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von Göler (Hrsg.) / Markus Roscher / § 1925

§ 1925 Gesetzliche Erben zweiter Ordnung

(1) Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.

(2) Leben zur Zeit des Erbfalls die Eltern, so erben sie allein und zu gleichen Teilen.

(3) Lebt zur Zeit des Erbfalls der Vater oder die Mutter nicht mehr, so treten an die Stelle des Verstorbenen dessen Abkömmlinge nach den für die Beerbung in der ersten Ordnung geltenden Vorschriften. Sind Abkömmlinge nicht vorhanden, so erbt der überlebende Teil allein.

(4) In den Fällen des § 1756 sind das angenommene Kind und die Abkömmlinge der leiblichen Eltern oder des anderen Elternteils des Kindes im Verhältnis zueinander nicht Erben der zweiten Ordnung.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

Wenn keine Abkömmlinge des Erblassers vorhanden sind, ist die zweite Ordnung "an der Reihe". Die zweite Ordnung im Verwandtenerbrecht wird von den Eltern des Erblassers angeführt. Eltern hoffen natürlich darauf, genau diesen Fall, nämlich den Tod eines Kindes (Abkömmlings), nicht miterleben zu müssen. Sie bilden aber dennoch auf jeden Fall (auch nach ihrem Tod) den Ausgangspunkt der dann Begünstigten, nämlich ihrer weiteren Abkömmlinge, sofern diese noch leben (1923 I). Zwischen Adoptivkindern und leiblichen Kindern wird kein Unterschied gemacht. Erst volljährig angenommene Kinder erben quasi doppelt (§ 1770 II). Sie verlieren ihren "Kind-Status" gegenüber ihren leiblichen Eltern nicht und gewinnen mit den Adoptiveltern zwei weitere Elternteile hinzu. Die Adoption minderjähriger Kinder "vernichtet" jedwede erbrechtliche Bindungen zu den leiblichen Eltern, was seinen Grund darin findet, für kleine Kinder ein eindeutiges Elter-Kind-Verhältnis zu den "neuen" und dann einzigen (Adoptiv-) Eltern entstehen zu lassen.

Die den kinderlosen Abkömmling überlebenden Elternteile erben gleichrangig (§ 1925 II). Eine Scheidung oder Nichtigkeit der Ehe ändert am Elternstatus nichts. Und sie erben alleine, schließen also die Geschwister des Erblassers von der Erbfolge aus.

Ist ein Elternteil bereits verstorben und auch kein weiterer Abkömmling (als der verstorbene Erblasser/Abkömmling) vorhanden, erbt der überlebende Elternteil alles alleine (§ 1925 III 2). Nur, wenn noch weitere Abkömmlinge vorhanden sind, wird es komplizierter: Dann treten an die Stelle des Verstorbenen dessen Abkömmlinge. Beispiel: Vater, Mutter und deren zwei Kinder (Tochter und Sohn) bilden eine Familie. Der kinderlose Sohn stirbt. Also erben seine beiden Eltern zu gleichen Teilen alles (§ 1925 II). Ist auch der Vater bereits verstorben, erben die Mutter und, anstelle des verstorbenen Vaters, treten dessen (weitere) Abkömmlinge, in unserem Beispiel also die Tochter. Gibt es die Tochter nicht, erbt die Mutter alleine (§ 1925 III 2). Gibt es nur noch die Tochter (also die Schwester des Verstorbenen), erbt sie auch den Anteil der nicht mehr vorhandenen Mutter, also alles. Dennoch sollte auch an dieser Stelle betont werden, dass Geschwister keine Pflichtteilsberechtigten (Abkömmlinge, Eltern, Ehegatten) sind. Sie können daher ihren "hohen Status" im Verwandtenerbrecht durch eine erbrechtliche Verfügung des Erblassers, in dem sie nicht erwähnt werden, gänzlich vom Erbe ausgeschlossen werden.

IV stellt klar, dass bei Adoptivkindern, die als Minderjährige angenommen wurden, das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern und deren Abkömmlingen erloschen ist.

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Allgemeines

1Nach I stehen die Eltern des Erblassers an der Spitze der zweiten Ordnung im Verwandtenerbrecht, gefolgt von ihren Abkömmlingen mit Ausnahme des Erblassers und seiner Abkömmlinge, der die erste Ordnung (§ 1924) anführt. Die Eltern kommen allerdings nur zum Zuge, sofern kein Verwandter einer höheren Ordnung vorhanden ist (§ 1930). Lebt also noch ein Kind des Erblassers erbt es allein (§ 1930). Auch der Vater eines nichtehelichen Kindes ist erbberechtigt, wenn sein Verwandtschaftsverhältnis zum Kind durch die förmliche Anerkennung der Vaterschaft gesichert ist. 

2Adoptivkinder sind leiblichen Kindern gleichgestellt. Kinder, die bei der Adoption bereits volljährig waren, erben "doppelt" (§ 1770 II), da sie sowohl gesetzliche Erben der leiblichen als auch der Adoptiveltern sind. Bei der Adoption minderjähriger Kinder verlieren die leiblichen Eltern ihren Elternstatus (§ 1755).

3Die den kinderlosen Abkömmling überlebenden Elternteile erben zu gleichen Teilen (§ 1925 II). Das Elternverhältnis zum Kind (Erblasser) wird auch nicht dadurch berührt, dass sich die Eltern scheiden lassen. Sind beide Elternteile noch vorhanden, schließen sie die Geschwister des Erblassers als Erben aus.

4Ist ein Elternteil bereits verstorben und auch kein weiterer Abkömmling vorhanden, erbt der überlebende Elternteil alles alleine (§ 1925 III 2). Sind weitere Abkömmlinge vorhanden, treten an die Stelle des Verstorbenen dessen Abkömmlinge (§ 1925 III). Es ist erkennbar, dass Geschwister in der Hierarchie des Verwandtenerbrechts nicht sonderlich hoch stehen. Geschwister sind auch keine Pflichtteilsberechtigten (Abkömmlinge, Eltern, Ehegatten).

5Nach IV sind Adoptivkinder, die als Minderjährige angenommen wurden, mit ihren leiblichen Eltern und deren Abkömmlingen nicht mehr verwandt.


Fußnoten