§ 628 Teilvergütung und Schadensersatz bei fristloser Kündigung
(1) Wird nach dem Beginn der Dienstleistung das Dienstverhältnis auf Grund des § 626 oder des § 627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles dazu veranlasst zu sein, oder veranlasst er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teiles, so steht ihm ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben. Ist die Vergütung für eine spätere Zeit im Voraus entrichtet, so hat der Verpflichtete sie nach Maßgabe des § 346 oder, wenn die Kündigung wegen eines Umstands erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten.
(2) Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles veranlasst, so ist dieser zum Ersatz des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
1
Nach
Nach
In
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
a) Anwendungsbereich
2
2) Definitionen
a) Teilvergütung
Für weiterführende Hinweise siehe auch:
aa) Teilvergütungsanspruch nach § 628 Abs. 1 S. 1 BGB
5Der Dienstverpflichtete hat grundsätzlich, sofern nicht eine Kürzung nach S. 2 vorzunehmen ist, einen Vergütungsanspruch in Höhe des Anteils an der Gesamtvergütung, der dem Anteil der tatsächlich erbrachten Leistung gegenüber der ursprünglich vereinbarten Gesamtleistung entspricht. Die Berechnung erfolgt in der Regel zeitanteilig (pro rata temporis), wenn ein Zeithonorar geschuldet ist bzw. bei einem vereinbarten Stundenlohn anhand der geleisteten Stunden. Schwieriger gestaltet sich die anteilige Berechnung, wenn beispielsweise ein Pauschal- oder Erfolgshonorar vereinbart wurde. Bei einem Erfolgshonorar muss ermittelt werden, welchen Anteil am letztlichen Erfolg der Teilleistung zukommt. Bei einem für die gesamte Tätigkeit geschuldetem Pauschalhonorar ist im Einzelnen zu ermitteln, welche Leistungen insgesamt geschuldet und welche Leistungen bis zur Kündigung erbracht wurden. Die geschuldeten Leistungen können beispielsweise ermittelt werden, wenn aus der Honorarvereinbarung erkennbar wird, auf welchem (geschätztem) Zeitaufwand diese nach den Willen der Parteien basieren soll.
Über
Bei einem Anwaltsvertrag entsteht der Vergütungsanspruch nach
bb) Herabsetzung der Teilvergütung nach § 628 Abs. 1 S. 2 BGB
6Nach
(1) Veranlassung zur Kündigung durch vertragswidriges Verhalten
Sofern der Dienstherr kündigt und zur Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des Dienstverpflichteten veranlasst wurde, muss der Dienstverpflichtete bei fehlendem Interesse des Dienstherrn an der erbrachten Teilleistung eine Kürzung seines Teilvergütungsanspruchs hinnehmen. Kündigt umgekehrt der Dienstverpflichtete, kann der Dienstherr eine Kürzung der Teilvergütung verlangen, wenn er nicht selbst aufgrund eigenen vertragswidrigen Verhaltens Anlass zur Kündigung gab. Liegt kein vertragswidriges Verhalten des Dienstverpflichteten vor, so erfolgt keine Kürzung des Teilvergütungsanspruchs.
Ein vertragswidriges Verhalten muss stets schuldhaft im Sinne der §§ 276, 278 BGB sein. Damit besteht nicht zwingend ein Gleichlauf mit einem wichtigen Grund im Sinne des
Im Rahmen des
Der BGHBGH, Urteil vom 13.9.2018 - III ZR 294/16 sieht dies anders. Danach bedarf es nicht den Voraussetzungen eines wichtigen Grundes im Sinne des
Handeln beide Vertragsparteien schuldhaft, so ist die Kürzung analog
(2) Fehlendes Interesse an den bisherigen Leistungen
7Nach der Rechtsprechung des BGHBGH, Urteil vom 13.9.2018 - III ZR 294/16 ist eine Leistung "für den Dienstberechtigten infolge der Kündigung ohne Interesse, wenn er sie nicht mehr wirtschaftlich verwerten kann, sie also für ihn nutzlos geworden ist". Maßgeblich ist, ob die erbrachte Leistung für den Dienstherrn selbständig verwertbar ist. Nicht ausreichend ist die objektive Nutzlosigkeit der Leistung, wenn der Dienstberechtigte sie gleichwohl nutzt, und auch nicht, dass der Dienstberechtigte sie trotz wirtschaftlicher Verwertbarkeit nicht nutzt.
