§ 2328 Selbst pflichtteilsberechtigter Erbe
Ist der Erbe selbst pflichtteilsberechtigt, so kann er die Ergänzung des Pflichtteils soweit verweigern, dass ihm sein eigener Pflichtteil mit Einschluss dessen verbleibt, was ihm zur Ergänzung des Pflichtteils gebühren würde.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
1Die Idee des deutschen Pflichtteilsrechts ist einfach: Jeder pflichtteilsberechtigte Erbe soll aus dem Nachlass mindestens die Hälfte des Wertes erhalten, den er auch als gesetzlicher Erbe bekommen würde (Achtung: Bei weitem nicht alle gesetzlichen Erben sind auch pflichtteilsberechtigt, siehe
Kompliziert wird die Durchsetzung dieses Prinzips, wenn der Erbe selbst pflichtteilsberechtigt ist, dem Erben aber selbst weniger zu verbleiben droht, als sein Pflichtteils- und Ergänzungsanspruch wäre (z.B. wegen zu erfüllender Vermächtnisse, Pflichtteilsansprüche, Pflichtteilsergänzungsansprüche). Das Gesetz sieht hierzu in den §§ 2305-2307, 2318-2323 BGB, 2326, 2328 und 2329 BGB ein für den Laien schwer zu durchschauendes Regelungsgeflecht vor, das nur ein Ziel hat: Gleichgültig, wer von den beteiligten Pflichtteilsberechtigten Erbe, Miterbe oder Vermächtnisnehmer geworden ist oder enterbt wurde und gleichgültig, wie das Testament aufgebaut ist und wer ein Geschenk bekommen hat: Immer soll jedem Pflichtteilsberechtigten mindestens ein Wert in Höhe seiner Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche verbleiben. Problematisch ist dabei, dass dem pflichtteilsberechtigten Erben der Anspruch manchmal automatisch verbleibt, manchmal muss er hierzu eine Zuwendung ausschlagen; manchmal darf er gerade nicht ausschlagen und manchmal muss er ein Leistungsverweigerungsrecht geltend machen. Wählt er den falschen Ansatz, kann es ihm im schlimmsten Fall passieren, dass er die Zuwendung vom Erblasser verliert und gleichwohl keinen Pflichtteil verlangen kann.
Beispiel: Die Erblasserin hat 15.000 € hinterlassen und hatte drei Töchter: Anne (A), Berta (B) und Christine (C). Anne hat sie als Alleinerbin eingesetzt, Berta hat sie wenige Montage vor ihrem Tod 45.000 € geschenkt (mit der Bestimmung, dass sie sich den Betrag auf ihren Pflichtteil anrechnen lassen muss) und Christine hat nichts erhalten. Christine verlangt nun von der Alleinerbin ihren Pflichtteil 1/2 * 1/3 = 1/6 x 15.000 € = 2.500 €), den Anne auch tatsächlich bezahlen muss. Außerdem verlangt sie von der Erbin Anne (!) Pflichtteilsergänzung gemäß
Zusammengefasst ergibt sich folgende Verteilung des ehemaligen Vermögens der Erblasserin (45.000 € Geschenk + 15.000 € Nachlass):
C erhält als Pflichtteilsberechtigte: 2.500 € Pflichtteil von A + 2.500 € Pflichtteilsergänzung von A + 5.000 € Pflichtteilsergänzung von B = 10.000 €
B verbleibt als Beschenkte: 45.000 € Geschenk - 5.000 € Pflichtteilsergänzung an C (nach
A verbleibt als Alleinerbin: 15.000 € Erbschaft - 2.500 Pflichtteil an C - 2.500 € Pflichtteilsergänzung an C = 10.000 €
Auch wenn die Regelungen kompliziert sind, das Ergebnis folgt der Grundkonzeption, dass jeder Abkömmling auch unter Berücksichtigung der Geschenke mindestens seinen Pflichtteil erhalten soll, nämlich (45.000 € + 15.000 €) * 1/6 = 10.000 €.
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Definitionen
2a) Bedeutung der Norm
Bedeutung hat die Norm aber auch, wenn der Erbe selbst Empfänger des Geschenks war, da ihm auch in diesem Fall als Erbe das Leistungsverweigerungsrecht nach
3b) Abgrenzung
Wie stets ist streng zwischen dem Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch zu unterscheiden. § 2328 BGB kann nur gegenüber dem Pflichtteilsergänzungsanspruch eingewandt werden, nicht jedoch gegenüber dem regulären Pflichtteilsanspruch (hier schützt
Andererseits sichert
Neben
2) Abgrenzungen, Kasuistik
4a)
5b) Beispielsfall
Drei Töchter A, B, C. Nachlass 15.000 €, Alleinerbin A, Schenkung an B 45.000 €
- Fiktiver Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch A (= Eingreifen des Leistungsverweigerungsrechts nach § 2328): 10.000 €
- Regulärer Pflichtteilsanspruch A und B: je 2.500 € (nie Leistungsverweigerungsrecht nach
§ 2328 BGB ; verbleibender Erbteil A: 15.000 € - (2 x 2.500 €) = 10.000 € - Pflichtteilsergänzungsanspruch (nur C): 7.500 €. A kann Leistung nach
§ 2328 BGB verweigern. C muss B in Anspruch nehmen.
3) Häufige Paragraphenketten
4) Prozessuales
6
7Der Erbe ist für das Bestehen seines Leistungsverweigerungsrecht, d.h. seine eigenen Pflichtteilsansprüche darlegungs- und beweisbelastet, wird sich aber in der Regel auf die Darlegungen des Anspruchsstellers stützen können.
8Der als Reflex auf