicher Anwendungsbereich
14Nach der in
Ferner gehören zum realen Nachlass auch Nachlassverbindlichkeiten,BGHZ 89, 24, 27; BGHZ 33, 373, 374; RGZ 129, 239, 242; Johannsen, in: RGRK, § 2314, Rn. 7; a. A. nur früher OLG Dresden, SächsArch 1913, 252, 253 bedingte Rechte und Verbindlichkeiten sowie ungewisse Rechte und zweifelhafte VerbindlichkeitenEgner, Auskunftsanspruch, S. 6; Herzog, in: Staudinger, § 2314, Rn. 15 m. w. N. Sachen, die im (Mit-) Besitz des Erblassers waren,BGH, JZ 1952, 492, 492; OLG Hamburg, NJW-RR 1989, 1285, 1285; Braun, MittBayNot 2008, 351, 352; Edenfeld, ZErb 2005, 346, 348; Weidlich, in: Palandt, § 2314, Rn. 7; Herzog, in: Staudinger, § 2314, Rn. 31; Johannsen, in: RGRK, § 2314, Rn. 7; Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, Rn. 148 Gegenstände, die (vermeintlich) zum Voraus zählen,RGRZ 62, 109, 110; Egner, Auskunftsanspruch, S. 6; Herzog, in: Staudinger, § 2314, Rn. 31; Kerscher / Riedel / Lenz, Pflichtteilsrecht, § 11, Rn. 24; Tanck, in: Erbprozess, S. 462der Güterstand, in dem der Erblasser lebteOLG Düsseldorf, NJW 1996, 3156, 3156; Cornelius, ZEV 2005, 286, 288; Egner, Auskunftsanspruch, S. 20; Herzog, in: Staudinger, § 2314, Rn. 27a; Johanssen, in: RGRK, § 2314, Rn. 11; Kerscher / Riedel / Lenz, Pflichtteilsrecht, § 11, Rn. 23; Riedel / Lenz, in: Nomos-Kommentar Erbrecht, § 2314, Rn. 19; Sarres, Erbrechtliche Auskunftsansprüche, NJW-Schriftenreihe, Rn. 112; Tanck, in: Erbprozess, S. 462; Weidlich, in: Palandt, § 2314, Rn. 7 sowie Angaben über die Anzahl der weiteren gesetzlichen Erben und deren jeweiliges verwandtschaftliches Verhältnis zum Erblasser.Riedel / Lenz, in: Nomos-Kommentar Erbrecht, § 2314, Rn. 19 Dies begründet sich darin, dass das Nachlassverzeichnis alle Tatsachen enthalten soll, die für eine Schlussberechnung des Nachlasses erforderlich sind, da sonst der Zweck des
Der Auskunftspflichtige muss sich „soweit möglich“BGHZ 107, 104, 108 bzw. „soweit zumutbar“Herzog, in: Staudinger, § 2314, Rn. 28 fremdes Wissen verschaffen, wenn er mit seinem eigenen Wissen nicht in der Lage ist, dem Auskunftsberechtigten die für ihn notwendigen Informationen zu erteilen.BGHZ 107, 104, 108; Kerscher / Riedel / Lenz, § 11, Rn. 35; Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, Rn. 135; Tanck, in: Erbprozess, S. 462 Der Auskunftspflichtige muss Auskunftsansprüche und Informationsrechte gegenüber Dritten im Rahmen des Zumutbaren und Möglichen geltend machenEdenfeld, in: ZErb 2005, 346, 349; Herzog, in: Staudinger, § 2314, Rn. 28; Lange, in: MK, § 2314, Rn. 12 und notfalls auch einklagen.Edenfeld, in: ZErb 2005, 346, 349; Herzog, in: Staudinger, § 2314, Rn. 28; Lange, in: MK, § 2314, Rn. 12; a.A.: Osterloh-Konrad 234, die das für unzumutbar hält Alternativ kann er zur Erfüllung seiner Verpflichtung diese Ansprüche auch an den Auskunftsberechtigten abtreten, wenn dieser sich damit einverstanden erklärt.BGHZ 107, 104, 110
15Es haben sich Fallgruppen gebildet, bei denen die Möglichkeit und Zumutbarkeit bejaht wird. Der wohl wichtigstes Fall ist der des Auskunftsanspruchs gem. §§ 675, 666 BGB gegen die Kreditinstitute, bei denen der Erblasser bekanntermaßen ein Konto hatte.BGHZ 107, 104, 108 ff.; OLG Frankfurt, MDR 1966, 503, 503; Edenfeld, ZErb 2005, 346, 349; Kerscher / Riedel / Lenz, Pflichtteilsrecht, § 11, Rn. 36; Kuchinke, JZ 1990, 652, 653; Liesecke, WM 1975, 238, 248 In Fällen, in denen der Erblasser selbst an einem Nachlass beteiligt war und keine Informationen über diesen Nachlassbestand vorliegen, ist der Auskunftspflichtige gehalten, für den Fall, dass dem Erblasser ein Auskunftsanspruch nach
16Wertangaben muss der Auskunftspflichtige im Rahmen des Anspruchs nach
