§ 1379 Auskunftspflicht
(1) Ist der Güterstand beendet oder hat ein Ehegatte die Scheidung, die Aufhebung der Ehe, den vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns bei vorzeitiger Aufhebung der Zugewinngemeinschaft oder die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft beantragt, kann jeder Ehegatte von dem anderen Ehegatten
- 1. Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangen;
- 2. Auskunft über das Vermögen verlangen, soweit es für die Berechnung des Anfangs- und Endvermögens maßgeblich ist.
Auf Anforderung sind Belege vorzulegen. Jeder Ehegatte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses zugezogen und dass der Wert der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten ermittelt wird. Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis auf seine Kosten durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
(2) Leben die Ehegatten getrennt, kann jeder Ehegatte von dem anderen Ehegatten Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangen. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
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Kommentierung zu
2Im Rahmen des Zugewinnausgleichs ist eine belegte Auskunft über das Anfangsvermögen, über Schenkungen und Erbschaften während der Ehe, das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung sowie das Endvermögen zu erteilen.
Die Ansprüche sollen den auskunftsberechtigten Ehegatten in die Lage versetzen, seine Zugewinnausgleichsforderung dem Grunde und der Höhe nach zu ermitteln.
Auch können Auskünfte über etwaige illoyale Vermögensverfügungen vor der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages sowie über den privilegierten Vermögenserwerb während der Ehe gefordert werden, weil diese Auskünfte für die Berechnung des Anfangs- oder Endvermögens maßgeblich sein können. Ein Anspruch auf Auskunft über das Trennungsvermögen ist aber nur dann berechtigt, wenn ein genauer Trennungszeitpunkt feststellbar ist.
In diesem Zusammenhang ist auch der sog. Wertermittlungsanspruch relevant, d.h. der Anspruch auf Ermittlung der Werte der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten. Von der Rechtsprechung wird dem Auskunftsberechtigten insoweit das Recht zugestanden, Dritte zur Wertermittlung einzuschalten. Regelmäßig wird diese Maßnahme bei der Bewertung von Immobilien, Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen erforderlich, wobei der Auskunftsberechtigte hierbei den Auftrag an einen Sachverständigen erteilt, während der auskunftspflichtige Ehegatte die Tätigkeit des Sachverständigen zu unterstützen hat. Insbesondere hat dieser die für die Wertermittlung notwendigen Daten zur Verfügung zu stellen und die Besichtigung des Bewertungsgegenstandes durch einen vom Auskunftsberechtigten beauftragten Dritten zu dulden. Bei der Unternehmensbewertung hat der vom Auskunftsberechtigten beauftragte Sachverständige z.B. die Möglichkeit, auf Kosten des Auskunftsberechtigten das Unternehmen zu besichtigen und sich alle Elemente des Rechnungswesens, die er für die Bewertung erforderlich hält, vorlegen zu lassen.
Dabei hat derjenige Ehegatte die Kosten der Beiziehung Dritter zur Wertermittlung zu tragen, in dessen Interesse die Wertermittlung erfolgt. Das ist regelmäßig der Ehegatte, der den Auskunftsanspruch geltend macht. Die Kosten der Wertermittlung können gegebenenfalls jedoch im Kostenausgleichsverfahren als Kosten der notwendigen Rechtsverfolgung geltend gemacht und festgesetzt werden.
Zur Vorlage eines Wertermittlungsgutachtens ist der Auskunftsschuldner nicht verpflichtet. Dennoch kann die Erfüllung des Auskunftsanspruchs durch den Anspruchsschuldner wegen des taktischen Vorteils, als »Erster eine Zahl zu nennen«, vor allem bei außergerichtlichen Auseinandersetzungen sehr ratsam sein.
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
3Mit dem zum 01.09.2009 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts ist das Recht auf Auskunft erheblich erweitert worden. Die Norm gibt einen Anspruch auf Auskunft über das End-, Trennungs- und Anfangsvermögen sowie über privilegierten Vermögenserwerb und illoyale Vermögensminderungen.BGH FamRZ 2012, 1785 Auf Verlangen sind Belege vorzulegen (
2) Definitionen
a) Die fünf Ansprüche nach § 1379 BGB
4
1. Auskunft über das Vermögen im Anfangs- und Endvermögen auf die unten genannten Unterlagen (
2. Beleganspruch (
3.
