§ 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag
(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
1
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
2
3Dienstverhältnisse sind in aller Regel Dauerschuldverhältnisse, die entweder durch Zeitablauf oder durch Kündigung enden. Im Rahmen des Dienstvertrages schuldet der Dienstverpflichtete nur die Erbringung einer bestimmten vereinbarten Dienstleistung an sich und zwar im Zweifel in Person (
2) Definitionen
a) Dienstvertrag und Dienstverhältnis
4Als Dienstvertrag wird die schuldrechtliche Vertragsgrundlage bezeichnet, mit welcher sich der Dienstberechtigte zur Leistung von Diensten und der Dienstverpflichtete zur Leistung einer Vergütung verpflichten. Das sog. Dienstverhältnis stellt demgegenüber das durch Dienstvertrag begründete tatsächliche Dauerschuldverhältnis zwischen Dienstberechtigten und Dienstverpflichteten dar.
b) Arbeitsvertrag und Arbeitsverhältnis
5Der Arbeitsvertrag wird als Unterfall des Dienstvertrages zwischen Arbeitgeber als Dienstberechtigtem und Arbeitnehmer als Dienstverpflichtetem geschlossen. Als Arbeitsverhältnis wird das Dauerschuldverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezeichnet. Wesentliche Unterscheidungsmerkmale zum Dienstverhältnis sind die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit und die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers.
c) Arbeitgeber
6Arbeitgeber ist jede natürliche oder juristische Person, die mindestens eine weisungsgebundene und persönlich abhängige natürliche Person mit der Pflicht zur Zahlung einer Vergütung beschäftigt.
d) Arbeitnehmer
7Als Arbeitnehmer wird jede natürliche Person bezeichnet, die auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages für einen anderen weisungsgebundene und persönlich abhängige Arbeitsleistungen gegen Vergütung erbringt. Die weitere Unterscheidung zwischen Arbeiter und Angestellten hat wegen verbleibender Sonderregelungen im Bereich des Kündigungsschutzes und der Betriebsverfassung im Wesentlichen nur noch Bedeutung für sog. leitende Angestellte.
e) Arbeitnehmerähnliche Personen
8Nach der Legaldefinition in
f) Leitende Angestellte
9Leitende Angestellte sind grundsätzlich als Arbeitnehmer und nicht als Organmitglieder anzusehen. Es gelten für diese jedoch Sonderregelungen mit jeweils unterschiedlichen Begriffsdefinitionen für den Kündigungsschutz (
g) Organmitglieder
10Gesetzliche Vertreter juristischer Personen, z.B. der Vorstand einer Aktiengesellschaft oder der Geschäftsführer einer GmbH. Der Anstellungsvertrag eines Organmitglieds ist in der Regel kein Arbeitsvertrag, sondern Dienstvertrag. Für Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit dem Anstellungsverhältnis ist die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gegeben. Der nicht am Stammkapital der Gesellschaft beteiligte angestellte GmbH-Geschäftsführer wird jedoch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht als Arbeitnehmer behandelt, sodass grundsätzlich Sozialversicherungspflicht besteht.
3) Abgrenzungen, Kasuistik
a) Abgrenzung des Dienstvertrages zu sonstigen Vertragsverhältnissen
aa) Geschäftsbesorgungsvertrag
11Sofern und soweit der Dienstverpflichtete für den Dienstberechtigten im fremden Interesse eine selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art ausübt,BGH, Urt. v. 29.04.2004 - Gz. III ZR 279/03 (= NJW-RR 2004, 989), http://lexetius.com/2004,850 liegt zusätzlich eine Geschäftsbesorgung im Sinne des
4) Zusammenfassung der Rechtsprechung
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BAG. Urteil v. 29.09.2014 – Gz. 5 AZR 506/12, http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&nr=17680: Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay") - arbeitsvertragliche Ausschlussfrist
BAG. Urt. v. 24.09.2014 – Gz. 5 AZR 1024/12, http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&nr=17681: Annahmeverzug - Arbeit auf Abruf. Amtl. Leitsätze: „Haben die Arbeitsvertragsparteien eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt, berührt das nicht die Wirksamkeit der vereinbarten Arbeit auf Abruf. Es gelten die zum Schutz des Arbeitnehmers gesetzlich fingierten Arbeitszeiten (§ 12 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 TzBfG).“
BAG. Urt. v. 18.09.2014 – Gz. 6 AZR 636/13, http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&nr=17583 (Pressemitteilung): Keine Altersdiskriminierung durch die Staffelung der Kündigungsfristen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit in § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB
LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 14.08.2014 – Gz. 3 Sa 113/14, http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/DisplayUrteil_neu.asp?rowguid={7F40B3C8-880A-41E9-92E2-E15578246C18}: Vergütung von Überstunden, Darlegungs- und Beweispflicht des Arbeitnehmers.