17Schon seit einer Entscheidung des Reichsgerichts in 1910RGZ 73, 369 ff. ist geklärt – in der Literatur auch unstreitig-,Herzog, in: Staudinger, § 2314, Rn. 16 m.w.N. dass auch über den fiktiven Nachlass Auskunft zu geben ist, da der durch pflichtwidrige Schenkungen benachteiligte Pflichtteilsberechtigte sonst häufig rechtlos dastehen würde; im Übrigen gehört die Ergänzung des Pflichtteils zum Pflichtteil selbst, weshalb alle Vorschriften, die den Pflichtteil betreffen, auch auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch anzuwenden sind.RGZ 73, 369, 370, 372 Der Auffassung schloss sich der BGH in ständiger Rechtsprechung an,BGHZ 89, 24, 26 f. m. w. N. da zum „Bestand des Nachlasses“ sämtliche Berechnungsfaktoren gehören, die der Berechnung des Pflichtteils einschließlich des Pflichtteilsergänzungsanspruchs zugrunde zu legen sind.BGH, NJW 1962, 245, 246; BGHZ 33, 373, 374
Allerdings entsteht die Auskunftspflicht über fiktive Nachlasspositionen erst dann, wenn der Auskunftsberechtigte diese Auskunft ausdrücklich begehrt.RGWarnRspr 1913, Nr. 378; BGHZ 82, 132, 136; OLG Celle, NJW-RR 2005, 1374, 1374; OLG München, ZEV 2004, 29, 29; Brandenburgisches OLG; FamRZ 1998, 179, 179; Kerscher / Riedel / Lenz, Pflichtteilsrecht, § 11, Rn. 30; Lange / Kuchinke, Erbrecht, S. 955; a. A.: Sarres, Erbrechtliche Auskunftsansprüche, NJW-Schriftenreihe, Rn. 105; Egner, Auskunftsanspruch, S. 11 f.; Heidenreich, Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche des Pflichtteilsberechtigten, S. 89
Der Zeitraum, über den bezüglich Schenkungen Auskunft zu geben ist, bestimmt sich nach der Pflichtteilsergänzungsrelevanz. Grundsätzlich sind die letzten zehn Jahre vor dem Erbfall relevant. Da bei Schenkungen an den Ehegatten die Zehn-Jahres-Frist erst mit Auflösung der Ehe zu laufen beginnt (
Die Auskunft über den fiktiven Nachlass umfasst Schenkungen im Sinne des
18Grundsätzlich besteht kein Anspruch des Auskunftsberechtigten auf Ergänzung des Nachlassverzeichnisses, wenn er meint, es sei unrichtig oder unvollständig.Lange, in: MK, § 2314, Rn. 9 Stattdessen steht dem Pflichtteilsberechtigten lediglich ein Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu, soweit er darlegen kann, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt worden ist.BGH, JZ 1952, 492, 492; OLG Nürnberg, ZEV 2005, 312, 313; OLG Oldenburg, FamRZ 2000, 62, 62; Coing, NJW 1983, 1298, 1298; Edenfeld, ZErb 2005, 346, 351; Johannsen, in: RGRK, § 2314, Rn. 9; Mayer, in: Bamberger / Roth, § 2314, Rn. 14; Riedel / Lenz, in: Nomos-Kommentar Erbrecht, § 2314, Rn. 25 Nur in den Fällen, in denen die Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit auf einen Umstand zurückzuführen ist, der seine Ursache nicht in einer unzureichenden Sorgfalt im Sinne von
cc) Dokumentationsanspruch
19Die Auskunft ist schriftlich zu erteilen.Heidenreich, Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche des Pflichtteilsberechtigten, S. 123 f. Das Nachlassverzeichnis ist strukturell wie eine Bilanz aufzubauen.Riedel / Lenz, in: Nomos-Kommentar Erbrecht, § 2314, Rn. 10 „Nachlass-Bilanz“; Sarres, in: Münchener Anwaltshandbuch, § 32, Rn. 20 Sämtliche Aktiva und Passiva zum Stichtag des TodestagesBecker / Horn, ZEV 2007, 62, 62s sind übersichtlich zusammenzustellen,DNotI-Gutachten, DNotI-Report 2003, 137, 138 wobei die Aktiva und Passiva getrennt voneinander auszuweisen sindRiedel / Lenz, in: Nomos-Kommentar Erbrecht, § 2314, Rn. 21 und die fiktiven Nachlasspositionen separat aufzuführen sind.OLG Düsseldorf, ZErb 2009, 41 m. zust. Anm. von Riedel Die Nachlassgegenstände müssen einzeln aufgelistet werden und nach Anzahl, Art und wertbildenden Faktoren bezeichnet werden, wobei eine Saldierung bestimmter Gruppen von Nachlassgegenständen nicht zulässig ist.DNotI-Gutachten, DNotI-Report 2003, 137, 138; Riedel / Lenz, in: Nomos-Kommentar Erbrecht, § 2314, Rn. 10
Die Auskunft muss so erfolgen, dass dem Pflichtteilsberechtigten die Nachprüfung der Angaben möglich ist.OLG Karlsruhe, ZEV 2000, 280; Lange, in: MK, § 2314, Rn. 13
Fotos sind nicht geeignet, das Nachlassverzeichnis zu ersetzen.OLG Düsseldorf, ErbR 2020, 733, 733 f.