Ein Interessenfortfall kann bei einem Anwaltsvertrag beispielsweise dann vorliegen, wenn der Mandant einen neuen Rechtsanwalt beauftragen muss, für den die gleichen Gebühren nochmals entstehen.OLG Frankfurt, Urteil vom 25.6.2015 - 15 U 90/14 Bei einem Arztvertrag ist die Leistung ohne Interesse, wenn sie derart schlecht erbracht ist, dass es nicht möglich oder zumutbar ist, den durch die Schlechterfüllung herbeigeführten Zustand zu beheben.BGH, Urteil vom 13.9.2018 - III ZR 294/16
cc) Rückgewähr erbrachter Vorleistungen / Vorschüsse nach § 628 Abs. 1 S. 3 BGB
8Nach
dd) Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB
9(1) Umfang des Schadensersatzanspruches
Derjenige Vertragspartner, der schuldhaft durch sein pflichtwidriges Verhalten zur Auflösung des Dienstverhältnisses Anlass gegeben hat, haftet für den Schaden, der (allein) aus der (vorzeitigen) Beendigung des Dienstverhältnisses resultiert. Der Schadensersatzanspruch nach
10Im Rahmen der jederzeit ohne Grund außerordentlich kündbaren Dienstverhältnisse aufgrund besonderer Vertrauensstellung im Sinne des
Der Schadensersatz kann insbesondere folgende Positionen bei Verlassung der außerordentlichen Kündigung durch den Dienstverpflichteten (Arbeitnehmer) bzw. Dienstberechtigten (Arbeitgeber) umfassen:
Veranlassung durch Dienstverpflichteten - Beispiele:
- Mehrkosten für anfallende Überstunden
- Lohndifferenz für höher vergütete Ersatzkraft
- entgangener Gewinn des Unternehmens
nicht:
- Vorstellungskosten für Bewerber
- Kosten für Stellenanzeige
Veranlassung durch Dienstberechtigten - Beispiele:
- Vergütung, einschließlich Feiertagsentlohnung
- Kosten aufgrund der vorgezogenen Suche eines neuen Arbeitsplatzes
- Kosten aufgrund der vorzeitigen Rückzahlung von einem Dritten gewährten Darlehens
- kumulativ: wirtschaftliche Nachteile aufgrund Arbeitsplatzverlust (analog §§ 9, 10 KSchG) im Anwendungsbereich KSchG bei fehlender Kündigungsmöglichkeit des Arbeitgebers
nicht:
- Schmerzensgeld (ggf. über
§ 253 Abs. 2 BGB)
11(2) Anspruchskürzung
Eine Kürzung des Schadensersatzanspruches erfolgt nach
(3) Ausschlussfrist bei der Kündigung nach
Wenn ein Schadensersatzanspruch aus
3) Abgrenzungen, Kasuistik
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4) Zusammenfassung der Rechtsprechung
- BGH, 7.3.2019 - IX ZR 221/18
- BGH, 13.9.2018 - III ZR 294/16
- BGH, 22.5.2014 – IX ZR 147/12
- LG Dortmund, 3.1.2014 – 10 O 12/13
- BGH, 6.3.2012 – II ZR 76/11
- BAG, 18.1.2012 – 10 AZR 667/10
- BGH, 29.3.2011 – VI ZR 133/10
- BGH, 25.10.2011 – XI ZR 67/11
- BGH, 29.9.2011 − IX ZR 170/10
- BGH, 12.5.2011 − III ZR 107/10
- BGH, 8.10.2009 – III ZR 93/09
- BGH,16.7.2020 – IX ZR 298/19
5) Häufige Paragraphenketten
6) Prozessuales
a) Darlegungs- und Beweislast
13Der Dienstpflichtige, der einen Teilvergütungsanspruch nach
Auch für den Schadensersatzanspruch nach
b) Rechtsweg
14Liegt ein Arbeitsverhältnis vor, so ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ergibt sich für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus