§ 1375 Endvermögen
(1) Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört. Verbindlichkeiten sind über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen.
(2) Dem Endvermögen eines Ehegatten wird der Betrag hinzugerechnet, um den dieses Vermögen dadurch vermindert ist, dass ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands
- 1. unentgeltliche Zuwendungen gemacht hat, durch die er nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen hat,
- 2. Vermögen verschwendet hat oder
- 3. Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen.
Ist das Endvermögen eines Ehegatten geringer als das Vermögen, das er in der Auskunft zum Trennungszeitpunkt angegeben hat, so hat dieser Ehegatte darzulegen und zu beweisen, dass die Vermögensminderung nicht auf Handlungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 zurückzuführen ist.
(3) Der Betrag der Vermögensminderung wird dem Endvermögen nicht hinzugerechnet, wenn sie mindestens zehn Jahre vor Beendigung des Güterstands eingetreten ist oder wenn der andere Ehegatte mit der unentgeltlichen Zuwendung oder der Verschwendung einverstanden gewesen ist.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
Zugewinnausgleichsanspruch
1Gilt für die Ehe der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wird im Rahmen der Ehescheidung in der Regel, d.h. sollten keine anderweitigen vertraglichen Vereinbarungen zum Zuge kommen, der Zugewinnausgleich durchgeführt. Häufig gehen Ehegatten davon aus, dass das Vermögen der Eheleute im gesetzlichen Güterstand gemeinsames Vermögen sei. Dies ist nicht zutreffend. Tatsächlich ist und bleibt jeder Ehegatte während der Ehe und auch nach der Ehescheidung Inhaber seines Vermögens. Wird der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch Ehescheidung beendet, hat der Ehegatte, welcher den geringeren Zugewinn erwirtschaftet hat, einen Ausgleichsanspruch in Form einer Geldforderung gegen den anderen Ehegatten.
Zugewinn
2Zugewinn ist dasjenige Vermögen, welches ein Ehegatte während der Ehe hinzuerworben hat. Die Berechnung des Zugewinns eines jeden Ehegatten erfolgt durch Vergleich der jeweiligen Anfangs- und Endvermögen. Das Anfangsvermögen ist eine reine Rechengröße. Es ist für die Berücksichtigung deshalb unerheblich, ob sich ein Vermögenswert, der im Anfangsvermögen vorhanden ist, noch im Endvermögen enthalten ist und welches Schicksal der Vermögenswert während der Ehe nimmt.
Endvermögen
3Das Endvermögen ist zunächst alles, was an Vermögenswerten zum Ende der Ehezeit vorhanden ist.
Stichtag für die Berechnung des Endvermögens
4Der Stichtag für die Ermittlung des Endvermögens ist der Tag der Rechtshängigkeit des Ehescheidungsverfahrens. Dies ist der Tag, an dem einem Ehegatten der Scheidungsantrag des anderen zugestellt wird. Haben die Ehegatten einvernehmlich eine anderweitige Regelung getroffen, kann auch ein anderer Tag maßgeblich sein, z.B. im Falle eines während der Ehe geschlossenen Gütertrennungsvertrages der Tag des Vertragsabschlusses, sofern nicht – notariell beurkundet – auf den bisher entstandenen Zugewinn verzichtet wird.
Hinzurechnung illoyaler Vermögensverfügungen
5In Einzelfällen sind auch zum Ehezeitende nicht mehr vorhandene Vermögensgegenstände dem Endvermögen hinzuzurechnen. Die Hinzurechnung ist vorzunehmen, wenn Vermögenswerte zuvor verschleudert, verschwendet oder nachweislich verschoben wurden (sog. illoyale Vermögensverfügungen). Der verfügende Ehegatte muss hierbei in Benachteiligungsabsicht gehandelt haben. Den Ehegatten stehen bereits in der Trennungszeit vor Beendigung des Güterstandes wechselseitig gemäß
Negatives Endvermögen, Kappungsgrenze
6Auch Schulden sind im Endvermögen anzugeben. Das Endvermögen kann im Falle eines verschuldeten Ehegatten deshalb auch negativ sein. Nach
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
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8Ebenso wie beim Anfangsvermögen sind die Verbindlichkeiten über die Höhe des positiven Vermögens hinaus abzuziehen. Die bloße Rückführung von Schulden kann damit einen Zugewinn darstellen. Allerdings sorgt die Kappungsgrenze des
9Es ist den Ehegatten möglich, das Endvermögen durch einen formbedürftigen Ehevertrag (§§ 1408, 1410 BGB) von den gesetzlichen Regelungen abweichend zu bestimmen.