20Nach umstrittener Auffassung sind Teilverzeichnisse zulässig.BGH, ZEV 1996, 194, 195; BGH, NJW 1962, 1499, 1499; Brandenburgisches OLG, FamRZ 1998, 179, 179; OLG Düsseldorf, ErbR 2020, 737, 737; Heidenreich, Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche des Pflichtteilsberechtigten, S. 125 ff. m. Hinweis auf andere Literaturauffassungen
21Ein Anspruch auf Rechnungslegung besteht nur bezüglich Unternehmen und Grundstücken.BGH, NJW 1975, 1774, 1777; BGH, NJW 1975, 258, 259; BGHZ 33, 373, 378; OLG Düsseldorf, FamRZ 1997, 58, 59; OLG Hamburg, MittBayNot 2018, 357, 359; OLG Karlsruhe, FamRZ 2015, 1756, 1757; OLG Köln, ZEV 1999, 110, 110 ff.; OLG Zweibrücken, FamRZ 1987, 1197, 1198; Becker / Horn, ZEV 2007, 62, 62; Cornelius, ZEV 2005, 286, 288; Kasper, in: Münchener Anwaltshandbuch, § 36, Rn. 173; Klinger / Roth, NJW-Spezial 2008, 71, 71; Lange, in: MK, § 2314, Rn. 11; für eine weitere Belegpflicht: Bartsch, ZEV 2004, 176, 179 und Bittler, in: Handbuch Pflichtteilsrecht, § 9, Rn. 24 Insbesondere besteht kein Anspruch auf Vorlage sämtlicher Bankunterlagen.OLG Koblenz, ZEV 2010, 262, 263; Lange, in: MK, § 2314, Rn. 13
22Nach sehr umstrittener Auffassung besteht keine Unterschriftspflicht.OLG Nürnberg, ZEV 2005, 312, 312; OLG Hamm [11. Familiensenat], FamRZ 2005, 1194, 1194; OLG Karlsruhe, FamRZ 2006, 284, 285; OLG Karlsruhe, FamRZ 2004, 106, 106; KG, FamRZ 1997, 503, 503; OLG Zweibrücken, FamRZ 2001, 763, 764; Deppenkemper, in: Prütting / Wegen / Weinreich, § 2314, Rn. 11; Lange, in: MK, § 2314, Rn. 27; Stürner, in: Jauernig, § 2314, Rn. 3; Heidenreich, Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche des Pflichtteilsberechtigten, S. 135; a. A.: Brandenburgisches OLG, ZErb 2004, 132, 133; OLG Köln, FamRZ 2003, 235, 236
b) Anspruch auf Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses
In allen Fällen, in denen der personale Anwendungsbereich des
aa) Zulässigkeit und Zuständigkeit
23Gem.
bb) Inhalt und Form
24Inhaltlich unterscheidet sich das notarielle Verzeichnis von einem privaten Verzeichnis nicht,BGHZ 33, 373, 377; OLG Karlsruhe, ZEV 2007, 329, 330; Becker / Horn, ZEV 2007, 62, 64; Herzog, in: Staudinger, § 2314, Rn. 70; Mayer, in: Bamberger / Roth, § 2314, Rn. 15; Riedel / Lenz, in: Nomos-Kommentar Erbrecht, § 2314, Rn. 24; a.A. wohl Keim, ZEV 2007, 332 insbesondere sind auch im notariellen Nachlassverzeichnis keine Wertangaben zu machen.OLG Düsseldorf , ErbR 2020, 509, 509; OLG Düsseldorf, OLG-Report 1995, 299, 300, Herzog, in: Staudinger, § 2314, Rn 10 Da es nicht Aufgabe des Notars ist, streitige Nachlasspositionen zu klären, muss er diese aufnehmen.Braun, MittBayNot 2008, 351, 352; DNotI-Report 2007, 105, 106; Herzog, in: Staudinger, § 2314, Rn. 70 Zweifel an der Richtigkeit von Angaben des Erben hat der Notar zu vermerken.Herzog, in: Staudinger, § 2314, Rn. 70; Grziwotz, in: Hk-Pflichtteilsrecht, Rn. 61 Teilverzeichnisse sind unter den gleichen Voraussetzungen wie bei der Erstellung eines Privatverzeichnisses zulässig.Roth, ZErb 2007, 402, 405 Wird der Erbe zur Auskunftserteilung durch ein notarielles Nachlassverzeichnis verurteilt, weil von ihm vorgelegte Privatverzeichnisse in bestimmten Punkten unzureichend waren, darf der Notar sich darauf beschränken, ein ergänzendes Verzeichnis zu errichten und im Übrigen auf die Privatverzeichnisse Bezug nehmen, wenn er deutlich macht, dass die Urkunden im Zusammenhang den Anspruch erfüllen sollen.OLG Düsseldorf, ErbR 2020, 510, 511
cc) Ermittlungspflicht des Notars
25Nach heutiger Rechtsprechung und herrschender Meinung in der Literatur muss der Notar das Nachlassverzeichnis selbst erstellen, d.h. auch selbst ermitteln und eine Tatsachenbeurkundung im Sinne der §
