§ 1376 Wertermittlung des Anfangs- und Endvermögens
(1) Der Berechnung des Anfangsvermögens wird der Wert zugrunde gelegt, den das beim Eintritt des Güterstands vorhandene Vermögen in diesem Zeitpunkt, das dem Anfangsvermögen hinzuzurechnende Vermögen im Zeitpunkt des Erwerbs hatte.
(2) Der Berechnung des Endvermögens wird der Wert zugrunde gelegt, den das bei Beendigung des Güterstands vorhandene Vermögen in diesem Zeitpunkt, eine dem Endvermögen hinzuzurechnende Vermögensminderung in dem Zeitpunkt hatte, in dem sie eingetreten ist.
(3) Die vorstehenden Vorschriften gelten entsprechend für die Bewertung von Verbindlichkeiten.
(4) Ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb, der bei der Berechnung des Anfangsvermögens und des Endvermögens zu berücksichtigen ist, ist mit dem Ertragswert anzusetzen, wenn der Eigentümer nach § 1378 Abs. 1 in Anspruch genommen wird und eine Weiterführung oder Wiederaufnahme des Betriebs durch den Eigentümer oder einen Abkömmling erwartet werden kann; die Vorschrift des § 2049 Abs. 2 ist anzuwenden.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
Die Norm des
Bei den meisten weiteren Vermögenswerten ist eine Bewertung erforderlich. Dies gilt vor allem in dem Fall, in dem sich ein Unternehmen bzw. eine Unternehmensbeteiligung im Anfangs- oder Endvermögen eines Ehegatten befindet. Hier ist eine pauschale Bewertung für den Laien kaum denkbar. Auch in Verfahren zum Zugewinnausgleich wird in den überwiegenden Fällen ein Gutachten über den Wert des Unternehmens eingeholt, sollte dieser streitig sein.
Auch die Bewertung von Grundstücken ist äußerst relevant, da sich vielfach eine in der Ehe zu Wohnzwecken erworbene Immobilie im Vermögen eines Ehegatten oder beider Ehegatten befindet. Ist die Immobilie bei beiden Ehegatten zu gleichen Anteilen im Vermögen vorhanden, kann eine Bewertung häufig unterbleiben, da die genaue Höhe des Immobilienwertes den Zugewinn nicht beeinflusst, wenn der Wert bei beiden Ehegatten gleichermaßen vorhanden ist. Dies gilt allerdings nur dann, wenn bei beiden Ehegatten positives Endvermögen vorhanden ist und nicht einer der Ehegatten ein negatives Anfangsvermögen hat.
Ist einer der Ehegatten freiberuflich beispielweise als Rechtsanwalt, Steuerberater, Arzt oder etwa Wirtschaftsprüfer tätig und ist der Wert dieser Tätigkeit vom Zugewinnausgleich nicht ausgenommen, so stellen sich ebenfalls schwierige Bewertungsfragen. Auch hier wird im Zweifelsfall ein Sachverständiger den Wert der freiberuflichen Praxis ermitteln müssen.
Land- und forstwirtschaftliche Betriebe werden nicht allzu häufig im Zugewinnausgleich zu behandeln sein. Sollte dies dennoch der Fall sein, so muss eine Bewertung nach der auf den ersten Blick nicht unbedingt verständlichen Norm des
Stehen die einzelnen Positionen des Vermögens beider Ehegatten zum Anfangs- wie Endstichtag fest, so ist das Anfangsvermögen zu indexieren, also an den Preisverfall anzupassen. Eine solche Anpassung kann anhand der unter www.destatis.de veröffentlichten Tabellen auch von juristischen Laien vorgenommen werden. Sind während der Ehezeit Schenkungen bzw. Erbschaften angefallen, so sind diese ebenfalls in Bezug auf den Zeitpunkt der Schenkung bzw. Erbschaft zu indexieren.
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
1
2) Definitionen
a) Bewertungsmethoden
2Für die Bewertung sowohl aktiven Vermögens als auch von Verbindlichkeiten ist grundsätzlich der volle wirkliche Wert maßgeblich. Soweit der wirkliche Wert eines Gegenstandes nicht ohne weiteres ersichtlich bzw. dieser Wert streitig ist, wird vom Gericht ein Sachverständiger zur Bewertung des Gegenstandes herangezogen werden.