2) Definitionen
a) Endvermögen
10Das Endvermögen ist das Vermögen, über welches ein Ehegatte im Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft verfügt.
b) Stichtag für die Bewertung
11Es ist der Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes maßgeblich (
3) Abgrenzungen, Kasuistik
23Nachfolgend exemplarisch einige Abgrenzungsprobleme:
Aktiva
Haushaltsgegenstände
24Haushaltsgegenstände unterliegen dem Zugewinnausgleich, seit die HausratsVO zum 01.09.2009 aufgehoben wurde, und sind so dem Endvermögen der Ehegatten zuzurechnen. Dinge, die im Alleineigentum eines Ehegatten stehen, sind immer im Endvermögen des jeweiligen Ehegatten zu berücksichtigen. Die Aufteilung von Gegenständen, die im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten stehen, erfolgt über
Arbeitsrechtliche Abfindungen
25Im Falle von arbeitsrechtlichen Abfindungen ist zu prüfen, ob diese als Ausgleich für einen zukünftigen Lohnausfall mit Lohnersatzfunktion gezahlt werden oder aber als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes als sozialen Besitzstand, und damit vergangenheitsbezogen. Ist Letzteres der Fall, ist die Abfindung dem Endvermögen hinzuzurechnen.Urteil des BGH vom 15.11.2000, Az. XII ZR 197/98, FamRZ 2001, 278; Urteil des BGH vom 18.04.2012, Az. XII ZR 65/10, FamRZ 2012, 1040, 1048; zuletzt Beschluss des OLG Karlsruhe vom 24.10.2013, Az. 2 UF 213/12, FamRZ 2014, 942, 943 f. Wird die Abfindung für den Unterhalt benötigt, ist sie nicht im Endvermögen zu berücksichtigen.Urteil des BGH vom 21.04.2004, Az. XII ZR 185/01, BGH FamRZ 2004, 1352; Urteil des BGH vom 11.12.2002, Az. XII ZR 27/00, BGH FamRZ 2003, 432, 433. Die zweifache Teilhabe eines Ehegatten an der gleichen Rechtsposition darf nicht erfolgen (sog. Verbot der Doppelberücksichtigung).Urteil des BGH vom 21.04.2004, Az. XII ZR 185/01, BGH FamRZ 2004, 1352, 1353; Urteil des BGH vom 11.12.2002, Az. XII ZR 27/00, BGH FamRZ 2003, 432, 433. Vor dem Hintergrund, dass der Arbeitsplatz als solcher kein güterrechtliches Vermögen, sondern eine Einkommensquelle ist, die es dem Ehegatten ermöglicht, finanzielle Mittel für den Lebensunterhalt zu verdienen, ist das bestehende Arbeitsverhältnis in erster Linie als existenzsichernde Einkommensquelle, und die im Falle des Verlustes erhaltene Abfindung als Kompensation des Einkommensverlustes einzuordnen. Während der Zugewinnausgleich nach dem starren Stichtagsprinzip berechnet wird, können Prognoseentscheidungen zum Unterhalt Änderungen unterworfen sein, z.B. infolge des Wegfalls des Unterhaltsanspruchs durch Wiederheirat der Ehefrau oder eine überraschend gefundene neue gute Anstellung. Die zum Unterhalt getroffenen Entscheidungen oder Vereinbarungen sind Abänderungen zugänglich, nicht aber die zum Zugewinnausgleich. Dies kann sich nachteilig für den Zugewinnausgleichberechtigten auswirken. Bei einem Vergleich zum Zugewinn sollten die Beteiligten daher prüfen, ob entsprechende Abänderungsmöglichkeiten vorzubehalten sind.Burschel zum Beschluss des OLG Karlsruhe vom 24.10.2013, Az. 2 UF 213/12 in FamRB 2014, 82, 83.
Kapitallebensversicherungen
26Auch Anwartschaftsrechte sind zu berücksichtigen. Ein häufiger Anwendungsfall sind Kapitallebensversicherungen. Privat abgeschlossene Kapitallebensversicherungen sind grundsätzlich im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen. Dies gilt jedoch seit dem 01.09.2009 nicht für Versicherungsanrechte, die nach dem Betriebsrentengesetz und Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz erworben wurden. Diese sind gemäß
Spiegelbildlich unterliegen private Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht dem Zugewinnausgleich, wenn das Wahlrecht vor der gerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich ausgeübt worden ist. Da das Anwartschaftsrecht im Entscheidungszeitpunkt nicht mehr auf eine Rentenzahlung gerichtet ist, kann es nicht mehr dem Versorgungsausgleich unterliegen. Das Anrecht ist nun im Zugewinn mit seinem zum Stichtag maßgeblichen Wert der Kapitalleistung auszugleichen. Ist ein Ausgleich über den Zugewinn nicht mehr möglich, weil beispielsweise über diesen bereits rechtskräftig entschieden wurde, die Beteiligten Gütertrennung vereinbart haben oder der Ausgleichsanspruch bereits verjährt ist, kann die späte Ausübung des Kapitalwahlrechts dazu führen, dass die Anwartschaft weder im Versorgungsausgleich noch im Zugewinnausgleich ausgeglichen werden kann. Rechtsmissbräuchliche Vorgehensweisen des Ehegatten, welcher das späte Wahlrecht ausübt, steht die analoge Anwendung des
27Weitere Aktiva, die dem Endvermögen zuzuordnen sind:Carlberg in: Scholz/Kleffmann/Motzer, Paxishandbuch Familienrecht, 26. Ergänzung (2014) , Teil B Rn. 17 m.w.N.