Als Ermittlungstätigkeiten kommen z.B. in Betracht:Beispiele listet auch Lange auf, in: MK, § 2314, Rn. 37 ff. Die Begehung der Erblasserwohnung nebst Verzeichnung der dort befindlichen Gegenstände;LG Schwerin, ZEV 2012, 425, 425; Herzog, in: Staudinger, § 2314, Rn. 73; Klinger, NJW-Spezial 2004, 61, 61; Lange, in: MK, § 2314, Rn. 33 die Durchsicht von Unterlagen im Hinblick auf das Vorhandensein von Guthaben und Verbindlichkeiten bzw. Grundbesitz oder ähnlichemKlinger, NJW-Spezial 2004, 61, 61; Roth, ZErb 2007, 402, 404 und Anfragen beim zuständigen Grundbuchamt oder den Banken vor Ort, auch um fiktive Nachlasspositionen aufzuspüren.OLG Saarbrücken, ZEV 2011, 373, 374; DNotI-Gutachten, DNotI-Report 2003, 137, 138; Herzog, in: Staudinger, § 2314, Rn. 73; Klinger, NJW-Spezial 2004, 61, 61; Lange, in: MK, § 2314, Rn. 30 Nach teilweise vertretener Auffassung soll der Notar stets verpflichtet sein, sich sämtliche Kontoauszüge der letzten zehn Jahre zu beschaffen.Horn, ZEV 2018, 376, 377 m.w.N.; a.A.: Keim, ZEV 2018, 501, 50 m.w.N
c) Hinzuziehungsrecht
26Gemäß
Das Hinzuziehungsrecht stellt ein bloßes Anwesenheitsrecht dar, das auch die Hinzuziehung eines Vertreters oder Beistandes enthält.KG, FamRZ 1996, 767, 767; Johannsen, in: RGRK, § 2314, Rn. 15; Lange, in: MK, § 2314, Rn. 14; Riedel / Lenz, in: Nomos-Kommentar Erbrecht, § 2314, Rn. 26; Roth, ZErb 2007, 402, 404; v. d. Auwera, ZEV 2008, 359, 359 Mitwirkungsrechte oder Mitwirkungspflichten umfasst es nicht, noch nicht einmal das Recht, eigene Erkenntnisse über den Nachlassbestand mitzuteilen und Angaben des Auskunftspflichtigen anzuzweifeln.Herzog, in: Staudinger, § 2314, Rn. 76.; Schreinert, RNotZ 2008, 61, 69 Erst Recht regelt das Hinzuziehungsrecht keine Befugnis, eigene Nachforschungen über den Nachlassbestand anzustellen.KG, FamRZ 1996, 767, 767; KG, NJW 1996, 2312, 2313; Roth, ZErb 2007, 402, 404 Insofern hilft die Geltendmachung des Hinzuziehungsrechts dem Pflichtteilsberechtigten wenig, teilweise wird sogar die Auffassung vertreten, ein Anwalt sollte seinem pflichtteilsberechtigten Mandanten davon abraten, diesen Anspruch geltend zu machen, „um nicht vor Ort unnötige Streitigkeiten vom Zaun zu brechen“.Roth, ZErb 2007, 402, 404; Heidenreich, Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche des Pflichtteilsberechtigten, S. 161
d) Wertermittlungsanspruch gem. § 2314 Abs. 1 a. E. BGB
27Da zu einem ordnungsgemäßen Nachlassverzeichnis weder Wertangaben noch die Vorlage von wertermittlungsrelevanten Unterlagen gehören, gewährt
aa) Trennung zwischen Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch
28Der Wertermittlungsanspruch ist vom Auskunftsanspruch strikt zu trennen.BGHZ 89, 24, 28; OLG Brandenburg, ZErb 2019, 101, 101; OLG Frankfurt, NJW-RR 1994, 9, 9; OLG Köln, ZEV 1999, 110, 110; Dieckmann, FamRZ 1984, 880, 880 Er steht selbstständig neben dem Auskunftsanspruch, hat einen eigenen Inhalt und ist nicht „automatisch“ im Auskunftsanspruch enthalten, weshalb er gesondert geltend gemacht werden muss.BGHZ 89, 24, 28; OLG Frankfurt, NJW-RR 1994, 9, 9; Becker / Horn, ZEV 2007, 62, 62; Dieckmann, FamRZ 1984, 880, 880; Rißmann, in: Festschrift Damrau, 235, 236; Sarres, ZEV 1998, 4, 6
In der Rechtsprechung ungeklärt und in der Literatur umstritten ist, ob der Wertermittlungsanspruch im Prozess parallel zum Auskunftsanspruch oder erst nach Erfüllung des Auskunftsanspruchs geltend gemacht werden kann. Dabei bedeutet parallel nicht, dass beide Ansprüche mit einer Stufenklage in einer Klageschrift verfolgt werden, sondern dass der Wertermittlungsanspruch tatsächlich gleichzeitig mit dem Auskunftsanspruch geltend gemacht und nicht erst – wie es auch im Wege der Stufenklage geschieht – die Erfüllung des Auskunftsanspruch abgewartet wird.Zur Darstellung der unterschiedlichen Auffassungen s. Heidenreich, Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche des Pflichtteilsberechtigten, S. 214 ff.