3) Abgrenzungen, Kasuistik
25Die in
Die Ansprüche des
26Ebenso wenig bestehen die Ansprüche, wenn der Auskunftsberechtigte aus ihr keine bzw. keine Rechtsfolgen mehr herleiten kann. Dies ist der Fall, wenn der Auskunftsanspruch weder zur Verfolgung eines eigenen noch zur Ermittlung eines Gegenanspruchs auf Zugewinnausgleich verlangt wird, weil z.B. ausnahmsweise kein Zugewinn evident erzielt wurde. Bei der Beurteilung sind jedoch strenge Maßstäbe anzulegen und eine Ausnahme kommt dann z.B. in Betracht, wenn aufgrund Verjährungseinrede ohne Rücksicht auf das Ergebnis der Auskunft von vornherein feststeht, dass kein Zahlungsanspruch besteht.
27Ein Auskunftsanspruch besteht ferner dann nicht, wenn
• abschließend die Ehegatten eine Ausgleichsforderung vertraglich geregelt haben,
• mit der Vereinbarung der Gütertrennung der Ausgleich des bis dahin entstandenen Zugewinns ausgeschlossen ist oder
• die Auskunft nur noch Selbstzweck ist und nicht der Berechnung der Zugewinnausgleichsforderung dient (Schikaneverbot des
4) Zusammenfassung der Rechtsprechung
Beschluss des BGH vom 10.02.2021 – XII ZB 376/20 (genaue Bezeichnung der Belege)
Beschluss des BGH vom 08.04.2020 – XII ZB 432/19 (erneuter Antrag auf Auskunft in Beschwerdeinstanz)
Beschluss des BGH vom 16.05.2018 - XII ZB 80/18 (Wert der Beschwer)
Beschluss des BGH vom 31.01.2018 - XII ZB 175/17 (Verjährung der wechselseitigen Ansprüche auf Auskunft zum Zugewinnausgleich)
Beschluss des BGH vom 13.12.2017 - XII ZB 488/16 (Stichtag für Auskunft im Zugewinnausgleich bei verfrühtem Scheidungsantrag)
Urteil des BGH vom 08.11.2017 - XII ZR 108/16 (Unternehmensbewertung und sekundäre Beweislast)
5) Literaturstimmen
Göppinger/Rakete-Dombek, Vereinbarungen anlässlich der Ehescheidung, 11. Aufl. 2018
Gerhardt/Klein/Heintschel-Heinegg, Handbuch Familienrecht, 12. Aufl. 2021
Grandel/Stockmann, Stichwortkommentar Familienrecht, 3. Aufl. 2021
Kogel, Zugewinnausgleich, 6. Aufl. 2019
Kuckenburg/Perleberg-Kölbel, Unternehmen und Unternehmer im Familienrecht, 1. Aufl. 2018
Kuckenburg/Perleberg-Kölbel, Die unbekannten Allzweckwaffen - Ansprüche nach
Scholz/Kleffmann, Praxishandbuch Familienrecht, Werkstand: 40. EL Februar 2020
Weinreich/Klein , Familienrecht Kommentar, 7. Aufl. 2021
6) Häufige Paragraphenketten
BGB
BGB
BGB
BGB §§ 199, 204, 1379, 207
FamFG §§ 61, 113, 117 | BGB §§ 259, 260, 1379 | ZPO §§ 3, 574
BGB §§ 1375, 1376, 1379 | ZPO
BGB §§ 260, 1379 | FamFG
7) Prozessuales
a) Beweislast
28Für die Darlegungs- und Beweislast gilt:
Generell trägt jeder Ehegatte die Beweislast für die positiven oder negativen tatsächlichen Voraussetzungen der für ihn günstigen Norm. Für das Vorliegen von positivem Anfangsvermögen trägt der Ehegatte die Darlegungs- und Beweislast, der gegen sich keine »Nullvermutung« gelten lassen möchte. Für das privilegierte Vermögen, das dem Anfangsvermögen hinzugerechnet wird, gilt dies ebenso. Wer sich folglich hierauf beruft, muss im Bestreitensfalle den Nachweis führen, dass er Vermögen nach Eintritt des Güterstands von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erworben hat,
Hieraus folgt, dass für den Ehegatten, der Zugewinnausgleich fordert oder eine gegen ihn gerichtete Zugewinnausgleichsforderung abwehren möchte, für sein positives und/oder privilegiertes Anfangsvermögen beweisbelastet ist. Denn das Anfangsvermögen mindert den nach
Der Ehegatte, der eine Illoyalität des Anderen behauptet, muss nicht im Einzelnen erläutern, dass sich sein Ehegatte ihm gegenüber illoyal verhalten hat. Es reicht der Vortrag, dass nach der von seinem Ehegatten erteilten Auskunft dessen Trennungsvermögen höher als sein Endvermögen war. Bereits dieser Umstand indiziert ein illoyales Verhalten, das der auskunftspflichtige Ehegatte widerlegen kann. Er hat dann darzulegen und zu beweisen, dass der bei ihm zwischen der Trennung und dem Stichtag eingetretene Vermögensschwund nicht auf illoyale Vermögensdispositionen begründet ist.