3) Abgrenzungen, Kasuistik
26Sowohl bei der Bewertung von Unternehmen, Anteilen an solchen als auch Immobilien und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, hat die Bewertungsvorschrift des
In vielen Zugewinnausgleichsbilanzen, jedenfalls wenn die Ehe eine gewisse Zeit gedauert hat, finden sich Immobilien und die dazugehörigen, zur Finanzierung aufgenommenen Darlehen. Die Bewertung der Immobilie orientiert sich anhand der zu
Fallen Unternehmen in den Zugewinnausgleich, ist eine Bewertung des Unternehmens vorzunehmen. Diese wird nur in einfach gelagerten Ausnahmefällen durch den Richter bzw. die Beteiligten selbst vorgenommen werden können. Regelmäßig wird die Sachkunde der Beteiligten und des Gerichtes nicht ausreichen und ein Gutachten eingeholt werden. Die Überprüfung des Gutachtenergebnisses sowie der angewandten Methoden ist Aufgabe des sachkundigen Anwaltes.
4) Zusammenfassung der Rechtsprechung
BGH NJW 1999, 748 - Bewertung Unternehmensbeteiligung
BGH 09.02.2011, XXII ZR 40/09 - Bewertung freiberuflicher Praxis
BGH NJW 2011, 2574, 02.02.2011 - Abzug latente Steuern
BGH FamRZ 2008, 761 – Bewertung freiberufliche Praxis
5) Literaturstimmen
- Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch: BGB Band 7, 6. Auflage 2009
- Palandt, BGB Kommentar, 73. Auflage 2014
- Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und bei Scheidung, 5. Auflage 2011
- Büte, Zugewinnausgleich bei Ehescheidung, 4. Auflage 2012
- Frielingsdorf, Überblick zur BGH-gemäßen Festlegung des individuellen Arztlohnes bei der Bewertung von Arzt-/Zahnarztpraxen im Ehescheidungsverfahren, FamRZ 2011, 1911
- Kuckenburg, Immobilienwertermittlungsverordnung 2010, FuR 2010, 593 und 665
- Piltz, Latente Steuern im Zugewinnausgleich, NJW 2012, 111
- Stabenow/Czubayko, Auswirkungen der aktuellen Rechtsprechung des BGH zur Bewertung von freiberuflichen Praxen im Zugewinnausgleich, FamRZ 2012, 682
- Schröder, Aktuelle Bewertungsfragen, FÜR 2012, 97
- Heuer, Die Bewertung von Kunstgegenständen, NJW 2008, 689
- Gerhard, Die Rechtsprechung des BGB zu arbeitsrechtlichen Abfindungen im Unterhaltsrecht und Zugewinnausgelich, FPR 2006,354
6) Häufige Paragraphenketten
§§ 1379, 1376, 1378 BGB
§§ 1374, 1376 BGB
§§ 1375, 1376 BGB
7) Prozessuales
27Die Wahl der Bewertungsmethode ist dem Tatrichter überlassen.BGH NJW 1991, 1547 Häufig wird in der Praxis vom Gericht ohne Vorgabe einer Bewertungsmethode ein Gutachter beauftragt. Die Überprüfung, ob die Bewertung sich der zutreffenden Bewertungsmethode bedient, obliegt dem Anwalt.
Die Angaben des anderen Ehegatten zum Anfangsvermögen müssen substantiiert bestritten werden. Hinsichtlich des Endvermögens obliegt die Beurteilung, ob eine Beweisaufnahme notwendig ist, der eigenen Sachkunde des Gerichtes.Palandt/Brudermüller
8) Anmerkungen
28Die Wahl der „richtigen“ Bewertungsmethode kann in der Praxis erhebliche Bedeutung haben. Anwälte und Gerichte werden in vielen Fällen der Grundstücks- und Immobilienbewertung teilweise dadurch entlastet, dass Sachverständige die konkrete Bewertung des Vermögensgegenstandes übernehmen. Dies entbindet jedoch nicht von einer kritischen Überprüfung des Gutachtenergebnisses. Durch eine intime Kenntnis der einzelnen Bewertungsvorgaben ermöglicht sich unter Umständen Spielraum in der Vermögensauseinandersetzung. Flankiert wird dies durch die Auskunftspflichten zum Anfangs- und Endvermögen gemäß