bb) Personaler Anwendungsbereich
29Gegen eine teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung, nach der die Wertermittlungspflicht ein „Annex der Auskunftspflicht“ sei und deshalb in den Fällen, in denen der Auskunftsanspruch in analoger Anwendung des
Es besteht kein Wertermittlungsanspruch nach
Erst Recht besteht nach Auffassung der Rechtsprechung und Teilen der Literatur konsequenterweise kein Wertermittlungsanspruch eines pflichtteilsberechtigten Mit- oder Alleinerben gegen einen Beschenkten in analoger Anwendung des
Dem pflichtteilsberechtigten Nacherben spricht der BGH einen Wertermittlungsanspruch gegen den Vorerben auch nicht in analoger Anwendung des
So kommt für den BGH auch ein Wertermittlungsanspruch in analoger Anwendung des
cc) Gegenständlicher Anwendungsbereich
30Nach dem Wortlaut der Regelung bezieht sich der Wertermittlungsanspruch auf die „Nachlassgegenstände“, also alle Gegenstände, die zum realen Nachlass gehören. Dieser umfasst auch die Gegenstände, die der Pflichtteilsberechtigte als Vermächtnis erhält.OLG Düsseldorf, FamRZ 1995, 1236, 1237 Unstreitig zählen unter „Nachlassgegenstände“ auch Rechte und Verbindlichkeiten und es besteht Einigkeit, dass in analoger Anwendung auch die fiktiven Nachlasspositionen umfasst sind, denn die Interessenlage bei einem Gegenstand des fiktiven Nachlasses ist nicht anders, als wenn er zum tatsächlichen Nachlass gehören würde.BGHZ 89, 24, 32; Baumgärtel, JR 1984, 199, 202; Dieckmann, FamRZ 1984, 880, 880 f.; Winkler v. Mohrenfels, NJW 1987, 2557, 2559
Die Ermittlung des Wertes einer fiktiven Nachlassposition kann nach der Rechtsprechung des BGH erst dann verlangt werden, wenn nicht nur ein begründeter Verdacht dafür besteht, dass es sich um eine pflichtteilsergänzungsrelevante Schenkung handelt, sondern wenn die Schenkung vom Pflichtteilsberechtigten bewiesen ist.BGHZ 89, 24, 29; so auch OLG Schleswig, ZEV 2007, 277, 278; a. A.: OLG Düsseldorf, FamRZ 1985, 1286, 1238 (Ergangen nach der vorgenannten Entscheidung des BGH); Cornelius, ZEV 2005, 286, 288; Deppenkemper, in: Prütting / Wegen / Weinreich, § 2314, Rn. 16; Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, Rn. 165; Lange, in: MK, § 2314, Rn. 22; Mayer, in: Bamberger / Roth, § 2314, Rn. 19, die den Nachweis des Vorliegens einer gemischten Schenkung mittels „grober Überschlagsberechnung“ als ausreichend erachten; Baumgärtel, JR 1984, 202, 202 (begründeter Verdacht und Zumutbarkeit der Leistung eines Kostenvorschusses durch Erben ausreichend); Heidenreich, Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche des Pflichtteilsberechtigten, 199 ff. m. ausführlicher Darstellung der verschiedenen Literaturmeinungen auf Seiten 195 ff. Voraussetzung für den Wertermittlungsanspruch wegen einer (gemischten) Schenkung des Erblassers zu Lebzeiten ist entsprechend der allgemein anerkannten Beweislastregeln,S. hierzu auch BGHZ 53, 245, 250 dass die (gemischte) Schenkung vom Pflichtteilsberechtigten bewiesen ist.BGHZ 89, 24, 30; BGH, FamRZ 1981, 765, 766; OLG Schleswig, ZEV 2007, 277, 278; zu den Einzelheiten, wann der Beweis nach Rechtsprechung des BGH erbracht ist: Heidenreich, Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche des Pflichtteilsberechtigten, S. 192 ff.