Die Beweislast beim Endvermögen trägt der Ehegatte, der sich auf das Vorhandensein eines solchen bzw. eines höheren als des angegebenen Endvermögens beim anderen Ehegatten wie auch auf sein eigenes niedrigeres Endvermögen beruft. Aus der Grundregel, nach der jeder Ehegatte die Beweislast für die positiven oder negativen tatsächlichen Voraussetzungen der für ihn günstigen Norm trägt, folgt, dass für den Ehegatten, der Zugewinnausgleich fordert, das Vorhandensein von Endvermögen bzw. ein möglichst hohes Endvermögen beim anderen ausgleichspflichtigen Ehegatten einen für ihn günstigen Umstand darstellt. Dies begründet oder erhöht letztlich seinen Anspruch auf Zugewinnausgleich. Hieraus folgt für ihn als ausgleichsverlangenden Ehegatten, dass kein oder ein möglichst niedriges eigenes Endvermögen auch einen günstigen Umstand darstellt.
Da der Ehegatte, der Zugewinnausgleich verlangt, für das Vorhandensein und für die Höhe von Endvermögen beim anderen Ehegatten beweispflichtig ist, trägt er auch die Beweislast dafür, dass die das Endvermögen vermindernden Verbindlichkeiten, wenn sie schlüssig behauptet werden, nicht oder nicht in der behaupteten Höhe bestehen.
Für die Auskunft über das Trennungsvermögen ist der Tag der Trennung als Stichtag von entscheidender Bedeutung. Nach allgemeinen Beweislastregeln hat derjenige Ehegatte, der den Auskunftsanspruch im Hinblick auf das Trennungsvermögen geltend macht, den Zeitpunkt der Trennung darzulegen und zu beweisen. Die genaue Angabe des Trennungszeitpunkts kann sich aber als schwierig erweisen, insbesondere, wenn die Ehegatten zeitweise noch in einer Wohnung getrennt gelebt haben. Der auf Auskunft in Anspruch genommene könnte dann einwenden, die Eheleute hätten zu dem im Auskunftsantrag behaupteten Zeitpunkt noch nicht getrennt gelebt oder die Trennung wäre schon früher erfolgt. Daher ist zu raten, die Trennung zu dokumentieren, insbesondere, wenn beide Ehegatten nach der Trennung noch weiter innerhalb der Ehewohnung leben. Dies kann beispielhaft durch eine schriftliche Bestätigung der Ehegatten oder ein entsprechendes Anwaltsschreiben erfolgen. Allerdings kommt es auf die tatsächliche Handhabung an, wonach die Ehegatten einander nicht ständig die Haushaltsleistungen erbringen und die Mahlzeiten gemeinsam einnehmen.
Für die Beweislast im Hinblick auf das Vorhandensein von Anfangsvermögen gilt, dass derjenige, der sich auf ein eigenes Anfangsvermögen beruft, ggf. die Richtigkeit seiner Auskunft und das Vorhandensein des behaupteten Anfangsvermögens zu beweisen hat. Behauptet ein Ehegatte, das Anfangsvermögen des anderen sei negativ gewesen, so erhöht dies dessen Zugewinn und damit die eigene Ausgleichsforderung, weshalb diese Partei das Vorhandensein eines negativen Anfangsvermögens beweisen muss.
b) Leistungsantrag
29Der Auskunftsanspruch aus
Diejenigen Vermögenswerte, die man zur Errechnung des Endvermögens benötigt, sollten im Antrag konkret benannt werden. Rechnet also zum Endvermögen ein Unternehmen oder eine Unternehmensbeteiligung, so ist schon im Antrag das aufzunehmen, welche Unterlagen im Einzelnen vorzulegen sind.
