§ 627 Fristlose Kündigung bei Vertrauensstellung
(1) Bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 622 ist, ist die Kündigung auch ohne die in § 626 bezeichnete Voraussetzung zulässig, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten hat, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen.
(2) Der Verpflichtete darf nur in der Art kündigen, dass sich der Dienstberechtigte die Dienste anderweit beschaffen kann, es sei denn, dass ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt er ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er dem Dienstberechtigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
1
Anwendungsbereich
2
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
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a) Abdingbarkeit
4Das Recht zur fristlosen Kündigung kann grundsätzlich eingeschränkt (beispielsweise mit kurzer Kündigungsfrist) oder abbedungen werden, da den Vertragsparteien die Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung nach
Ferner kann nach der Rechtsprechung eine formularmäßige mittelbare, ebenfalls unzulässige Abbedingung oder Einschränkung des Kündigungsrechts nach
Keine unzulässige Einschränkung/Abbedingung des jederzeitigen Kündigungsrechts nach
b) Rechtsfolgen der berechtigten Kündigung (§ 627 Abs. 1 BGB)
5Das Dienstverhältnis wird mit sofortiger Wirkung für die Zukunft beendet. Die Kündigung ist nach allgemeinen Grundsätzen gegenüber dem Vertragspartner zu erklären, sodass eine Mandatsniederlegung, die nur gegenüber dem Prozessgericht erklärt wird, keine Wirkung entfaltet. Mit Beendigung des Dienstverhältnisses erlöschen die an den Dienstverpflichteten erteilten Vollmachten, § 168 S. 1 BGB. Prozessvollmachten erlöschen allerdings erst mit Anzeige des Erlöschens gegenüber dem Prozessgegner bzw. in Prozessen mit Anwaltszwang erst durch die Anzeige der Neubestellung eines anderen Anwalts.BeckOGK/Günther, Stand: 1.12.2019,
Die Kündigung kann auch dann erfolgen, wenn ein Vertrauensverlust bei Kündigenden gar nicht oder jedenfalls nicht aufgrund eines vertragswidrigen Verhaltens des Vertragspartners eingetreten ist. Allerdings kann der Kündigende in diesen Fällen unter Umständen zum Schadensersatz verpflichtet sein und der Dienstverpflichtete seinen Anspruch auf Teilvergütung seiner bisher erbrachten Leistung verlieren. Etwaige Teilvergütungsansprüche für erbrachte Teilleistungen und Schadensersatzansprüche beurteilen sich insoweit nach
c) Rechtsfolgen einer Kündigung zur Unzeit (§ 627 Abs. 2 BGB)
aa) Kündigung zur Unzeit
6Auch bei einer Kündigung zur Unzeit endet das Dienstverhältnis gleichwohl wird mit sofortiger Wirkung.
Eine Kündigung zur Unzeit liegt vor, wenn der Dienstberechtigte nicht mehr in der Lage ist, sich die Dienstleistung nach der Kündigung rechtzeitig anderweitig zu verschaffen, sobald und soweit er die Dienste benötigt. Je zeitnaher die Dienstleistung nach der Kündigung geschuldet ist, desto eher wird eine Kündigung zur Unzeit vorliegen. So beispielsweise, wenn das anwaltliche Mandat unmittelbar vor einem gerichtlichen Termin niedergelegt wird.BGH, Urteil vom 7.2.2013 - IX ZR 138/11
Der Dienstberechtigte kann das Dienstverhältnis grundsätzlich auch zur Unzeit kündigen, ohne dass die Schadensersatzpflicht des
bb) Ersatz des Vertrauensschadens
Liegt für die Kündigung des Dienstverpflichteten zur Unzeit kein wichtiger Grund vor, so hat dieser dem Dienstberechtigten seinen Vertrauensschaden zu ersetzen. Der Dienstberechtigte wird durch
d) Darlegungs- und Beweislast
7Die Darlegungs- und Beweislast trägt derjenige, der nach
2) Definitionen
a) Kein Arbeitsverhältnis und kein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen
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Arbeitsverhältnisse zeichnen sich durch fremdbestimmte, weisungsabhängige Tätigkeiten aus, vergleiche
3) Abgrenzungen, Kasuistik
a) Abgrenzungen
11Die Rücktrittsrechte aus §§ 323 und 326 Abs. 5 BGB werden, nachdem das Dienstverhältnis in Vollzug gesetzt wurde, durch das Kündigungsrecht verdrängt. Gleichfalls verdrängt wird das Kündigungsrecht aus § 314 durch die Spezialnorm des
4) Zusammenfassung der Rechtsprechung
- BGH, Urteil vom 2.5.2019 - IX ZR 11/18
- BGH, Urteil vom 7.3.2019 - IX ZR 221/18
- BGH, Urteil vom 13.9.2018 - III ZR 294/16
- BGH, Versäumnisurteil vom 16.2.2017 - IX ZR 165/16
- OLG Hamm, Urteil vom 28.2.2017 - I-24 U 105/16
- BGH, Urteil vom 10.11.2016 - III ZR 193/16
- BGH, Urteil vom 18.2.2016 - III ZR 126/15
- OLG Saarbrücken, Urteil vom 7.5.2015 - 4 U 47/13
- LG Mönchengladbach, Urteil vom 1.
5) Literaturstimmen
- Gehrlein, Die Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des BGH zur Steuerberaterhaftung in den Jahren 2018 und 2019, in: DStR 2020, 305
- Menke/Schulz, Fristlose Kündigung nach
§ 627 BGB im Sportrecht, in: NJW 2011, 1845 - Simonet, Das Tatbestandsmerkmal der „festen Bezüge” i. S. d.
§ 627 BGB und dessen Auswirkungen auf die generelle Gebräuchlichkeit dauerhafter Dienstverträge im Wirtschaftsverkehr, in: BB 2012, 2053 - Niebling, Kündigungs- und Verlängerungsklauseln in Partnerschaftsvermittlungsverträgen, in: NJ 2014, 363
- Ritter, Stolpersteine bei der Mandatsniederlegung, in: NJW 2015, 2008