Hinsichtlich des Bewertungszeitpunkts ist bei fiktiven Nachlasspositionen
dd) Inhalt
31Der zur Wertermittlung verpflichtete Erbe ist bei der Wertermittlung zur Mitwirkung verpflichtet. Er kann den Anspruch erfüllen, indem er Unterlagen vorlegt, aus denen sich der Wert der Nachlassposition zum maßgeblichen Zeitpunkt ergibt.Lange, in: MK, § 2314, Rn 20 Wenn die dem Pflichtteilsberechtigten zugänglich gemachten Tatsachen und Informationen jedoch kein hinreichendes Bild über den Wert der Nachlassgegenstände ermöglichen, hat der Pflichtteilsberechtigte Anspruch auf Veranlassung der Wertermittlung.BGHZ 89, 24, 29; BGH, NJW 1995, 258, 259; Brandenburgisches OLG, ZErb 2004, 132, 133; OLG Köln, ZEV 2006, 77, 78; OLG München, NJW 1994, 2094, 2094; OLG Schleswig, NJW 1972, 586, 586 f.; Coing, NJW 1983, 1298, 1300; Lange, in: MK, § 2314, Rn. 20
Unter Wert im Sinne der Vorschrift ist grundsätzlich der „gemeine Wert“OLG Düsseldorf, ZEV 1994, 361, 361; Mayer, ZEV 1994, 331, 331 (auch Verkehrswert oder Normalverkaufswert genannt) zu verstehen. Dies ist der Wert, den die Nachlassposition für jeden hat, d.h. der Betrag, der bei einer Veräußerung auf dem freien Markt erzielt werden kann.Brandenburgisches OLG, NJW-Spezial 2008, 264, 264; Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, Rn. 173 Der Pflichtteilsberechtigte ist grundsätzlich so zu stellen, wie wenn der Nachlass beim Tode des Erblassers in Geld umgesetzt worden wäre.Brandenburgisches OLG, NJW-Spezial 2008, 264, 264; Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, Rn. 173 Die Bewertung von Nachlassgegenständen, die bald nach dem Erbfall veräußert worden sind, muss sich deshalb – von außergewöhnlichen Verhältnissen abgesehen – grundsätzlich am tatsächlich erzielten Verkaufspreis orientieren, denn es ist nicht gerechtfertigt, die relativ gesicherte Ebene tatsächlich erzielter Verkaufserlöse zu verlassen.BGH, FamRZ 1993, 698, 698; BGH, NJW-RR 1991, 900, 901; Brandenburgisches OLG, NJW-Spezial 2008, 264, 264; OLG Düsseldorf, FamRZ 1995, 1236, 1237; OLG Düsseldorf, ZEV 1994, 361, 361 f.; Sarres, Erbrechtliche Auskunftsansprüche, NJW-Schriftenreihe, Rn. 121 Bei Immobilien- und Betriebsveräußerungen hat eine Orientierung am Verkaufspreis zu erfolgen, wenn zwischen Erbfall und Veräußerung weniger als ein Jahr vergangen ist.Brandenburgisches OLG, NJW-Spezial 2008, 264, 264; OLG Düsseldorf, FamRZ 1995, 1236, 1237; OLG Düsseldorf, ZEV 1994, 361, 362; Sarres, Erbrechtliche Auskunftsansprüche, NJW-Schriftenreihe, Rn. 121 Nur dann, wenn es für einen Nachlassgegenstand keinen nennenswerten Markt gibt, was unter gewöhnlichen Wirtschaftsverhältnissen kaum vorkommt,Mayer, ZEV 1994, 331, 336 ist der sogenannte „wahre, innere Wert“ maßgebend.BGH, NJW-RR, 1992, 899, 899 f.; Mayer, ZEV 1994, 331, 335 Das ist der Wert, der für den Inhaber der Rechtsposition darin besteht, den Gegenstand weiter nutzen zu können, also ein kapitalisierter Nutzungswert.Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, Rn. 175 Bei Immobilien, die nicht verkauft werden sollen, geht es nicht an, sie kurzerhand mit dem hypothetischen Verkehrswert anzusetzen.BGH, NJW-RR 1992, 899, 899; BGH, NJW-RR 1986, 226, 228
Die Wertermittlung muss für den Pflichtteilsberechtigten nachvollziehbar und – zumindest mit sachverständiger Hilfe – überprüfbar sein, weshalb der Pflichtteilsberechtigte Anspruch auf ein Gutachten hat, das (insbesondere bei Immobilien oder Unternehmensbeteiligung) alle ernsthaft in Betracht kommenden Bewertungsmethoden anspricht.BGH, NJW 1993, 2737, 2737 f.; BGH, NJW 1986, 127 ff.; BGH, NJW 1975, 258, 258 f.; Brandenburgisches OLG, ZErb 2004, 132, 133 f.; KG, OLG-Report 1999, 90, 90; OLG Köln, ZEV 2006, 77, 78; OLG Köln, ZEV 1999, 110, 111; OLG München, NJW-RR 1988, 390, 391; Bratke, ZEV 2000, 16, 16 f.; Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, Rn. 198 ff.; Mayer, ZEV 1994, 331, 334 f. Anspruch auf ein im Ergebnis richtiges Gutachten besteht nicht; wenn das Gutachten obige Voraussetzungen erfüllt, ist es dem Pflichtteilsberechtigten anhand dieses Gutachtens – ggf. mit fachkundiger Hilfe – möglich, selbst das richtige Ergebnis zu ermitteln, womit der Wertermittlungsanspruch als erfüllt anzusehen ist.OLG Köln, ZEV 2006, 77, 78; OLG Oldenburg, NJW 1999, 1974, 1975; Rißmann, in: Festschrift Damrau, 235, 240
Ein Anspruch gegen den Erben auf Duldung der Wertermittlung besteht nicht.BGH, NJW 1995, 258 f.; OLG Karlsruhe, MDR 1990, 341, 341 f.; OLG Schleswig, NJW 1992, 586, 587; Baumgärtel, in: Festschrift Hübner, 395, 406; Coing, NJW 1983, 1298, 1300; Dieckmann, in: Soergel, § 2314, Rn. 29; Egner, in: Auskunftsanspruch, S. 122 ff.; ausführlich hierzu auch Pfauser, Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch, S. 74 ff
Der Wertermittlungsberechtigte hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Wertermittlungsverpflichtete ein bereits eigens eingeholtes Schätzgutachten herausgibt.BGH, FamRZ 1965, 135, 136; Baumgärtel, in: Festschrift Hübner, 395, 402; Haß, SchlHA 1977, 58, 59
Die Person des Sachverständigen ist vom Wertermittlungsverpflichteten zu bestimmen.BGH, NJW 1975, 258, 259; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1990, 393, 394; Bittler, in: Handbuch Pflichtteilsrecht, § 9, Rn. 66 Dabei hat der Pflichtteilsberechtigte nach Auffassung der Rechtsprechung der herrschenden Literaturmeinung keinen Anspruch auf Beauftragung eines öffentlich bestellten Sachverständigen.BGH, NJW 1975, 258, 259; Brandenburgisches OLG, ZErb 2004, 132, 133; OLG Düsseldorf, FamRZ 1997, 58, 59; LG Limburg, WM 1990, 1832, 1832; Bißmaier, ZEV 1997, 149, 150; Bittler, in: Handbuch Pflichtteilsrecht, § 9; Rn. 67, Cornelius, ZEV 2005, 286, 288; a. A.: Rißmann, in: Festschrift Damrau, 235, 241 ff.