BAG, Urt. v. 22.07.2014 – Gz. 9 AZR 981/12, http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&nr=17581: Urlaubsgeld - gekündigtes Arbeitsverhältnis - AGB-Kontrolle
BAG, Urt. v. 26.06.2014 – Gz. 8 AZR 547/13, http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&nr=17682: Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund einer Schwerbehinderung
BAG, Urt. v. 23.07.2014 – Gz. 7 AZR 771/12, http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&nr=17701: Auflösende Bedingung in Tarifvertrag – Schriftform. Amtl. Leitsätze: „1. Das Schriftformgebot des § 14 Abs. 4 TzBfG findet keine Anwendung, wenn ein auf das Arbeitsverhältnis insgesamt anwendbarer einschlägiger Tarifvertrag eine Befristung oder auflösende Bedingung des Arbeitsverhältnisses vorsieht. 2. Die Frist für das Weiterbeschäftigungsverlangen nach § 33 Abs. 3 TV-L wird erst durch die Beendigungsmitteilung des Arbeitgebers in Lauf gesetzt und nicht schon durch den Rentenbescheid.“
BAG, Urt. v. 01.04.2009 – Gz. 10 AZR 393/08, https://openjur.de/u/171677.html: Zahlung einer außertariflichen Weihnachtszuwendung nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung
BAG, Urt. v. 18.03.2009 – Gz. 10 AZR 289/08, http://lexetius.com/2009,882: Jahressonderzahlung - Freiwilligkeitsvorbehalt - betriebliche Übung - AGB-Kontrolle
BAG, Urt. v. 18.07.2007 – Gz. 5 AZN 610/07, http://lexetius.com/2007,1963: Arbeitsvergütung bei Minderleistung (Keine Lohnkürzung bei schlechter Leistung)
BAG, Urt. v. 21.09.2011 - Gz. 5 AZR 629/10, https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/5-azr-629-10/ Vergütungserwartung bei Erbringung von Überstunden; kein Rechtsgrundsatz, dass Überstunden und Mehrarbeit stets zu vergüten sind.
BAG, Urt. v. 06.09.2017 - Gz. 5 AZR 382/16, https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/5-azr-382-16/, An- oder Umkleidezeiten für auffällige Dienstkleidung zählen zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit.
5) Literaturstimmen
Bozhilova, Polina/Tonikidis, Stelios: Der Arbeitnehmer als Verbraucher i. S. d. § 13 BGB, in: HFR 2010, 1 ff., http://www.humboldt-forum-recht.de/deutsch/13-2010/beitrag.html.
Adomeit, Klaus: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz – Kritisch gesehen, in: HFR 2008, 92 ff., http://www.humboldt-forum-recht.de/deutsch/8-2008/index.html
Brors, Christiane: „Whistleblowing“ und „Verpfeifen“ bei Verdacht auf Straftaten des Arbeitgebers nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 21.7.2011, in: HFR 2012, 9 ff., http://www.humboldt-forum-recht.de/deutsch/2-2012/index.html
6) Häufige Paragraphenketten
7) Prozessuales
a) Leistungsanspruch des Dienstberechtigten
aa) Klageart
36Zur Durchsetzung des Leistungsanspruches des Dienstberechtigten gegen den Dienstverpflichteten kommt die Leistungsklage in Betracht. So könnte etwa beantragt werden, den Dienstverpflichteten zu verurteilen, seine Tätigkeit beim Dienstberechtigten wieder aufzunehmen. Auch wenn die Verurteilung zur Vornahme einer unvertretbaren Handlung gem.