§ 772 Vollstreckungs- und Verwertungspflicht des Gläubigers
(1) Besteht die Bürgschaft für eine Geldforderung, so muss die Zwangsvollstreckung in die beweglichen Sachen des Hauptschuldners an seinem Wohnsitz und, wenn der Hauptschuldner an einem anderen Orte eine gewerbliche Niederlassung hat, auch an diesem Orte, in Ermangelung eines Wohnsitzes und einer gewerblichen Niederlassung an seinem Aufenthaltsort versucht werden.
(2) Steht dem Gläubiger ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht an einer beweglichen Sache des Hauptschuldners zu, so muss er auch aus dieser Sache Befriedigung suchen. Steht dem Gläubiger ein solches Recht an der Sache auch für eine andere Forderung zu, so gilt dies nur, wenn beide Forderungen durch den Wert der Sache gedeckt werden.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Definitionen
1. Bedeutung der Vorschrift
1§ 772 BGB setzt voraus, dass dem Bürgen die Einrede der Vorausklage zusteht und regelt für zwei Fallkonstellationen, die im Prinzip wenig miteinander zu tun haben, Modalitäten des Vollstreckungsversuchs. Die Praxis hält die Norm für unbedeutend, weil in der Regel die Einrede der Vorausklage ausgeschlossen ist.
Die Bedeutung von
2. Regelungsgehalt des § 772 Abs. 1 BGB
2
3. Die Bedeutung von § 772 Abs. 2 BGB
3a) Die Norm gilt nur, wenn der Bürge sich für eine Geldforderung verbürgt hat.
b) Die Norm ist auch anwendbar, wenn der Bürge auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat.
c) Der Bürgenhaftung „vorrangige Sicherheiten“ i.S.d. § 773 Abs. 2 sind Pfand- und Zurückbehaltungsrechte. Pfandrechte im Sinne der Vorschrift sind sowohl vertragliche als auch gesetzliche Pfandrechte sowie das Pfändungspfandrecht nach der ZPO (jurisPK/Prütting, BGB,
Die Norm gilt nur für Rechte an beweglichen Sachen (also auch für Inhaber- und Orderpapiere i.S.d. §
d)
e) Aus
Hieraus folgt, dass ein Bürge aus seiner Haftung frei wird, soweit der Gläubiger eine Sachsicherheit aufgibt, die die durch die Bürgschaft gesicherte Forderung sichert.
Beispiel:
Ein Darlehensnehmer finanziert einen PKW bei einem Kreditinstitut. Als Sicherheit dienen der PKW (Sicherungsübereignung) und eine Bürgschaft. Nach zwei Jahren im störungsfreien Darlehensvertrag veräußert der Darlehensnehmer den PKW. Im Einvernehmen mit dem Darlehensgeber (ohne Kenntnis des Bürgen) erhält er den Kaufpreis (den er nicht zur Tilgung des Darlehens verwendet) und führt das Darlehen fort: Dieses wird sechs Monate später notleidend.
Der Bürge kann sich auf § 772 Abs. 2 BGB berufen.
Diese Konsequenz wird oft nicht gezogen mit dem unrichtigen Argument, ein Umkehrschluss aus § 773 Abs. 2 BGB stünde dem entgegen (BGH LM Nr. 1 zu