e) Anspruch auf Abgabe der eidstattlichen Versicherung
32
Der Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung besteht nicht kraft Gesetzes, sondern erst – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen – mit der Geltendmachung durch den Pflichtteilsberechtigten, was sich aus dem Wortlaut des
Wenn der Auskunftsanspruch noch nicht erfüllt ist, weil der Auskunftspflichtige z.B. irrig davon ausging, fiktive Nachlasspositionen seien im Nachlassverzeichnis nicht aufzunehmen, kann er noch nicht zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet werden. Der Auskunftsberechtigte muss erst die Erfüllung des Auskunftsanspruchs erstreiten.OLG Oldenburg, NJW-RR 1992, 777, 777
Kumulative Voraussetzungen für eine begründete Geltendmachung des Anspruchs sind die Erfüllung des Auskunftsanspruchs, Grund zu der Annahme, das Verzeichnis sei nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt und dass es sich gem. §
An der erforderlichen Sorgfalt mangelt es, wenn die objektive Besorgnis der Mangelhaftigkeit vorliegt, ohne dass auch ein subjektives Fehlverhalten erforderlich ist.Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, Rn. 171 Das ist z.B. der Fall, wenn sich der Auskunftspflichtige mit allen Mitteln einer Auskunftserteilung widersetzt bzw. entziehtOLG Frankfurt, NJW-RR 1993, 1483, 1484 (z.B., wenn er die Auskunft nur schleppend erteilt oder mit allen juristischen Mitteln versucht, die Auskunftserteilung zu verhindern),Riedel / Lenz, in: Nomos-Kommentar Erbrecht, § 2314, Rn. 27 wenn er mehrfache Korrekturen vorgenommen hat,Riedel / Lenz, in: Nomos-Kommentar Erbrecht, § 2314, Rn. 27 wenn die Auskunft nicht alle Bereiche umfasst, für die sie begründet gefordert wurde,OLG Düsseldorf, OLG Report 1998, 304, 304 f. wenn die Angaben vage oder zweifelhaft sindLange, in: MK, § 2314, Rn. 29 und nach teilweise vertretener Auffassung auch dann, wenn dem Bestandsverzeichnis keine Belege beigefügt wurden,Bittler, in: Handbuch Pflichtteilsrecht, § 9, Rn. 29; a. A.: Z. B. Mayer, in: Bamberger / Roth, § 2314, Rn. 16 wobei die Voraussetzungen nicht kumulativ, sondern nur alternativ vorliegen müssen; vage oder zweifelhafte Angaben. In allen genannten Fällen kann der Auskunftsanspruch trotz Fehlens der erforderlichen Sorgfalt bereits erfüllt sein, sodass kein Anspruch auf Nachbesserung besteht.
Die Weigerung des Auskunftspflichtigen zur Belegvorlage begründet allein keinen Anspruch auf Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung.Bartsch, ZEV 2004, 176, 178; Herzog, in: Staudinger, § 2314, Rn. 79; Lange, in: MK, § 2314, Rn. 31; a. A. wohl OLG Bremen, MDR 20000, 1324, 1324
Auch neben einem notariellen Nachlassverzeichnis kann eine Verpflichtung des Erben zur Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung bestehen. Diese bezieht sich dann auf die Angaben, die der Notar als solche des auskunftspflichtigen Erben gekennzeichnet im Verzeichnis aufgenommen hat.KG, ErbR 2016, 278, 279
Die Beweislast dafür, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt worden ist, trägt der Auskunftsberechtigte.OLG Zweibrücken, FamRZ 1969, 230, 231; Nieder, ZErb 2004, 60, 64
Ist bei einer Mehrheit von Erben das Bestandsverzeichnis von einem Miterben zugleich im Auftrag der übrigen Erben aufgestellt worden, müssen diese sich einen Mangel der erforderlichen Sorgfalt im Sinne des
Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung umfasst Abnahme und Aufnahme. Abnahme bedeutet die amtliche Entgegennahme, Aufnahme ihre Beurkundung gem.
