§ 2331a Stundung
(1) Der Erbe kann Stundung des Pflichtteils verlangen, wenn die sofortige Erfüllung des gesamten Anspruchs für den Erben wegen der Art der Nachlassgegenstände eine unbillige Härte wäre, insbesondere wenn sie ihn zur Aufgabe des Familienheims oder zur Veräußerung eines Wirtschaftsguts zwingen würde, das für den Erben und seine Familie die wirtschaftliche Lebensgrundlage bildet. Die Interessen des Pflichtteilsberechtigten sind angemessen zu berücksichtigen.
(2) Für die Entscheidung über eine Stundung ist, wenn der Anspruch nicht bestritten wird, das Nachlassgericht zuständig. § 1382 Abs. 2 bis 6 gilt entsprechend; an die Stelle des Familiengerichts tritt das Nachlassgericht.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
1Obwohl die Stundungsvorschrift des
Pflichtteilsansprüche können Liquiditätsprobleme für Erben auslösen
Pflichtteilsansprüche und Pflichtteilsergänzungsansprüche sind für den Erben naturgemäß lästig: Wie schon der Name sagt („Pflichtteil“) lassen sie sich auch nur begrenzt durch testamentarische und sonstige Gestaltungen des Erblassers vermeiden. Immerhin sind aber die Pflichtteilsansprüche deutlich geringer als der gesetzliche Erbteil (nämlich nur die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils,
Gerade das kann aber bei dem Erben zu erheblichen (Liquiditäts-) Problemen führen. Da der Pflichtteilsanspruch mit dem Tod entsteht, kann sich der Pflichtteilsberechtigte sofort an den Erben wenden und die Auszahlung verlangen. Dies gilt auch dann, wenn im Nachlass gar kein Bargeld vorhanden ist, sondern nur Sachwerte wie eine Immobilie oder Firmenbeteiligungen.
2Wenn sich der Erbe nicht ohnehin mit dem Pflichtteilsberechtigten einigt (gut beratene Erben und Pflichtteilsberechtigte werden das immer anstreben), kann er beim Nachlassgericht beantragen, dass ihm eine Stundung der Pflichtteilszahlung gewährt wird. Wird die Stundung gewährt, ist der Erbe berechtigt, den Pflichtteil ganz oder teilweise später bzw. in Raten bezahlen.
Stundungsantrag an das Nachlassgericht möglich
Eine Stundung ist von dem Nachlassgericht zu gewähren, wenn die sofortige Erfüllung des Pflichtteils für den Erben eine unzumutbare Härte bedeuten würde, also vor allem, wenn der Erbe
- das Familienheim (also die vom Erben bewohnte Immobilie) oder
- ein Wirtschaftsgut, das seine Lebensgrundlage bildet (z.B. Mietshaus, Firmenbeteiligung)
verkaufen müsste. Allerdings sind bei der Entscheidung auch „die Interessen des Pflichtteilsberechtigten angemessen zu berücksichtigen“. Wann und für wie lange im Einzelfall eine Stundung zu bewilligen ist, lässt sich dem Gesetz nicht genau entnehmen. Das Gericht entscheidet nach den Umständen des Einzelfalls nach eigenem Ermessen. Solche Ermessensentscheidungen sind naturgemäß schwer vorherzusehen.
Vermutlich ist das der Grund, warum von der Vorschrift wenig Gebrauch gemacht wird. Andererseits: Mit einem Verweis auf die Möglichkeit eines Stundungsantrages nach
Stundungszinsen und Sicherheiten werden vom Nachlassgericht festgelegt
3Bei der Stundung sind die Zinsen zu berücksichtigen: Wie der Verweis auf
Wird über den Pflichtteilsanspruch schon ein Prozess geführt, so ist nicht mehr das Nachlassgericht (das über die Höhe des Pflichtteilsanspruchs nicht zu entscheiden hat) für den Stundungsantrag zuständig. Zuständig ist das Prozessgericht, das auch über die Höhe des Pflichtteilsanspruchs entscheidet (
Haben sich die Verhältnisse seit der ersten Stundungsentscheidung (des Nachlassgerichts oder des Prozessgerichts) wesentlich geändert, kann das Nachlassgericht auch die getroffene Stundungsentscheidung (zu Gunsten und zu Ungunsten des Erben) nochmals ändern (
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
Allgemeines, Normzweck
4Die gerichtliche Stundung des Pflichtteils ist eine Ausnahmevorschrift und soll der Gefahrenabwehr des (teilweisen) Verlustes bzw. der Zersplitterung des Nachlasses bei sofortiger Erfüllung des mit dem Erbfall entstandenen und sofort fälligen Pflichtteilsanspruchs (
2) Definitionen
Definitionen
5 Gestundet werden können Pflichtteilsansprüche gem. §
6Jeder Erbe kann als Schuldner des Pflichtteilsanspruchs die Stundung verlangen. Bei mehreren Erben kommt die einem Miterben gewährte Stundung auch den anderen zugute. Verlangen kann die Stundung auch ein Nachlasspfleger (§§ 1960, 1961 BGB), Nachlassverwalter (
7 Nicht berechtigt, die Stundung zu verlangen, ist dagegen der Testamentsvollstrecker (Argument aus
8 Bei mehreren Gläubigern des Pflichtteilsanspruchs kann der Berechtigte gegen jeden einzelnen von ihnen Stundung herbeiführen.
9 Die sofortige Erfüllung des gesamten Pflichtteilsanspruchs muss den Erben unbillig hart treffen (
10 Liegt ein Stundungsgrund vor, so sind bei der Entscheidung über die Stundung die Interessen des Pflichtteilsberechtigten angemessen zu berücksichtigen (
3) Abgrenzungen, Kasuistik
Abgrenzung und Kasuistik
11 Von der gerichtlichen Stundung ist eine Stundung des Pflichtteils durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung zwischen Erbe und Pflichtteilsberechtigten abzugrenzen.
4) Prozessuales
12 Ist der Pflichtteilsanspruch unstreitig, entscheidet das Nachlassgericht auf Antrag des Berechtigten über die Stundung.
13 Zugleich kann das Nachlassgericht auf Antrag des Pflichtteilsberechtigten die Verpflichtung des Erben zur Zahlung des unstreitigen Pflichtteilsanspruch zwecks Schaffung eines Vollstreckungstitels aussprechen (
14 Das Nachlassgericht kann die Stundung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt oder Ratenzahlungen (mit Verfallklausel) bewilligen und hat über die Höhe der Verzinsung des gestundeten Betrages nach billigem Ermessen und den Zinsbeginn (
15 Ist der Pflichtteilsanspruch streitig oder ein Verfahren anhängig, muss der Stundungsantrag gemäß
16 Rechtsmittel ist befristete Beschwerde (§§ 58, 59, 63 ff. FamFG).
17 Bei Gewährung der Stundung wird mit Rechtskraft der Entscheidung ein bereits eingetretener Verzug beendet (BGH NJW – RR 1991, 822). In der Stundung des Pflichtteilsanspruchs (sowohl gerichtlich nach