§ 612 Vergütung
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
(3) (weggefallen)
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
1
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
2
2) Definitionen
a) Dienstvertrag
3Grundlegende Voraussetzung für die Anwendbarkeit des
3) Abgrenzungen, Kasuistik
a) Fehlende Vergütungsvereinbarung
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b) Gefälligkeitsverhältnis
10Besteht mangels rechtsgeschäftlicher Vereinbarung keine Pflicht zur Erbringung der Dienstleistung, liegt ein nicht vergütungspflichtiges Gefälligkeitsverhältnis vor. Ein solches ist im Hinblick auf die familienrechtlichen Sonderbestimmungen der §§ 1356 und 1619 BGB insbesondere anzunehmen im Verhältnis von Ehegatten untereinander oder Kindern gegenüber ihren Eltern. Für Dienstleistungen zwischen nahen Verwandten ist nach der Verkehrssitte in der Regel ebenfalls keine Vergütung geschuldet.
c) Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Beruf des Dienstleistenden
11Dienstleistungen, die mit der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Dienstverpflichteten in Zusammenhang stehen, sind dagegen grundsätzlich – auch unter Verwandten – vergütungspflichtig. Typische Beispielsfälle sind die sondergesetzlich geregelten Vergütungen von Rechtsanwälten, Ärzten, Steuerberatern und Architekten. Die Vergütung von Handelsvertretern richtet sich dagegen vorrangig nach den §
d) Faktisches Arbeitsverhältnis
12Auf das sog. fehlerhafte oder faktische Arbeitsverhältnis ist
e) Fehlgeschlagene Vergütungserwartung
13Umstritten ist die Anwendbarkeit der Norm auf die Fälle der sog. fehlgeschlagenen Vergütungserwartung, wenn etwa Dienste ohne oder nur gegen geringfügiges Entgelt erbracht werden in der letztlich aber enttäuschten Erwartung, dass diese durch letztwillige Verfügung des Empfängers oder durch Übergabe des Hofes/Gewerbebetriebes zu Lebzeiten abgegolten werden. Die Rechtsprechung wendet in solchen Fällen
f) Überstunden/Reisekosten
14Erbringt der Arbeitnehmer Mehrleistungen in Form von Überstunden und fehlt hierzu eine Regelung im Arbeitsvertrag, ist eine Vergütung jedenfalls dann zu erwarten, wenn die Mehrleistung angeordnet oder erforderlich war.BAG, Urt. v. 03.11.2004, Gz. 5 AZR 648/03, http://lexetius.com/2004,3143 Im Übrigen besteht nicht für jeden Fall der Mehrarbeit eine Vergütungserwartung, da z.B. in leitenden Positionen Überstunden durch die reguläre Vergütung abgedeckt werden können. Auch für Reisezeiten besteht eine Vergütungserwartung im Allgemeinen nur dann, wenn die Leistung außerhalb des gewöhnlichen Arbeitsorts und der üblichen Arbeitszeit erbracht wird, z.B. bei Auslandseinsätzen.BAG, Beschl. v. 23.07.1996, Gz. 1 ABR 17/96,https://web.archive.org/web/20100912062705/http://www.betriebsraete.de/bag-1996/1%20ABR%2017-96.txt
4) Zusammenfassung der Rechtsprechung
15Zur Zulässigkeit eines Stundenlohns von weniger als zwei Euro im Einzelfall: Arbeitsgericht Cottbus [Urteile vom 09.04.2014, Gz. 13 Ca 10477/13 und 13 Ca 10478/13; nicht rechtskräftig] http://www.kostenlose-urteile.de/ArbG-Cottbus_13-Ca-1047713-und-13-Ca-1047813_Nicht-sittenwidrig-Anwalt-darf-Mitarbeitern-154-Euro-bzw-165-Euro-Stundenlohn-zahlen.news18030.htm
Zur Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Regelung zur jährlich vom Arbeitgeber festzusetzenden Weihnachtsgratifikation: BAG, Urteil v. 16.01.2013, Gz. 10 AZR 26/12, http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&sid= 7162b01be787792755d6ff7d386f540d&nr=16532&pos=2&anz=21
Keine Existenz eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes, dass jede Mehrarbeitszeit oder jede dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus (Überstunden) zu vergüten ist: BAG, Urt. v. 21.09.2011, Gz. 5 AZR 629/10, http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&sid=7162b01be787792755d6ff7d386f540d&nr=15601&pos=13&anz=21
Zur Unwirksamkeit einer pauschalen Überstunden-Abgeltungsklausel: BAG. Urt. v. 17.8.2011, Gz. 5 AZR 406/10, http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag& Art=en&sid=7162b01be787792755d6ff7d386f540d&nr=15502&pos=14&anz=21
Kein Anspruch auf Zahlung einer Pauschale für die Reinigung der Dienstkleidung: BAG, Urt. v. 13.7.2010, 9 AZR 264/09 (mit schulmäßiger Prüfung der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen), http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&sid=7162b01be787792755d6ff7d386f540d&nr=14688&pos=19&anz=21
Anspruch auf Bezahlung der gesetzlichen Gebühren auch bei Vertretung eines Rechtsanwalts durch einen angestellten Assessor: BGH, Beschl. v. 27.04.2004, Gz. VI ZB 64/03, http://openjur.de/u/215605.html
5) Literaturstimmen
Kritisch zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Norm auf Fälle der fehlgeschlagenen Vergütungserwartung u.a. Staudinger/Richardi, Rdnr. 11 f. zu
Nach Auffassung von Teilen der Literatur (z.B. Staudinger/Richardi, Rdnr. 46 zu
6) Häufige Paragraphenketten
7) Prozessuales
17Zur Beweislast: Der Dienstverpflichtete hat die rechtsgeschäftliche Vereinbarung einer Diensterbringung und die Üblichkeit des Vergütungsanspruches darzulegen und zu beweisen. Den Beweis einer behaupteten Unentgeltlichkeit hat dagegen der Dienstberechtigte zu erbringen. Gleiches gilt für die Behauptung einer geringeren als der taxmäßigen Vergütung.BGH, NJW-RR 2001, 493 [BGH, Urt. v. 21.09.2000, Gz. IX ZR 437/99], http://openjur.de/u/64677.html In Fällen der fehlgeschlagenen Vergütungserwartung muss der Dienstverpflichtete diejenigen Umstände darlegen und beweisen, die eine schützenswerte Erwartung rechtfertigen. Wird in solchen Fällen eine Vergütung erst nach längerer Zeit infolge eines Streites der Beteiligten verlangt, indiziert dies die ursprünglich gewollte Unentgeltlichkeit.Palandt/Weidenkaff, Rdnr. 4 zu
Für die Beweislast bei der Geltendmachung einer Überstundenvergütung gilt nach der Rechtsprechung des BAG: „Der Arbeitnehmer, der die Vergütung oder den Ausgleich von Mehrarbeit fordert, muss im Einzelnen darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Er muss vortragen, von welcher Normalarbeitszeit er ausgeht, dass er tatsächlich gearbeitet und welche Tätigkeit er ausgeführt hat. Je nach der Einlassung des Arbeitgebers besteht eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Der Anspruch setzt ferner voraus, dass die Mehrarbeit vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurde oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit erforderlich war (...)“.BAG, Urt. v. 03.11.2004, Gz. 5 AZR 648/03, http://lexetius.com/2004,3143
8) Anmerkungen
Das früher in Abs. 3 geregelte Verbot der geschlechtsbezogenen Benachteiligung bei der Vergütung ist seit der Neuregelung des