Nach herrschender Auffassung kann die eidesstattliche Versicherung mit Erfüllungswirkung allein vor dem Amtsgericht oder Vollstreckungsgericht abgegeben werden, weil allein das Gericht sowohl für die Abnahme als auch für die Aufnahme zuständig ist.LG Oldenburg, ZErb 2009, 1, 1 f. m. Zust. Anm. von Wierich; Sarres, ZEV 1998, 4, 7; Schindler, BWNotZ 2004, 73, 77; Nieder, ZErb 2004, 60, 65; a. A.: Heyn, DNotZ 1998, 177, 183, der in Fällen, in denen ein Gerichtsverfahren beim Verlangen der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung noch nicht absehbar ist, die alleinige Zuständigkeit beim Notar gem.
Wenn die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung freiwillig im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (
Die eidesstattliche Versicherung kann mündlich oder schriftlich abgegeben werden, muss aber stets persönlich erklärt werden.Dieterle, BWNotZ 1987, 11, 12
Neue Erkenntnisse gewinnt der Pflichtteilsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erfahrungsgemäß nicht, da der auskunftspflichtige Erbe in der Regel die eidesstattliche Versicherung abgibt, ohne seine Auskünfte nachzubessern.V. d. Auwera, ZEV 2008, 359, 359 spricht davon, dass der Anspruch ein „stumpfes Schwert“ sei
3) Zusammenfassung der Rechtsprechung
In Bezug auf
insbesondere zu den Anforderungen an die Erstellung eines notariellen
Nachlassverzeichnisses. Nachfolgend eine Auswahl wegweisender Entscheidungen:
BGH, Beschluss vom 13.9.2018 – I ZB 109/17 = BGH, NJW 2019, 231 ff.
BGH, Beschluss vom 8.3.2017 – IV ZB 18/16 = BGH, ZEV 2017, 278 ff.
BGH, Urteil vom 23. 5. 2012 - IV ZR 250/11 = BGH, ZEV 2012, 478 ff.
BGH, Urteil vom 28.04.2010, Az.: IV ZR 73/08 = BGH, VuR 2010, 316 f.
BGH, Urteil vom 02.06.1993 - IV ZR 259/92 = BGH, NJW 1993, 2737 f.
BGH, Urteil vom 04.10.1989 - IV a ZR 198/88 = BGHZ 108, 393 ff.
BGH, Urteil vom 19.04.1989 - IVa ZR 85/88 = BGHZ 107, 200 ff.
BGH, Urteil vom 28.02.1989 - XI ZR 91/88 = BGHZ 107, 104 ff.
BGH, Urteil vom 26. 2. 1986 - IV a ZR 87/84 = BGHZ 97, 188 ff.
BGH, Urteil vom 08.07.1985 - II ZR 150/84 = BGH, NJW 1986, 127 ff.
BGH, Urteil vom 09.11.1983 - IVa ZR 151/82 = BGHZ 89, 24 ff.
BGH, Urteil vom 04.12.1980 - IVa ZR 46/80 = BGH, NJW 1981, 2051 f.
BGH, Urteil vom 15. 3. 1972 - IV ZR 131/70 = BGHZ 58, 237 ff.
BGH, Urteil vom 1. 3. 1971 - III ZR 37/68 = BGHZ 55, 378 ff.
BGH, Urteil vom 4. 5. 1964 - III ZR 159/63 = BGH, NJW 1964, 1414 ff.
BGH, Urteil vom 2. 11. 1960 - V ZR 124/5 = BGHZ 33, 373 ff.
BGH, Urteil vom 1. 10. 1958 - V ZR 53/58 = BGHZ 28, 177 ff.
OLG Koblenz, Beschluss vom 30.4.2018 – 1 W 65/18 = ZEV 2018, 413 ff.
4) Literaturstimmen
Coing, Zur Auslegung des § 2314 BGB, NJW 1983, 1298;
Cornelius, Auskunfts- und Wertermittlungsverlangen des enterbten Pflichtteilsberechtigten bei pflichtteilsergänzungsrechtlich relevanten Veräußerungen, ZEV 2005, 286;
Damrau, Der Anspruch auf Berichtigung und Ergänzung des Bestandsverzeichnisses (§ 2314 BGB), ZEV 2009, 274;
Dieckmann, Zum Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten, NJW 1988, 1809;
Edenfeld, Auskunftsansprüche der Pflichtteilsberechtigten, ZErb 2005, 346;
Heidenreich, Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche des Pflichtteilsberechtigten, 2010
Heidenreich, Keine Ermittlungspflicht des Notars bei Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses, ZErb 2011, 71;
Horn, Notarielles Nachlassverzeichnis: Ermittlungspflichten und Untätigkeitsbeschwerde, ZEV 2018, 376;
Nieder, Das notarielle Nachlassverzeichnis im Pflichtteilsrecht, ZErb 2004, 60;
Sarres, Auskunftsansprüche des Pflichtteilsberechtigten, ZEV 1998, 4;
Schreinert, Das notarielle Nachlassverzeichnis, RNotZ 2008, 61;
- Palandt,BGB-Kommentar, 79. Auflage, 2020
- Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Erbrecht, 8. Auflage, 2020
- Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 2015
5) Prozessuales
a) Verfahrensfragen
Der Auskunftsberechtigte kann die Ansprüche aus