Wird eine Wertermittlung beansprucht, so ist dies im Antrag zum Ausdruck zu bringen.
Der Antrag kann als isolierte Familiensache oder im Verbundverfahren mit der Ehescheidung als Stufenantrag erhoben werden.
c) Isolierter Auskunftsantrag
30Der isolierte Auskunftsantrag fällt nicht in den Scheidungsverbund, weil er lediglich die Regelung der Scheidungsfolgen vorbereitet, folglich nicht für den Fall der Scheidung erhoben wird. Dies liegt darin begründet, dass der Scheidungsverbund eine sachgerechte Regelung der wichtigsten mit der Ehescheidung zusammenhängenden Fragen ermöglichen und dadurch den Ehegatten schützen soll, der an der Ehe festhalten will oder der der sozial schwächere Partner ist. Dies ist aber über die Einbeziehung des nur isolierten Auskunftsanspruches nicht möglich. Wird dennoch im Verbund isoliert Auskunft verlangt, ist der Antrag nicht zurückzuweisen, sondern nach
Ist der Zugewinnausgleich bereits Folgesache, kann der Auskunftswideranspruch im Verbund geltend gemacht werden.
d) Stufenantrag
31Die Verbindung der Ansprüche im Wege des Stufenantrages ist wegen der damit verbundenen Hemmung der Verjährung der zu bevorzugende Weg. Der Stufenantrag nach §
In der ersten Stufe werden hiernach die Ansprüche nach
e) Verjährungseinrede
32Die wechselseitigen Ansprüche der Ehegatten auf Zugewinnausgleich sind sowohl nach allgemeinen Regeln als auch nach dem Verständnis der konkreten Ansprüche aus dem Güterrecht rechtlich jeweils selbstständig zu beurteilen. Dies gilt grundsätzlich auch für die Frage der Verjährung. Eine Verjährungshemmung des Leistungsanspruchs des einen Ehegatten kommt aufgrund der früheren gerichtlichen Geltendmachung des gegenläufigen Leistungsanspruches des anderen Ehegatten folglich nicht in Betracht. Verhandlungen gemäß
f) Rechtskraft
33Mit dem Problem der Rechtskraft des Auskunftsbeschlusses stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls wann der auskunftsberechtigte Ehegatte einen erneuten Auskunftsantrag stellen kann, statt im Wege der Vollstreckung aus einem bereits vorhandenen Titel die benötigten Auskünfte zu erhalten.
Nach der Rechtsprechung ist der Gläubiger, der bereits einen rechtskräftigen Titel erlangt hat, frei, einen erneuten Beschluss aus demselben Streitgegenstand zu verlangen, wenn er daran wegen besonderer Umstände ein besonderes Interesse hat. Das ist z.B. der Fall, wenn der vollstreckbare Titel nicht wieder herstellbar untergegangen ist oder wenn Streit über die Tragweite einer zu Zweifeln Anlass gebenden Beschlussformel besteht.
g) Beschwer
34Die maßgebliche Beschwer richtet sich im Fall der Beschwerde des Auskunftspflichtigen nach dessen Interesse, die begehrte Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dieses Interesse hat das Gericht nach freiem Ermessen zu bewerten, wobei es maßgeblich auf den Aufwand an Zeit und Arbeit ankommt, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft verursacht.
Der Stundensatz orientiert sich grundsätzlich an dem, was der Auskunftspflichtige als Zeuge im Prozess erhalten würde, wenn er mit der Auskunftserteilung weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet. Kosten für die Hinzuziehung sachkundiger Dritter können lediglich dann berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen. Der Auskunftspflichtige selbst darf dann nicht in der Lage sein, die geschuldete Auskunft sachgerecht zu erteilen.
Der Wert des Hauptanspruchs ist irrelevant, da der aus der Auskunftserteilung gehende Titel keine Rechtskraft für den Hauptanspruch schafft.
h) Vollstreckung
35Der Auskunftsanspruch wird, da die Auskunftserteilung eine unvertretbare Handlung darstellt, nach §
Die Vollstreckung des Anspruchs auf Wertermittlung und auf Wertfeststellung durch einen Sachverständigen erfolgt nach §
Im Falle der Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist diese gem.
8) Anmerkungen
Die in