- 28Geldforderungen unabhängig von Herkunft und Verwendungszweck,
- Wertpapiere, Aktien, Genussscheine, Investmentanteile gemäß ihrem Kurswert,
- laufende Einkünfte soweit sie rückständig fällig sind,
- Kapitallebensversicherungen und Direktversicherungen,
- Darlehensrückzahlungsansprüche,
- Personenkraftfahrzeige und Wohnwagen,
- Eigentum und Miteigentum an Immobilien,
- Nutzungsrechte wie Nießbrauch, Wohnrechte oder Reallasten,
- Warenzeichen, Geschmacks- und Gebrauchsmuster, Urheber und Lizenzrechte,
- Sammlungen, Kunstgegenstände, Antiquitäten,
- Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen,
- Schmerzensgeld,
- Kautionsrückforderungen.
Passiva
Dauerschuldverhältnisse
29Ein typischer Abgrenzungsfall beim Endvermögen sind im Rahmen der Passiva Dauerschuldverhältnisse. Als solche nicht zu berücksichtigen sind nämlich Rechtsverhältnisse, aus denen wiederkehrende Einzelansprüche resultieren. Die Kapitalisierung des Dauerrechtsverhältnisses würde die Vorwegnahme von künftigem Einkommen darstellen und so den Zugewinnausgleich in die Zeit nach dem Stichtag verlängern. Künftige Unterhaltsansprüche und Rentenansprüche sind damit nicht zu berücksichtigen.MüKo-Koch, BGB, 6. Auflage (2013),
Gesamtschulden der Ehegatten
30Gemeinsame Schulden der Ehegatten sind in voller Höhe, nicht nur mit einer Quote von 50%, als Passivposten in beide Endvermögen einzustellen. Ein im Innenverhältnis bestehender Ausgleichsanspruch gegen den anderen Ehegatten ist bei jedem Ehegatten als Aktivposten zu berücksichtigen. Nach
Weitere Verbindlichkeiten, die nicht im Endvermögen zu berücksichtigen sind:
- 31laufende Unterhaltsverpflichtungen,
- Steuervorauszahlungen, die noch nicht nach
§ 37 Satz 2 EStG entstanden sind, - negative Kapitalkonten von AbschreibungsgesellschaftenUrteil des BGH vom 08.10.1985, Az. VI ZR 138/84, BGH FamRZ 1986, 37 .
4) Zusammenfassung der Rechtsprechung
- Urteil des BGH vom 28.02.2007, Az. XII ZR 156/04 (Definition Aktiva)http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=69cdea3b5e4d35d9773746f8b77fb8e1&nr=39545&pos=27&anz=32
- Urteil des BGH vom 31.10.2001, Az. XII ZR 292/99 (Definition Aktiva)http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=49686fd03bdc64c1a55317ac4eb2d9a9&nr=23104&pos=15&anz=17
5) Literaturstimmen
- Palandt, BGB Kommentar, 73. Auflage, 2014;
- Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Bd. 7, Familienrecht I, §
§ 1297 – 1588 BGB, 6. Auflage 2013; - Weinreich/Klein, Fachanwaltskommentar Familienrecht, 5. Auflage 2013;
- Klein, Handbuch des Familienvermögensrecht, 2011;
- Büte, Zugewinnausgleich, 4. Auflage , 2012;
- Kogel, Strategien zum Zugewinnausgleich, 4. Auflage, 2013;
- Carlberg in: Scholz/Kleffmann/Motzer, Praxishandbuch für Familienrecht, 26. Ergänzungslieferung, 2014;
6) Häufige Paragraphenketten
§§ 138, 242, 426, 516, 1374, 1375, 1376, 1378, 1379, 1381 BGB
§§ 254, 263 ZPO
§§ 2, 3 VersAusglG
7) Prozessuales
32Die Beweislast für das Endvermögen beider Ehegatten trägt der Antragsteller. Der Antragsteller muss auch die Negativtatsachen darlegen und beweisen. Allerdings trifft den Antragsgegner diesbezüglich eine gesteigerte Substantiierungslast. Im Rahmen des
8) Anmerkungen
33Die Norm des